Die Steinbruch-Diskussion in Talheim zeigte, unter welchen schwierigen Bedingungen Ortschaftsräte manchmal Entscheidungen treffen müssen. Foto: Hopp

Kurz vor Kommunalwahlen zeichnet sich ab: Es wird knapp mit den Kandidaten. Gegentrend in Ahldorf.

Horb - Stecken die Ortschaftsräte in der Krise? Kurz vor den Kommunalwahlen zeichnet sich ab: Es wird knapp mit den Kandidaten.

Talheims Ortsvorsteher Anton Ade schlägt Alarm: "Die Kandidatensuche für den Ortschaftsrat Talheim verläuft eher schleppend. Es haben sich bisher erst wenige Bürger verbindlich bereit erklärt, für den Ortschaftsrat Talheim zu kandidieren. Aktuell liegen erst sieben offizielle Zustimmungen vor, zu besetzen sind jedoch zwölf Sitze."

Doch woran liegt das? Hat keiner mehr Bock auf Ortschaftsrat? Ade: "Ich denke, das ist Ausdruck der Krise des Ehrenamts. Wer mitbekommen hat, unter welchen Druck die Ortschaftsräte wegen der Steinbruchdiskussion gestanden haben, kann das auch nachvollziehen. Obwohl die Entscheidungen gefällt werden müssen. Deshalb habe ich im Spätsommer vorgeschlagen, die Liste von zwölf Ortschaftsräten zu verkleinern. Doch das wurde abgelehnt."

Talheim ein besonderer Fall?

Ade ruft deshalb alle Talheimer auf: "Bewerbt Euch als Ortschaftsräte." Der Ortsvorsteher: "Es ist erst dann eine echte Wahl, wenn man 20 Prozent mehr Kandidaten auf der Liste hat als Sitze im Ortschaftsrat. Vor fünf Jahren sind Egon Klink und ich vor der Aufstellungsversammlung durch das Dorf gelaufen und haben noch die letzten Kandidaten überredet. Ich denke, so läuft das in jedem Ortsteil, auch wenn es keiner sagt."

Doch Talheim ist möglicherweise ein besonderer Fall. Der Ortschaftsrat hatte Hermann Walz (ULH) zum stellvertretenden Ortsvorsteher gewählt (sieben zu fünf Stimmen im zweiten Wahlgang). Im Gemeinderat hatte OGL-Fraktionschef Markus Pagel eine geheime Abstimmung über diese Wahl des Ortschaftsrats gefordert. Und bekommen. Ergebnis: 20 Nein-Stimmen, sechs Ja-Stimmen. Damit wurde die Wahl von Walz als ungültig erklärt (wir berichteten). Ein Zuschauer hatte damals kommentiert: "Das zeigt, wie weit sich die Kernstadt von den Ortsteilen entfernt hat und die Entscheidungen des Ortschaftsrats ignoriert." Frustriert das Wahl-Drama um Walz mögliche Talheimer Kandidaten? Ade: "Das ist pure Spekulation. Manche mögen denken, deshalb mach ich es nicht. Andere Kandidaten denken: Gerade deswegen trete ich an!"

Liegt es an der kargen Aufwandsentschädigung? Der Talheimer Ortsvorsteher bekommt 1730 Euro Aufwandsentschädigung im Monat. Ortschaftsräte bekommen 20 Euro pro Sitzung.

Ortsvorsteher Ade kommentiert: "Entlohnung? Für mich ist die Arbeit als Ortschaftsrat persönliches Ehrenamt. Wegen ein paar Euro scheitert das nicht. Der Zeitaufwand hält sich mit sieben bis zehn Sitzungen im Jahr für Ortschaftsräte auch in Grenzen!"

