Der Kultur- und Museumsverein übergibt dem Stadtmuseum Horb neue Leihgaben: zwei Schraubflaschen aus der Werkstatt des letzten Horber Zinngießers Johann Nepomuk Sichler und eine Originalradierung von Paul Dörr Foto: Kultur- und Museumsverein Foto: Schwarzwälder Bote

Heimatgeschichte: Zuwachs für das beengte Stadtmuseum: Kultur- und Museumsverein übergibt Leihgaben

H orb. Dem Kultur- und Museumsverein ist es gelungen, zwei weitere Schraubflaschen mit beweglichem Ringhenkel zu erwerben, die einst in der Horber Zinngießerei Sichler hergestellt worden sind. Darüber hinaus erhält das Stadtmuseum als Leihgabe eine Originalradierung von Paul Dörr, der einst den Grundstein für die Zinnsammlung im Bürgerkulturhaus gelegt hat.

Noch ist die Geschichte der Horber Zinngießerfamilien Sichler und Besson so gut wie unerforscht. Den Grundstein für die Zinnsammlung des Stadtmuseums im Bürgerkulturhaus legte kein Geringerer als der Kunstmaler Paul Dörr, der sich auch intensiv mit der Horber Stadtgeschichte beschäftigt hat. Er schenkte dem Museum 1964 eine Zinnschale, die der Marke nach Mathias Sichler zugeordnet werden kann, der sich anhand der Horber Kirchenbücher in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts nachweisen lässt. Zwischenzeitlich konnte der Kultur- und Museumsverein weitere Zinngefäße mit Sichlerschen Meistermarken bei Auktionen ersteigern und als Leihgabe zur Verfügung stellen, sodass im Museum mehr Platz für die Horber Zinnwarensammlung von Nöten wäre, teilt der Verein mit.

Der Letzte in der Horber Zinngießerdynastie Sichler war Johann Nepomuk Sichler, der im März 1902 verstarb. Von ihm stammen die beiden neu erworbenen Schraubflaschen, deren Deckel die Marke "I. N. Sichler Horb" aufweist. Johann Nepomuk Sichler verwendete noch in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als weiteres Meisterzeichen den österreichischen Bindenschild. Ob er damit zu Zeiten des Königreichs Württemberg wohl immer noch der vorderösterreichischen Vergangenheit seiner Heimatstadt nachtrauerte?

Johann Nepomuk Sichler war der Sohn des Horber Zinngießers Sebastian Sichler und wurde im Juni 1838 in Horb geboren. Sein Geburtshaus lag am Mühlkanal ganz in der Nähe der ehemaligen oberen Stadtmühle, die noch bis 1994 als Kunstmühle Rettenmeier vor dem inneren Ihlinger Tor gelegen war. Das Haus der Familie Sichler war nach einer Feuersbrunst im Dezember 1829 neu erbaut worden.

Bei diesem Brand blamierten sich ein paar Horber Honoratioren bis auf die Knochen. Die hohen Herren hatten sich in einer eiskalten Dezembernacht im Gasthaus Engel in der Ihlinger Straße verlustiert und wunderten sich auf ihrem Heimweg durch die Neckarstraße noch darüber, dass am Sichlerschen Haus bei der Eiseskälte das Wasser unüberhörbar aus dem Dachtrauf tropfte. Erst als sie zu Hause die Sturmglocken hörten, wurde den Spätheimkehrern die Feuersgefahr bewusst. Allerdings zu spät, denn das Wohnhaus und eine benachbarte Scheuer fielen dem Brand zum Opfer und es gab dort nichts mehr zu retten.

Im Alter von 30 Jahren erwarb Johann Nepomuk Sichler das Horber Bürgerrecht und spezialisierte sich als Zinngießer auf Bettflaschen, für die der Glockengießer Johann Graeter in Horb die Messingformen lieferte. Bei den Zinnwaren von Johann Nepomuk Sichler findet sich häufig neben der eigenen Meistermarke noch die Marke von C. Buck aus Stuttgart, der wahrscheinlich Zinnarbeiten aus Horb bezogen, mit seinem Zeichen versehen und in der württembergischen Residenz verkauft hat.

Vom Gründer der Horber Zinnsammlung konnten die beiden Vereinsvorsitzenden Joachim Lipp und Heinrich Raible von privater Seite eine Originalradierung erwerben, die eine Nordansicht der Stadt zeigt. Diese Radierung von Paul Dörr fehlte bislang im Stadtmuseum. Aber auch diese Vedute kann Kustodin Agnes Maier leider nicht zeigen, weil es dem Stadtmuseum auch in Sachen Horber Stadtansichten schlicht und einfach an Ausstellungsfläche fehlt.