Prozess: Im Zweifel für den Angeklagten: Verhandlung um gefälschte 50-Euro-Scheine endet mit Freispruch

Von Peter Morlok

Echt war an dem Fall, den das Schöffengericht Horb am Dienstagnachmittag verhandelte, nur die Verwirrung, die sowohl vom Angeklagten selbst, von einigen Zeugen und teils auch von der Staatsanwaltschaft ins Verfahren eingebracht wurde. Ansonsten ging es um falsche 50-Euro-Scheine.

Horb. Ein 30-jähriger Albaner wurde aus der Rottweiler Untersuchungshaft vorgeführt. Er soll zusammen mit zwei weiteren Verdächtigen 50-Euro-Scheine in Umlauf gebracht haben. Alle gefälschten Banknoten stammen aus einer noch aktiven Produktion, die seit 2010 in Deutschland bekannt ist. Die Falschgeldpresse soll in Italien stehen, so eine Information, die der ermittelnde Kommissar von der Kripo Freudenstadt im Laufe der Beweisaufnahme bekannt gab.

Soweit der Tathergang rekonstruiert werden konnte, um den es bei dieser Verhandlung ging, spielte sich dieser in etwa folgendermaßen ab: Der Tatverdächtige soll am 20. September vergangenen Jahres mit zwei Landsleuten im Raum Horb und Oberndorf in Schnellrestaurants Kleinbestellungen getätigt und immer mit den gefälschten Scheinen bezahlt zu haben. Beide angeklagten Tathergänge sind insofern bewiesen, als dass es von den drei vermeintlichen Tätern Videoaufnahmen gibt, die sie beim Bezahlen mit 50 Euro-Scheinen zeigten.

Immer sind sie nach demselben Schema vorgegangen. Sie betraten zeitversetzt die geschädigten Lokale, stellten sich an verschiedenen Kassen an und bestellten Kleinigkeiten für wenige Euros. "Wenn man nicht wüsste, dass die drei zusammengehörten, hätte man sie als völlig Fremde ansehen können, die nichts miteinander zu tun haben", stellte der Kripomann fest.

Nun galt es im Rahmen der Beweisaufnahme herauszufinden, ob der Tatverdächtigte wirklich mit Falschgeld unterwegs war und dieses dadurch "waschen" wollte, indem er sich mit dem Rausgeld begnügte. Die Schilderungen des Angeklagten zum Tatvorwurf hörten sich jedoch völlig anders an, als von der Staatsanwaltschaft vorgetragen.

Er sei am 19. September von einem erneuten Aufenthalt in seinem Heimatland via Italien, wo er zehn Tage bei Verwandten gearbeitet habe, nach Deutschland eingereist. Bei seinem Freund und Landsmann, der später als Zeuge aussagte, habe er in Oberndorf übernachtet. Man habe am Sonntagabend Besuch von Landsleuten bekommen und hätte gemeinsam in einer Gaststätte einige Biere getrunken. Der Angeklagte behauptete, er wollte die Getränke bezahlen und hätte einen 100 Euro-Schein gezückt.

Darauf habe ihn einer der beiden Landsleute – der im Prozess immer wieder als der große Unbekannte, als "der Typ im Norwegerpullover" und als Drahtzieher der ganzen Falschgeldgeschichte ins Spiel gebracht wurde – gefragt, ob er ihm den großen Schein wechseln soll. Da er noch einen zweiten 100 Euro-Schein im Besitz hatte, gab ihm sein Bekannter vier 50 Euro-Scheine im Tausch. So sei er in den Besitz dieses für ihn nicht erkennbaren Falschgelds gekommen.

Man wäre dann mit dem Auto in der Gegend herumgefahren, habe noch was getrunken und dann Hunger bekommen. Man hielt zuerst in Empfingen und dann in Horb. In einem großen Horber Schnellrestaurant kam dann das Ende der Tour. Beim Zahlen – wieder getrennt – fiel auf, dass zwei Männer mit Scheinen bezahlen wollten, die den Verkäuferinnen "komisch" vorkamen. An einer der Kassen flüchtete der vermutliche Haupttäter, "der Typ im Norwegerpullover", nach dem nach wie vor gefahndet wird.

Der Angeklagte wartet hingegen in aller Ruhe bis die Polizei kam. Für den Staatsanwalt war dies jedoch kein Zeichen für Unwissenheit darüber, dass es sich hier um ein Falschgelddelikt handele, sondern von Kaltblütigkeit. "In Deutschland passiert mir sowieso nichts", soll seiner Meinung nach der Angeklagte gedacht haben. Passiert ist jedoch etwas, denn er sitzt seither in Untersuchungshaft. Erschwerend kam für ihn hinzu, dass seine Geschichten, die er sowohl bei seiner polizeilichen Vernehmung als auch bei der Befragung durch den Haftrichter und der nachfolgenden Erhebung durch den Kriminalbeamten erzählte, jedes Mal stark voneinander abwichen. "Ich habe noch nie etwas mit der Polizei zu tun gehabt – ich wusste nicht was ich sagen soll – ich hatte Angst", seine Begründung, warum er immer neue Varianten seiner Geschichte erzählte.

Der Vertreter der Staatsanwaltschaft, ein Oberamtsrat, stellte für sich fest: "Ich glaub’ ihnen überhaupt nichts. Auch nicht, dass sie nicht wussten, dass sie mit Falschgeld unterwegs waren." Der Angeklagte selbst betonte, dass er nur nach Deutschland gekommen wäre, um hier Arbeit zu finden und nicht, um wegen 200 Euro ins Gefängnis zu gehen. "Soll die Arbeit vielleicht darin bestehen, Falschgeld zu wechseln", bohrte der Staatsanwalt nach. Dies bestritt der Angeklagte vehement.

Der Beamte vom Horber Revier, der als erster am Tatort war, wiederholte – wie auch die anderen Zeugen – im Wesentlichen die Tatschilderung. Nur bestätigte er, dass ihm die Restaurantleiterin zwei 50 Euro-Scheine ausgehändigt hätte. Einen echten und einen falschen. "Denn echten Schein habe ich als Vergleichsobjekt mitgegeben", so die Restaurantchefin im Zeugenstand. Der Polizist glaubte hingegen, die beiden falschen Scheine bekommen zu haben.

Und genau dieser echte Schein war es, der den Angeklagten vor einem weiteren Haftaufenthalt verschonte. Obwohl es starke Zweifel an der Glaubwürdigkeit des 30-Jährigen gab und Amtsgerichtsdirektor Christian Ketterer von einem mehr als merkwürdigen Verhalten sprach, gab es einen glatten Freispruch, da das Gericht nicht zweifelsfrei beweisen konnte, dass der Angeklagte mit dem falschen Schein bezahlt habe.

"Wir lassen lieber einen Schuldigen laufen als einen Unschuldigen einzusperren", begründete der Vorsitzende sein Urteil. Der Angeklagte wird für die zu Unrecht erlittene Untersuchungshaft aus der Staatskasse entschädigt und sein Verteidiger ließ sich für dieses Geld gleich eine Abtretungserklärung ins Protokoll eintragen.

Die gefälschten Scheine – es sind im Horber Raum bisher 21 Stück aufgetaucht – soll man übrigens an ihrer mangelhaften Papierqualität erkennen.