Discounter, Sportzentrum, Ärztehaus oder Öko-Wohnen? Bürgerbeteiligung im Dezember.
Horb - Das ist eines der großen Zukunftsthemen von Horb: Wie geht es weiter mit dem Leuco-Areal? Die Stadt hatte es gekauft. Der alte Gemeinderat den Abriss beschlossen. Kommt hier ein Ärztehaus hin?
Oberbürgermeister Peter Rosenberger drückt im Gemeinderat schon auf das Gaspedal: "Es ist eine geschickte Zeit, die Neubebauung zu planen. Der Immobilien-Markt hat noch gute Chancen. Unterschiedliche Interessenten haben sich schon bei uns gemeldet. Die Abrisskosten können wir über das Sanierungsgebiet gefördert bekommen. Wir haben vor, die ersten Vergaben um den Jahreswechsel zu starten."
Tempo ja. Aber die Bürger sollen auf jeden Fall vorher beteiligt werden. Rosenberger: "Wir planen, im Dezember einen Workshop in einer Bürgerbeteiligung zu veranstalten, damit alle Expertisen rund um das Areal mit eingepflegt werden." Dann stellten Knut Maier von Baldauf Partner aus Stuttgart – dem Büro, das bereits für die Kaserne Vorschläge gemacht hatte – Szenarien vor, was man auf dem Leuco-Areal machen kann. Damit die Gemeinderäte wissen, wo die Fallstricke liegen könnten.
Was geht auf dem Leuco-Areal? Maier von Baldauf Partner nennt erst mal mögliche Probleme, die die Architekten und Landschaftsplaner aus Stuttgart analysiert haben. "Nebenan ist ein Gewerbe mit einem 24 Stunden-Betrieb. Auf der anderen Seite ist Wohnen. Dazu die Berufsschule – das ist eine Gemengelage, die uns in der Debatte wieder einholen wird. Ein Schallgutachten ist schon in Auftrag gegeben." Zweites Eine weitere Schwierigkeit: Der Höhenunterschied zur Panoramastraße liegt bei acht Metern. Richtung Stadion fällt das Gelände um vier Meter ab. Maier: "Man kann jetzt schon ausschließen, dass auf dem Leuco-Areal nur Wohnen entstehen werden. Hier sind nur gemischte Nutzungen möglich, das sagen unsere Erfahrungen."
Machen die Nachbarn mit? In den Planungen von Baldauf Partner sind auch die Privatgrundstücke bis zum Tauchsteinweg miteinbezogen. Für den Fall, dass die Eigentümer hier bereit sind, ihre Gebäude abzureißen. Deshalb sind die jetzt vorgestellten Konzepte modular aufgebaut. Heißt: Ausgehend vom Grundstück im Besitz der Stadt können die Bauten auch auf weiteren Flächen entstehen.
Sportzentrum
Neues Sportzentrum: "Das Konzept haben wir entwickelt, falls sich der Betrieb Richtung Stadion erweitert und Ersatz gebraucht wird. Dann könnte man dort eine Halle hinbauen mit Kleinspielfeld, 100 Meter Laufbahn und Weitsprungbahn. Dazu noch eine Parkgarage mit 225 Stellplätzen auf den privaten Grundstücken. Allein auf dem städtischen Grundstück wäre die 100 Meter Bahn nicht zu realisieren", sagt Maier.
Oberbürgermeister Peter Rosenberger betont: "Das ist ein Szenarium. Bosch-Rexroth hat uns signalisiert, dass es in den nächsten fünf Jahren keine Ambitionen zur Erweiterung hat. Die vorhandene Schulturnhalle wird für zwei Millionen Euro saniert, auch die Tartanbahn ist gemacht. In der Metallbranche ist im Moment dazu das Thema eher Kurzarbeit. Theoretisch ginge auf dem Leuco-Areal eine Sportnutzung natürlich."
Wohnen
Altes Gebäude, neues Wohnen: Mit dem teilweisen Erhalt der Leuco-Bürogebäude. Problem hier, so Maier: "Das ist kaum realisierbar aufgrund des Geländeschnitts. Die Wohnhäuser müssten dann dem Niveau der Ihlinger Straße angepasst werden. Deshalb wäre ein kompletter Abriss sinnvoll, um den Höhenunterschied auf dem Gelände stufenweise bewältigen zu können." Bei diesem Modell mit Parkhaus für 100 Stellplätze könnten 50 Wohneinheiten entstehen.
Platz für bis zu 92 Wohnungen: Dieses Szenario von Balduaf Partner sieht drei Wohn- und Geschäftshäuser an den Kelterwiesen und der Stadionstraße vor. Sie haben insgesamt 400 Quadratmeter Gewerbefläche. Insgesamt passen dann noch zehn Mehrfamilienhäuser mit 92 Wohneinheiten auf alle Grundstücke. In den Erdgeschossen an der Stadionstraße ist eine soziale Nutzung beispielsweise für Begenungsräume möglich.
Alternativ könnte entlang der Ihlinger Straße ein Discounter mit 800 Quadratmeter Verkaufsfläche ansiedeln. Dann wäre noch Platz für sieben Mehrfamilienhäusern mit 63 Wohneinheiten.
