Wieviel Protespotenzial steckt in Horb? Foto: Lück

Maikundgebung von Wolfgang Saile. Nur zehn Gäste. "Du kriegst hier nichts bewegt."

Horb - Auf Schildern steht: "Wer steht da am Straßenrand? Es ist der Wolle im gelben Gewand". Oder "Wolle juche, Rosi ade". Ein Anhänger mit einer Axt im Baustumpf – gesägt. Auf dem Wagen ruft Wolfgang Saile: "Was soll ich eine Rede halten, wenn nur fünf Leute da sind. Leute, interessiert euch Eure Zukunft überhaupt noch?"

Es war ein Experiment. Wie viel Gelbwesten-Protest steckt in Horb? Die Antwort: wohl nicht viel. Denn: Bei der Maikundgebung von Wolfgang Saile auf dem Exerzierplatz schlägt der Initiator schon um 10.30 Uhr vor: "Lasst uns zu mir gehen und dort grillen!" Bis dato sind knapp zehn Leute auf dem Platz. Immerhin: Hermann Walz ist auch da. Und das trotz folgender Vorgeschichte. Saile: "Das war ein Tag gestern. Erst musste ich zur Polizei, dann ins Rathaus. Die haben wohl gezittert, was da kommt. Um 15.30 Uhr musste ich noch mal zur Stadt. Dort saß einer aus der Bürgermeisterriege. Hat mir gesagt, dass der Walz auf keinen Fall reden darf. Ich hab nur gesagt: Ich drück jedem ein Megafon in die Hand, der reden will. Das kann ich dem doch nicht aus der Hand reißen!"

Was war da los? Walz, Fraktionschef der ULH: "Ich habe auch einen Anruf der Stadt bekommen. Das war mir aber klar: Der Exerzierplatz ist ein öffentlicher Platz. Wenn man hier eine Wahlkampfveranstaltung macht, dann braucht man dafür natürlich eine Genehmigung."

Der "Rebell aus dem Steinachtal" verzichtet auf eine Rede

Er hat die gelbe Weste hinten in die Hose geklemmt – es ist heiß in der Sonne. Walz: "Wenn ich was gesagt hätte, dann als Rebell aus dem Steinachtal." Doch er verzichtet lieber. Und die ersten Gäste, so Saile, war die Polizei um 9.45 Uhr. Auch die sind an den prachtvoll geschmückten Bäumen vorbeigefahren. Hier hängen Schilder wie "Der OB will nur Fabriken, das kann er knicken", "Ist die Brücke fertig, ist Horb beerdigt" oder "Willst Du schön shoppen, fahr nach Nagold, da brauchst Du nicht stoppen."

Saile: "Ein Maischerz. Davon wusste ich nichts, passt aber." Und wer ist der Urheber? Der Initiator der Maikundgebung: "Wahrscheinlich die Pilse. Guck mal da hinten auf das Schild: Hast du in Horb noch nicht alles gesehen, musst du mal zu Pius gehen. Das ist klar die Pilse!"

Sprichts und macht eine Flasche Bier auf. Er sagt: "Du kriegst hier nichts bewegt. Die Leute haben Angst. Mich haben welche angesprochen, dass sie Angst vor fliegenden Steinen haben. Hallo? Ich habe klar gesagt, dass es bei der ersten Kundgebung nur darum geht, miteinander zu sprechen."

Er hatte schon mit mehr Teilnehmern gerechnet. Hatte fleißig über die sozialen Medien getrommelt. Obwohl er so gegen die Jugendlichen wettert, die sich nur noch per Smartphone unterhalten Saile regt sich auf: "Jetzt sehen wir, was Facebook und Whatsapp wirklich bringen. Nix. Das war der Test." Greift zum Megafon: "Legt euer Handy beiseite und fangt wieder an zu reden." Doch der Zustrom wird nicht besser. Saile legt das Megafon beiseite. Schaut auf die sechs Kisten Bier in seinem Auto. Sagt: "Jetzt langt es!"

Fazit der ersten Maikundgebung: Es war ein Experiment. Das ist nicht gelungen. Lustig war es trotzdem – auch dank der vielen Maischerze.