Holger Dopp und seine Ehefrau (rechts) übergaben gestern eine historische Original-Zeichnung des alten Horber Marmorwerks an die Stadt Horb. Peter Rosenberger und Agnes Maier wollen dem Werk nun besondere Ehren zukommen lassen. Foto: Hopp

Holger Dopp übergibt der Stadt die historische Zeichnung des Marmorwerks.

Horb - Auf "mindestens 80 Jahre" schätzt Holger Dopp die Zeichnung des Horber Marmorwerks, die sein Freund Kurt Unger zu Lebzeiten der Stadt nicht überlassen wollte. Gestern kam Dopp nun doch ins Rathaus – stellte aber Bedingungen zur Übergabe. Wäre Dopp früher damit herausgerückt, hinge das Bild jetzt womöglich über OB Rosenbergers Schreibtisch: "Ich habe lange nach etwas zum Aufhängen gesucht, das hätte ich genommen – aber jetzt hängen schon zwei Akten da." Akten, nicht "Akte", wie Dopp erst missverstand und damit für einen Schmunzler sorgte.

Doch die Sache ist eine ernste Herzensangelegenheit für den Empfinger Dopp: Sein Freund Kurt Unger, der erst vor wenigen Jahren verstarb, hat ihm das Bild vermacht. "Das ist ein Original, ich möchte nicht, dass es im Archiv verschwindet", erklärte Dopp. Deshalb gebe er es auch "nur mit einer Auflage" her: "Es soll eingerahmt im Stadtmuseum ausgestellt werden, wo es die Menschen sehen können."

Kurt Unger wollte das Bild zu Lebzeiten nicht dem Rathaus überlassen: "Das bekommt die Stadt nicht!", zitiert ihn Dopp. Was die Gründe dafür waren, weiß er allerdings auch nicht genau. Unger übernahm einst das Horber Marmorwerk, das Marmorplatten mit Hilfe von Wasserkraft vor allem für die Möbelproduktion sägte und schliff, von seinem Vater.

Bei besagtem Bild handelt es sich um eine historische Zeichnung des Unternehmens, leider undatiert, doch schätzungsweise 80 bis 90 Jahre alt. Agnes Maier, bei der Stadt Horb zuständig für Museen, Heimatgeschichte und Kunst, vermutet, dass es von der Firma selbst in Auftrag gegeben wurde. Es trägt die Aufschrift "Süddeutsche Marmorwerke Horb a./N." und ist mit "Kunstanstalt Eckert & Pflug Leipzig" unterschrieben.

Die Zeit hat auf dem Papier deutliche Spuren hinterlassen

Letztere wurde 1890 in Leipzig gegründet, war auf künstlerisch gestaltete Druckerzeugnisse wie Plakate, Werbemittel und "perspektivische Industrieaufnahmen" ausgerichtet und bestand bis 1964.

Die vorliegende Zeichnung wurde vermutlich nach einer solchen Aufnahme mit Tusche gezeichnet und "wird bei alteingesessenen Horbern für Diskussionen sorgen", ist sich Dopp sicher. Mit Rosenberger und Maier wurde denn auch eifrig diskutiert, was Datierung und Perspektive angeht: So richtet sich beispielsweise der Blick von Norden her auf das Marmorwerk. Dass es deutlich stilisiert und nicht ganz realitätsgetreu gestaltet ist, zeigt auch der Sonneneinfall, der direkt auf das Gebäude fällt und aus dieser Perspektive also von Norden her kommen müsste.

Die Zeit hat auf dem Papier deutliche Spuren hinterlassen: Das circa 2,50 mal 1,20 Meter große Werk ist an den Rändern vergilbt und stellenweise eingerissen und löchrig; eine Ecke ist von braunen Feuchtigkeitsflecken verunstaltet. Doch sei es ein wichtiges Zeugnis Horber Geschichte, das den heute stillgelegten Industriestandort am Rand der Innenstadt (mittlerweile Sitz des Hauses der Jugend) als noch florierendes Unternehmen zeigt: So freute sich nicht nur Rosenberger über das "historisch wertvolle Bild", um das Holger Dopp bis zur Übergabe auch gegenüber dem OB erfolgreich ein Geheimnis gemacht hatte: "Jetzt bin ich doch überrascht", erklärte der.

Dopp begründet seinen Schritt mit der Überzeugung, dass das Bild nach Horb gehöre, "nicht nach Empfingen". Und er hofft, dass auch sein Freund Unger das heute so sehen würde. Bei der Gartenschau wird die Zeichnung auch zu sehen sein – in der Ausstellung im Marmorwerk wird wohl allerdings das Duplikat aus den Stadtarchiven verwendet, damit dem Original weitere Feuchtigkeitsflecke erspart bleiben.