Nachmittagsunterricht an der Horber Werkrealschule: Im kommenden Schuljahr startet auf dem Hohenberg die Gemeinschaftsschule. Foto: Hopp

Vorschlag des Kultusministers könnte das Ende bedeuten. Horber Gemeinschaftsschule startet mit 62 Schülern.

Horb/Horb-Altheim - In Altheim lief gestern der ganz normale Schulbetrieb ab – doch 53 Kilometer entfernt, im Stuttgarter Landtag, sind Worte gefallen, die womöglich das Aus für die Altheimer Werkrealschule schon in zwei Jahren bedeuten könnten.

Gestern war ein Tag der gemischten Gefühle für Götz Peter, den Rektor der Grund- und Werkrealschule (GWRS) Altheim: Einerseits konnte er einen Erfolg vermelden. Es muss im nächsten Jahr keine Kombiklasse der Fünft- und Sechstklässler gebildet werden. Gestern hat sich noch ein Schüler für das neue Schuljahr an der GWRS angemeldet. Götz Peter zählt auf seiner Liste nun 13 Fünftklässler. Wenn man die 16 Kinder in der derzeitigen fünften und künftigen sechsten Klasse hinzurechnet, kommt man auf 29 Kinder. Das ist genau die Zahl, ab der getrennte Klassen erhalten bleiben. So viel zur guten Nachricht.

Schwarz sieht es für den Schulstandort Altheim aus, wenn man gestern der Regierungserklärung von Kultusminister Andresas Stoch (SPD) lauschte: Hat eine Schule in zwei aufeinanderfolgenden Jahren weniger als 16 Neuanmeldungen, müsse es zu einem Schulentwicklungsprozess kommen, in dem man sich fragt, wie die Schule weiter betrieben werden kann. Wenn sich keine Lösung findet oder die Schule selbst nicht aktiv wird, kann der Schulstandort von der Schulverwaltung geschlossen werden. Die Altheimer Schule hat dieses Jahr 13 Neuanmeldungen. Die GWRS ist angezählt.

Götz Peter hat einen vollen Terminkalender, Konferenzen, Sitzungen. Doch er weiß um die gehaltene Rede in Stuttgart, er kennt auch Stochs Thesen. Peter sagt: "Wenn die Anmeldezahlen im nächsten Jahr ähnlich sind, sind wir betroffen von den Regeln, die Stoch ankündigt." Wobei – sagt Peter – ob die Pläne dann auch so durchgesetzt würden, sei die Frage. "Es ist schon bitter, dass wir Bedenken über den Fortbestand haben müssen." Peter klingt enttäuscht, ein bisschen ratlos. Immer mehr Eltern wollen ihr Kind zu einem höheren Bildungsabschluss führen. "Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die Werkrealschule leider im Bewusstsein der Eltern nicht den Stellenwert genießt, den sie genießen könnte." Die Auszeichnung als MINT-freundliche Schule (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik), das familiäre Umfeld – damit kann eine Schule heute offenbar nicht mehr punkten.

Sie ist das Sorgenkind von Doris Albrecht, die bei der Stadt Horb für Schulangelegenheiten zuständig ist. Die Anmeldezahlen werden weiter abwärts gehen, vermutet sie. Aber eine Schließung? Bisher ist das laut Vorgaben vom Kultusminiserium selbst, das nun die 16-Kinder-Grenze ausgegeben hat, gar nicht möglich. Die Altheimer Schule ist im Schulkonzept der Stadt Horb bisher "ein sehr wichtiger Teil", wie Doris Albrecht sagt. Denn die Gemeinschaftsschule mit Ganztagesbetrieb in Horb konnte nur genehmigt werden, weil die Altheimer GWRS noch auf Horber Stadtgebiet den Halbtagsbetrieb auf dem Weg zum Werkrealschulabschluss anbietet. Den Schülern muss laut gesetzlicher Vorgabe auch ein halbtägiger Schulbesuch ermöglicht werden.

Was nun? Es gibt verschiedene Szenarien: Die Altheimer GWRS könnte mit einer anderen Werkrealschule kooperieren. Die gäbe es in Schopfloch, Sulz, Nagold – denkbar weit von Altheim entfernt. Ließe das Kultusministerium die Verpflichtung zu einem Halbtagsbetrieb fallen, dann könnte der Schulstandort Altheim fallen gelassen werden, die Kinder müssten ebenfalls nach Horb in die Schule. Dort seien Kapazitäten rein räumlich bestimmt vorhanden, sagt Doris Albrecht, vor allem weil die benachbarte Realschule bei generell sinkenden Schülerzahlen Räume zur Verfügung stellen könnte. Oder man könnte in Altheim eine zweite Gemeinschaftsschule gründen, so wie es bereits Oberbürgermeister Peter Rosenberger als Idee geäußert hat. "Ich hätte nichts dagegen", sagt Götz Peter, "aber im Moment ist das eher unrealistisch."

Doris Albrecht analysiert die Situation sachlich: "In erster Linie sind wir als Schulträger für Eltern und Kinder da und für das, was die wollen. Wenn kein Bedarf mehr für die GWRS Altheim besteht, müssen wir reagieren."

Die Gemeinschaftsschule hat voll eingeschlagen. Bei Rektor Eugen Gamerdinger haben sich 62 Fünftklässler angemeldet. Das sind doppelt so viele wie im Vorjahr, als die Schule noch Werkrealschule war. 62 Fünftklässler – das bedeutet, dass die Gemeinschaftsschule im ersten Jahr schon dreizügig starten wird. Woher der Zuwachs kommt, ist klar. Die Altheimer Schule blutet aus, die Gemeinschaftsschule boomt. Rektor Gamerdinger, der am Ende des Schuljahrs in Ruhestand geht, spricht aus, was mancher vielleicht denkt: "Die Idee des Kultusministers wäre der Tod der kleinen Schulen."

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