Auch in Dettingen ist Bereitschaft geringer geworden

Und was passiert, wenn die Talheimer oder andere Ortschaftsräte die Liste von zwölf maximalen Kandidaten nicht voll bekommen? Ade: "Dann gilt: Wenn ein Wähler den Namen eines Bürger auf den Stimmzettel schreibt, ist dieser ein potenzieller Nachrücker für den Ortschaftsrat." Doch in Bildechingen ist es beispielsweise aktuell schon so, dass das Gremium um eine Person dezimiert ist, weil es keinen Nachrücker mehr gibt. Am kommenden Mittwoch wollen Ade und Co. in einer Infoveranstaltung (ab 19.30 Uhr in der Klosterscheuer, Forellenstraße) weitere Kandidaten finden.

Die Krise bei den Kandidaten für den Ortschaftsrat – ist das wirklich überall so? Josef Nadj (CDU), Ortsvorsteher von Dettingen: "Wir sind dran an der Ortschaftsratsliste. Die Bereitschaft ist aber spürbar geringer geworden. Es ist nicht so einfach, die Leute zu überzeugen. Das kann man den Bürgern auch nicht verdenken: Die Arbeitsanforderungen sind härter geworden – auch die Notwendigkeit, flexibel zu bleiben. Da überlegen es sich die Menschen schon ganz genau, ob sie sich fünf Jahre für die Tätigkeit als Ortschaftsrat verpflichten und welche weitergehenden Konsequenzen das haben kann."

Auch Ulrich Beuter, Ortsvorsteher von Bildechingen, berichtet von der schwierigen Suche. "Sieben machen sicher weiter, zwei hören definitiv auf. Sechs Interessierte überlegen es sich gerade. Doch es ist nicht leicht, Freiwillige zu finden. Oft wird natürlich der Zeitfaktor angegeben."

Ute Albers, Ortsvorsteherin von Dettensee, hört selbst auf und zeichnet ein eher pessimistisches Bild: "Wenn man sieht, dass der Sportverein seit einem Jahr ohne Vorstand ist, dann weiß man, wie groß das Interesse an einem Ehrenamt ist." Die Rexinger Kollegin Birgit Sayer sagt: "Es ist nicht einfach. Die Bürger haben aufgrund der vielen Projekte im Ort gesehen, wie viel Arbeit diese Aufgabe mit sich bringt." In Rexingen sei man aber auf einem guten Weg. "Uns ist es wichtig, dass die Bürger auch die Wahl zwis chen Kandidaten haben."

In Ahldorf mehr Engagement

Ganz anders die Lage in Ahldorf. Hier hat das geplante, umstrittene Gewerbegebiet und der Widerstand gegen die Pläne der Stadt Horb offenbar dazu gefühlt, dass sich mehr Bürger politisch engagieren wollen. Ortsvorsteher Hartmut Göttler: "Das politische Interesse am Ortschaftsrat ist seit der Auseinandersetzung größer geworden. Von den neuen Ortschaftsräten machen acht weiter, wir haben mindestens fünf neue Kandidaten. Wir gehen von einer Liste aus, die Platz für bis zu 18 Kandidaten hat. Die neuen, bisher gefundenen Kandidaten sind auch jünger als der jetzige Altersdurchschnitt im Gremium von 57 Jahren."

Positive Signale gibt es auch aus Mühringen. "Wir haben auch einige junge Leute, die kandidieren wollen. Und mit mir sind es insgesamt fünf Frauen", berichtet Monika Fuhl. Auch in Isenburg sieht es gut aus. Jürgen Grassinger: "Fünf von sieben Räten hören auf, aber auf der neuen Liste stehen bereits neun. Und möglicherweise wird es sogar in Isenburg eine zweite Liste geben. Das ist für diesen kleinen Ort erstaunlich."

Und in einer weiteren kleineren Ortschaft gibt es eine Positiv-Meldung. Fridolin Weckerle, Ortsvorsteher von Dießen, sagt: "Wir haben sieben Sitze und zehn Kandidaten. Es zahlt sich aus, sich richtig reinzuhängen."