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Kommunales: Gremiums-Insider beklagen "absolutistisches Vorgehen" des Rathauses bei Projekt in Ahldorf / Keine Vorab-Info

Horb - Wird das Gewerbegebiet Ahldorf in der Sondersitzung am heutigen Mittwoch aus Trotz abgelehnt? Das Rathaus hat das Gremium mit den "Geheim-Gutachten" für das geplante Gewerbegebiet in Ahldorf offenbar erst am Mittwoch informiert. In der nicht-öffentlichen Sitzung einen Tag vorher war das kein Thema. Gremiumsmitglieder sprechen von "Absolutismus" und "Überfall".

Eigentlich dient der nicht-öffentliche Teil des Verwaltungs- und Technik-Ausschuss als Vorbereitung für die Gemeinderatsitzung eine Woche später. Knifflige Themen werden intern diskutiert, um mögliche Problemstellungen gleich aufzuzeigen.

Doch was ist mit dem Gewerbegebiet Ahldorf? Mit der auf einmal am Donnerstag öffentlich gewordenen zweiten Fläche östlich von Hau und Holzwiese?

Mit der möglichen Befangenheit von CDU-Fraktionschef Michael Keßler, der im Gewann Zehrbaum einen Acker von einem Hektar besitzt (wir berichteten)?

Fakt ist, so bestätigen gewöhnlich gut informierte und zuverlässige Kreise, dass genau diese bis dahin geheim gehaltenen Gutachten (das Artenschutzgutachten trägt das Datum vom 30. September 2019) in der nichtöffentlichen VTA-Sitzung am Dienstag, 13. Oktober, nicht von der Rathausspitze auf den Tisch gebracht wurden. Besprochen wurden sie auch nicht, so bestätigen gut informierte Kreise.

Erst am Mittwochabend sollen die Gemeinderäte die brisanten Unterlagen erhalten haben. Am Donnerstag wurden die Unterlagen dann im Internet für alle veröffentlicht. Kein Wunder, dass CDU-Fraktionschef Michael Keßler, der immer gegen das geplante Gewerbegebiet in Ahldorf gestimmt hatte, auf Nachfrage des Schwarzwälder Boten am Donnerstag so überrascht war. Keßler damals: "Ich weiß nicht, ob ich in Fläche 2 einen Acker habe und damit befangen sein könnte."

Gremien-Insider sprechen von einem "überfallartigen Vorgehen" des Rathauses. Und von einer "absolutistischen Art und Weise". Einer sagt: "Schon aufgrund dieser absolut ungewöhnlichen Vorgehensweise des Rathauses gegenüber Gremiumsmitgliedern muss man eigentlich dagegen stimmen. Das geht so gar nicht!"

Die Stimmung unter den Gremiumsmitgliedern ist offenbar geladen. Nicht nur wegen dem "Geheimgutachten-Überfall" des Rathauses. Sondern auch, weil völlig unklar ist, ob Bürger überhaupt an der Sondersitzung teilnehmen können.

Am Montag hatte das Rathaus die Regularien für die Sondersitzung am heutigen Mittwoch veröffentlicht. Doch ist das überhaupt rechtens, was das Rathaus dort vorschlägt?

Rathaussprecherin Inge Weber hatte gesagt: "Aufgrund der gestiegenen Inzidenzzahl sowohl im Landkreis als auch im Stadtgebiet sieht das Hygienekonzept für die Gemeinderatssitzung am 21. Oktober entsprechend der Vorgaben für Veranstaltungen eine Begrenzung der Teilnehmerzahl auf insgesamt 100 Personen vor. Da durch die ›aktiven‹ Sitzungsteilnehmer (Gemeinderäte, Verwaltungsmitarbeiter, Gutachter, Ortsvorsteher, Pressevertreter) bereits rund 50 Personen vor Ort in der Halle sein werden, können im Zuhörerbereich auf der Tribüne maximal 50 Personen zugelassen werden."