Ärztehaus
Das Ärztehaus: Das Gesundheitszentrum im nächste Szenario kann auf dem Leuco-Areal bis zu 6000 Quadratmeter brutto groß werden. Es kann entweder mit einem Discounter auf der Gesamtfläche (mit Privatgrundstücken) verteilt werden, erklärt Maier.
Oder das Gesundheitszentrum wird – so der Vorschlag der Experten – über einem Discounter mit 1400 Quadratmeter Verkaufsfläche auf zwei Etagen draufgesetzt. Dann könnte man sowohl von der Ihlinger Straße ebenerdig in das neue Gesundheitshaus oder vom Discounter aus mit dem Fahrstuhl einfahren. Daneben – immer noch auf dem städtischen Grundstück – könnte noch ein Mehrfamilienhaus mit zehn Wohnungen entstehen. In diesem Konzept gibt es Platz für vier Praxen mit bis zu 385 Quadratmeter Grundfläche und auf der Ebene der Ihlinger Straße ist noch Raum für eine Apotheke oder ein Sanitätshaus sowie ein Café. Die Tiefgarage wäre bei diesem Szenario unter dem Discounter.
Wie sind Chancen für ein Gesundheitszentrum? OB Rosenberger: "Gesundheit ist das Thema, was uns richtig umtreibt. Seit der Schließung des Krankenhauses hat eine Abwärts-Spirale begonnen. Mit dem Leuco-Areal und einem möglichen Gesundheitszentrum haben wir einen neuen Impuls. Wir können keinen Arzt in dieses Areal zwingen. Im Moment untersuchen wir die nähere Raumschaft nach Ärzten, die sich vorstellen können, dort hinzugehen. Ich hoffe, wir haben bis zum Jahresende hier mehr Klarheit."
Er betont weiter, dass auch der Discounter nur ein Szenario ist: "Wir müssen dort keinen Supermarkt zulassen. Klar ist aber auch: Wenn wir Handel an dieser Stelle auswiesen, hat die Verwaltung schwer die Möglichkeit, dort einen möglichen Discounter zu verhindern."
Rosenberger weiter: "Wir sollten nicht zu viel auf dem Leuco-Areal abwälzen. Wohnen wird der einzige Schwerpunkt sein, den wir dort wegen des angrenzenden Gewerbes nicht komplett gehen können."
Diskussion
Dann startet die Diskussion. Viviana Weschenmoser (SPD): "Die Frage, was sich im Boden verbirgt, ist noch nicht geklärt." Zwar hatte OB Rosenberger in der Vergangenheit schon betont, dass es wegen möglicher Altlasten ein Gutachten gibt. Demnach werden die Abrisskosten inklusive Altlastenentsorgung zwischen 800 000 und einer Million. Euro geschätzt. Doch was sich wirklich im Boden verbirgt, weiß man erst, wenn man buddelt, bruddelt nicht zu unrecht Thomas Bauer (BiM).
Alle gegen Discounter
CDU-Fraktionschef Michael Keßler: "Wir sehen dort keinen Discounter. Eher wohnen und kleinen Handel. Das wir an dieser Stelle ein Gesundheitszentrum prüfen, sehen wir als Vorteil. Das ist ein Frequenzbringer für die Innenstadt." OGL-Fraktionschef Luis Schneiderhan: "Einen weiteren Discounter lehnen wir ab. Wenn man Gewerbefläche ausweist, dann so klein, dass die Fläche für Discounter unattraktiv ist." Hermann Walz (ULH): "Einzelhandel ist dort absolut nicht maßgeblich, in der Nachbarschaft gibt es genug."
Sowohl Dieter Rominger-Seyrich (SPD) und Wolf Hoffmann (OGL) fordern, auch das bisherige Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) im Krankenhaus in die Überlegungen mit einzubeziehen. Rominger-Seyrich: "Ich hätte die Sorge, dass man diesen Standort schwächen könnte." Hoffmann, auch Kreisrat: "Es bringt nichts, wenn durch das Gesundheitszentrum das MVZ geschlossen werden muss und Horb den Abmangel über die Kreisumlage an anderer Stelle zahlen müsste."
FD/FW-Fraktionschefin Margarete Rebholz, selbst Frauenärztin: "Die Fragen der Gesundheitsversorgung werden immer drängender. Wir sollten Möglichkeiten für Nachfolger der Ärzte finden. Wir in der Fraktion sind eher für Wohnen im Mischgebiet und Gesundheitsversorgung. Andere Nutzungen dort sind weniger wichtig."
Rominger-Seyrich und sein OGL-Kollege Schneiderhan betonen noch, dass hier Platz für ökologisch-soziales Wohnen wäre. Schneiderhan: "Dachbegrünung und Urban Gardening sollten in den Workshop mit Bürger miteinbezogen werden."
Bei einer Gegenstimme von Thomas Bauer wurde die Zielrichtung verabschiedet, dort eine "gemischte Nutzung mit Handel, ärztlicher Versorgung, Wohnen und Dienstleistungen" weiter zu verfolgen.