Ein Rotmilan blickt im Flug auf seine Beute. Foto: Straub

Leiter der Untersuchung im Großen Hau äußert sich. Begründung des Regierungspräsidiums liegt der Stadt nun vor.

Horb - Der Windkraft-Gutachter reagiert auf die massive Kritik an seinen Untersuchungen im Großen Hau in Rexingen: Zum ersten Mal seit der Ablehnung der Windpark-Pläne äußert sich Thomas Grunwald vom Büro für Faunistik und Landschaftsökologie (BFL), der das vogelkundliche Gutachten für die Stadt erstellt hat, zum Thema. Die baden-württembergischen Behörden hätten sein Gutachten offenbar "nicht richtig verstanden oder interpretiert", sagte er gestern im Gespräch mit unserer Zeitung. Er sei höchst verwundert über deren Vorgehen, sagt er. "Ich habe keine Zweifel daran, dass unser Gutachten den Regeln genügt."

Die Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) hatte bemängelt, dass im Gutachten wichtige Daten fehlen. "Aber offenbar waren die Daten für die LUBW ausreichend, um die Fläche im Gesamten abzulehnen", sagt Grunwald. "Abbügeln ist der geeignete Begriff."

Nachdem die LUBW Mängel am Gutachten festgestellt hatte, zum Beispiel zu kurze Beobachtungszeiträume, hätte Grunwald erwartet, dass ihm angeboten wird, das Gutachten entsprechend zu erweitern. "Diese Möglichkeit hätte auch der Stadt zur Verfügung gestellt werden müssen", findet der Gutachter.

Doch Nachfragen von der LUBW habe er nie erhalten. "Es wurden keine Erläuterungen eingeholt, man hat sich fachlich nicht mit uns auseinandergesetzt", sagt er. Derweil teilt das Regierungspräsidium mit, dass man der Stadt Horb bereits im Januar dieses Jahres empfohlen habe, das NABU-Gutachten und das städtische Gutachten zusammenzulegen. Damals waren demnach schon Mängel an beiden Gutachten offenbar, was jedoch wohl keine Änderungen am Vorgehen nach sich zog.

Der Gutachter, dessen Büro in Bingen am Rhein (Rheinland-Pfalz) sitzt, stellt den Behördenvergleich an und fällt ein zweifelhaftes Urteil für Baden-Württemberg. In Rheinland-Pfalz habe er schon deutlich mehr Windkraftgutachten erstellt als in Baden-Württemberg – ohnehin hätten die Behörden in seinem Stamm-Bundesland mehr Erfahrung mit dem Thema Windkraft als hierzulande. Dort wollen die Behörden laut Grunwald zum Beispiel seit Jahren keine Wetterdaten mehr im Gutachten. "Es geht auch darum, die Gutachten nicht aufzublasen." Deshalb habe er sie nicht in die schriftliche Ausarbeitung aufgenommen. Die LUBW aber hatte das Fehlen der Wetterdaten bemängelt.

Grunwald sagt: "Für mich ist es selbstverständlich, dass ich die Raumnutzungsanalyse nicht bei Regen oder Nebel mache. Die Wetterdaten kann aber jeder von mir bekommen, der sie will."

Weiter vermisste die LUBW die genaue Dauer der Beobachtungen im Gutachten. Dazu sagt Grunwald: "Die Stundenzahl steht in der Tat nicht im Gutachten, aber auch die hätte man auf Nachfrage nachliefern können."

Die Verschärfung der Richtlinien durch den Windenergieerlass während der Begutachtung habe auf seine Arbeit so gut wie keine Auswirkungen gehabt, sagt Grunwald. Andernorts haben sich die Gutachterkosten durch die Verschärfung extrem erhöht, etwa in Alpirsbach-Römlinsdorf, wo der Investor wegen der neuen Regeln plötzlich 20.000 Euro mehr für sein Gutachten ausgeben musste. "Wir haben nur die Raumnutzungsanalyse zum Rotmilan intensiviert", sagt Grunwald. Sein Gutachten sei von vornherein strengen Regeln gefolgt.

Grunwald arbeitet an einer Stellungnahme für die Stadt, in der er sich zu den Vorwürfen der LUBW äußert. Noch diese Woche wird das Schreiben auf der Stadtverwaltung erwartet.

Der Stadt Horb liegt seit gestern die ausführliche schriftliche Begründung der Absage vor, die zunächst vom Regierungspräsidium wegen eines laufenden Petitionsverfahrens unter Verschluss gehalten worden war.

Seite 2: NABU fordert Blick in die Zukunft

Der NABU Horb fordert von der Stadtverwaltung, "nach vorne zu schauen anstatt den Behörden leichtfertig Fehler und mangelnde Sorgfalt zu unterstellen", heißt es in einer Pressemitteilung. "Wenn mehrere Ministerien, Behörden und renommierte Vogelexperten der Stadt bescheinigen, dass die Windkraftplanungen im Großen Hau nicht zulässig sind, sollte die Stadt die Einsicht haben, dass dies der falsche Standort ist."

Man dürfe sich den Artenschutz nicht "zurechtbiegen, auch wenn man gerne ein Vorreiter bei der Energiewende sein möchte". Der NABU erwarte, dass die Stadt künftig bei solchen Projekten von Anfang an die Naturschutzverbände "auf Augenhöhe" beteilige.

Dass ein Referatsleiter der LUBW im Gespräch mit unserer Zeitung offenbarte, dass die Rotmilandichte im Großen Hau vermutlich überdurchschnittlich hoch sei, bestätigt den NABU in seiner Position. Der NABU-Landesvorsitzende Andre Baumann sagt: "Die vorliegenden Daten der Gutachter sind eindeutig: Rund um den Großen Hau brüten und jagen ausgesprochen viele Rotmilane. Deshalb ist es völlig richtig, dass die Windmühlen an dieser Stelle nicht genehmigt werden."

Der NABU hat sich eigenen Angaben zufolge nicht leichtfertig auf einen Kontra-Standpunkt zum Windpark gestellt. Man habe lange mit den Aktiven der NABU-Gruppe Horb, den Vogelkundlern im NABU und renommierten Experten aus Deutschland diskutiert, habe Daten gesichtet und habe sich letztlich in einer Expertenrunde am vergangenen Freitag abschließend getroffen und dagegen ausgesprochen.