Zweifel bei der BI

Das bezweifelt die BI Hau und Holzwiese. Sprecherin Christina Nuss und OGL-Fraktionschef Luis Schneiderhan verweisen auf die aktuell gültige Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg. Dort heißt es unter Paragraf 10, Absatz 3: "Untersagt sind private Veranstaltungen mit über zehn Teilnehmenden und sonstige Veranstaltungen mit über 100 Teilnehmenden. Die Anzahl nach Satz 1 Nummer 1 darf überschritten werden, sofern eine Ausnahme im Sinne von § 9 Absatz 2 vorliegt. Bei der Bemessung der Teilnehmerzahl bleiben Beschäftigte und sonstige Mitwirkende an der Veranstaltung außer Betracht. (4) Absätze 1 bis 3 finden keine Anwendung auf Veranstaltungen, die der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, der Rechtspflege oder der Daseinsfürsorge oder -vorsorge zu dienen bestimmt sind, insbesondere auf Veranstaltungen und Sitzungen der Organe, Organteile und sonstigen Gremien der Legislative, Judikative und Exekutive sowie Einrichtungen der Selbstverwaltung einschließlich von Erörterungsterminen und mündlichen Verhandlungen im Zuge von Planfeststellungsverfahren."

Nuss und Schneiderhan unisono: "Wenn die Sondersitzung des Gemeinderates zur Abstimmung über das geplante Gewerbegebiet in Ahldorf nicht vom Charakter her mit einer mündlichen Verhandlung bei einem Erörterungstermin entspricht, dann weiß ich es auch nicht. Fakt ist: In den Regelungen sind Mitwirkende und Beschäftigte einer Veranstaltung außen vor. Deshalb muss man meiner Meinung nach die 50 Gemeinderäte, Ortsvorsteher und Pressevertreter abziehen. Und der Rest der Hohenberghalle dürfte groß genug sein für 100 Zuschauer – auch unter Corona-Bedingungen!"

Keine Demonstration

Fakt ist, so Nuss, gleichzeitig Fraktionschefin der "Bürger im Mittelpunkt": "Wir werden das Thema im aktuellen Gemeinderat vorher auf die Tagesordnung bringen. Eine Demonstration wird die Bi Hau und Holzwiese aber nicht anmelden vor der Hohenberghalle am Mittwoch."

Ihr Fraktionsvize Thomas Bauer: "Die zulässige Anzahl von Zuschauern in der Hohenberghalle ist das eine Thema. Das andere Thema für mich ist, welches ich ansprechen werde: Ist es möglich, die Veranstaltung auf eine Leinwand zu übertragen, so dass die Interessenten wie in einer Art Autokino dem folgen können. Und hupen können, wenn ihnen was gefällt oder missfällt?"

Luis Schneiderhan, Gründer der "Fridays for Future" Horb und Noch-OGL-Fraktionschef: "›Fridays for Future‹ hat keine Demo angemeldet. Jedem steht es aber frei, zu einer bestimmten Uhrzeit an der Hohenberghalle spazieren zu gehen und dabei zufällig ein Schild zu tragen."

Das Rathaus hatte es abgelehnt, eine Außenübertragung an der Hohenberghalle wie bei der ersten Gemeinderatsitzung am 28. Juli zu machen. Dort hatten zahlreiche Bürger und Mitglieder der BI Hau und Holzwiese die Debatte um die Gewerbegebiete verfolgt. Das Thema Ahldorf wurde damals von der Tagesordnung genommen.

Jetzt will das Rathaus einen Livestream anbieten, falls alle Gemeinderäte bei der Vortags-Sitzung am Dienstag zustimmen.

Bauer: "Da ist zunächst zu klären, ob die Ahldorfer überhaupt gute Breitbandverbindungen haben, um den Livestream abrufen zu können!"

Ahldorfs Ortsvorsteher Hartmut Göttler: "Von der Internet-Versorgung in Ahldorf her dürfte das kein Problem sein."

Gibt es für die Bürger dann einen zentralen Punkt, an dem man gemeinsam in Ahldorf den Livestream gucken kann? Ahldorfs Ortsvorsteher Hartmut Göttler: "Eine Möglichkeit für ein zentrales Public Viewing des Gemeinderat-Livestreams wäre in der Halle. In der Kürze der Zeit wäre das durch das erforderliche Hygiene-Konzept allerdings nicht zu organisieren."

Christina Nuss, Sprecherin der BI Hau und Holzwiese: "Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Stadt so viel macht wie es geht, damit sie die Begegnung mit Bürgern vermeidet, die nicht der Meinung des Rathauses sind."