Kontroverse Diskussion um Jagdverpachtung flammt auf. Jäger stärker in die Pflicht nehmen?
Horb - Bei den neuen Jagdpachtverträgen bahnt sich ein Konflikt an: Die strittige Frage, wie stark die Jäger für Wildschäden im Wald und auf den Feldern in die Pflicht genommen werden sollen, ist noch ungeklärt. Jetzt soll der Gemeinderat einen Kompromiss finden.
Bereits am Dienstag wurde das Thema nichtöffentlich im Kultur- und Sozialausschuss des Gemeinderates beraten, und nächste Woche trifft sich der Gemeinderat am Dienstag zu einer öffentlichen Sondersitzung.
Möglicherweise wird das Gremium empfehlen, die alten Jagdpachtverträge, die am 31. März auslaufen, noch einmal um ein Jahr zu verlängern: Damit man genug Zeit bekommt, in aller Ruhe einen Kompromiss zu finden, dem Jäger, Landwirte und Waldbesitzer gleichermaßen zustimmen können.
Der Konflikt ergibt sich aus der Verpflichtung der Jäger, für Wildschäden aufzukommen. Laut bislang geltenden Verträgen müssen die Jäger alle Wildschäden aus der eigenen Tasche bezahlen. Das war relativ problemlos, weil sich die Schäden in Grenzen hielten. Laut Auskunft von Inge Weber, städtischer Fachbereich Stadtentwicklung, summieren sich die Wildschäden auf insgesamt rund 4000 Euro pro Jahr für sämtliche Jagdgebiete der Stadt Horb mit Ortsteilen. "Das ist nicht wirklich viel", so Inge Weber.
Jahrelang ging's gut, doch nun ändern sich die Vorzeichen. In Jägerkreisen wächst die Angst vor großen Schäden, die sie nicht mehr bezahlen können. Großflächige Maisplantagen, in denen sich die Wildschweine praktisch ungestört austoben und massive Schäden anrichten können, gibt es in Horb zwar noch nicht – doch wer weiß, was in den nächsten neun Jahren Pachtvertrags-Laufzeit alles passieren kann. Bereits dieses Jahr rechnet man mit einer Zunahme der Wildschwein-Zahl, weil viele Tiere den relativ moderaten Winter überlebt haben dürften und es viel zu Fressen gibt. 2011 war ein so genanntes Vollmastjahr, in dem die Bäume eine riesige Menge an Früchten und Samen produziert haben. Viele Bucheckern und Eicheln liegen herum – ein Festessen für die Schweine.
Nicht so sehr die Schweine, sondern die Rehe sind das Problem im Wald – dessen Eigentümer ebenfalls von Zukunftsängsten geplagt werden. Für viele von ihnen ist der Wald ein Wirtschaftsfaktor, und die Aufzucht von Bäumen ist teuer. Aus Sicht des Waldbesitzer ist es deshalb schwierig, die Schäden zu beziffern. Bäume, an denen Rehe herumgenagt haben, wachsen schlechter als gesunde. Den Waldbesitzern geht es nicht so sehr darum, jährlich Schadenssummen geltend machen zu können. "Ihnen ist mehr damit gedient, wenn ihre Wälder so gut bejagt werden, dass möglichst wenig Schäden entstehen", so Inge Weber. Und je mehr die Jäger in Pflicht genommen werden könnten, desto mehr kommen sie ihren Jagdpflichten nach, glaubt man.
Jäger stärker in die Pflicht nehmen
In Horb war der Kompromiss greifbar nahe. Die Jäger signalisierten Bereitschaft, jährlich bis zur Höhe ihres Jagdpachtzinses (Pachtzinsen liegen zwischen 700 Euro und 3000 Euro in den 20 Jagdrevieren) für Wildschäden im Wald und auf dem Feld zu bezahlen. Was darüber hinaus an Schäden anfällt, begleicht die Jagdgenossenschaft aus den Pachteinnahmen; das sind jährlich rund 27 000 Euro, die nach Abzug der Kosten großenteils der Stadt Horb zufließen. Um diesen Grundbetrag zu erhöhen, haben die Jäger eine Pachtsteigerung von sieben auf acht Euro pro Hektar Wald und 1 auf 1,50 Euro pro Hektar Feld vorgeschlagen. Die Gemeinderäte stimmten im Februar diesen Konditionen zu, doch jetzt wird die Kritik der Forstbesitzer lauter. Sie wollen die Jäger stärker in die Pflicht nehmen. Vor der Versammlung der Jagdgenossenschaft am nächsten Mittwoch soll nun klar werden, wie es weitergeht.
Laut Jerg Hilt von der Forstkammer Baden-Württemberg, der Interessensvertretung der privaten und kommunalen Waldbesitzer im Land, ist unstrittig, dass Maisplantagen das Risiko von Wildschäden erhöhen, hier müsse den Jägern geholfen werden. Im Wald jedoch seien die Schäden seit Jahren überschaubar. "In Horb mussten die Jäger in den vergangenen Jahren für Wildschäden im Wald gar nicht aufkommen."