Warnschuss in Rot: Gewerkschaftsmitglieder unterstreichen mit einem ersten Ausstand bei Bosch Rexroth in Horb ihre Forderungen – unter anderem wollen sie sechs Prozent mehr Geld für ihre Arbeit. Foto: Müssigmann Foto: Müssigmann

Gewerkschaft stützt Forderungen auf gute Auftragslage. "Wir holen uns ein Stück vom Kuchen".

Horb/Empfingen - Im Arbeitskampf in der Metall- und Elektroindustrie wurden zwei Betriebe in der Region bestreikt: Bei Bosch Rexroth in Horb und Ceratizit in Empfingen ist ein großer Teil der Belegschaft dem Aufruf der IG Metall gefolgt und hat die Arbeit niedergelegt.

Zum Beginn der Nachtschicht von Mittwoch auf Donnerstag standen bei Bosch Rexroth Gewerkschaftsvertreter an den Eingängen zum Werk und haben zum Streik aufgerufen, erzählt Betriebsrat Hans-Peter Kopf kurz vor der Kundgebung am Donnerstagmorgen. "Aber es kam ja keiner!" Auch der Betriebsratsvorsitzende von Ceratizit in Empfingen, Hartmut Friesinger, berichtet von einer überwältigenden Teilnahme am Warnstreik. In beiden Firmen stand die Produktion nach Gewerkschaftsangaben still. Bei den Kundgebungen am Morgen waren viele Mitarbeiter in roter Streikweste dabei, sie schwenkten rote Fahnen, applaudierten und machten Krach mit Trillerpfeifen, nachdem die Gewerkschaftsvertreter zu den Streikenden gesprochen hatten.

Die Gewerkschaft fordert eine Lohnerhöhung von sechs Prozent und die Möglichkeit, dass Mitarbeiter ihre Arbeitszeit bei einem gewissen Lohnausgleich auf bis zu 28 Wochenstunden reduzieren können.

Für die Arbeitgeber sei der Zeitpunkt der Auseinandersetzung ungünstig, sagt Bosch-Rexroth-Betriebsrat Hans-Peter Kopf. Die gute Auftragslage stütze die Argumenten der Arbeitnehmer. Sie fordern eine Beteiligung an der guten Entwicklung. "Wir holen uns ein Stück vom Kuchen", rief in Horb der Betriebsratsvorsitzende Alexander Plaz den Streikenden zu.

Die Forderung nach mehr Lohn findet viel Zustimmung. Zwar sei der Verdienst nicht schlecht, sagte Thomas Schenk, der seit 36 Jahren bei Bosch Rexroth arbeitet. Aber jeder, der einkaufen gehe, sehe ja, dass alles teurer werde, klagt er. "In Zeiten, wo die Arbeitgeber so gut verdienen, verstehe ich nicht, dass sie sich so zieren, eine angemessene Lohnerhöhung zu geben."

Die zweite Forderung nach einer Möglichkeit zur Reduzierung der Arbeitszeit wäre aus Sicht des Empfinger Betriebsratsvorsitzenden Friesinger zukunftsorientiert und fortschrittlich. Er berichtet von einer Kollegin, die ihre Arbeitszeit eigentlich reduzieren müsste, weil sie ihren Mann pflegt – doch dann würde ihr das Geld nicht mehr reichen, so Friesinger. Es seien zwar nur einzelne Mitarbeiter, die für eine gewisse Zeit weniger arbeiten wollen – allerdings sei es für sie umso dringender, die Möglichkeit dazu zu bekommen.

"Wir wollen auch Flexibilität, wenn es bei uns zählt", sagte die erste Bevollmächtigte der IG Metall Freudenstadt, Dorothee Diehm. Die reduzierte Arbeitszeit könnte auch an dem Ende eines langen Arbeitslebens Entlastung bieten. Michael Schlotter war 30 Jahre bei Bosch Rexroth und berichtet, dass ihm der Dreischichtbetrieb mit wöchentlichem Wechsel zwischen Früh-, Spät- und Nachtschicht mit der Zeit an die Substanz ging. "Ich konnte irgendwann nicht mehr schlafen", sagt er. "Und für die Family hat man keine Zeit." Inzwischen ist er in Rente und aus Solidarität zum Streik gekommen.

Zur Unterstützung sind auch Vertreter anderer Firmen, unter anderem L’Orange und Boysen, zu den Kundgebungen gekommen.

Die Unternehmen beantworteten am Donnerstag keine Fragen zum Streik. Bosch Rexroth verwies auf den Arbeitgeberverband als Ansprechpartner. Sollte er sich mit den Arbeitnehmern in der nächsten Tarifrunde nicht einigen, kündigen die Gewerkschaftsvertreter eine Urabstimmung für einen unbefristeten Streik an.