Seit Dezember 2017 rollt der neue Intercity 2 über die Gäubahn. Foto: Schmidt

Neuer IC stellt Fahrgäste vor Probleme. Kritik an Abschaffung der kostenlosen Fahrradmitnahme. Mit Kommentar.

Horb - Seit Dezember 2017 ist der Intercity 2 auf der Gäubahn-Strecke unterwegs – und sorgt seitdem immer wieder für Irritationen. Die könnten jetzt in der Fahrrad-Saison zunehmen. Die Tourismus-Verbände aus der Region fordern bereits Nachbesserungen.

Die Gäubahn-Strecke, wie sich die Zugstrecke zwischen Stuttgart und Singen nennt, musste in der Vergangenheit viele Tiefschläge hinnehmen. Die Zeiten, in denen der italienisch-schweizerische Cisalpino direkt bis nach Mailand rauschte und dabei auch viermal täglich in Horb hielt, sind seit 2007 vorbei. 2010 musste schließlich der Abzug des Bahn-Flaggschiffs ICE hingenommen werden. Selbst für den Intercity – zuletzt nur noch von den Schweizer Bundesbahnen betrieben – drohte das Abstellgleis. Dann aber zauberte die Bahn zum Fahrplanwechsel am 10. Dezember 2017 den doppelstöckigen Intercity  2 aus dem Hut, der im Dezember 2015 auf der Strecke Leipzig – Hannover – Norddeich seine Deutschland-Premiere feierte.

Die Bahn lobt den doppelstöckigen Zug, der sowohl als Intercity (IC) als auch Regionalexpress (RE) unterwegs ist, in höchsten Tönen. "Das neue Angebot und die neuen Züge werden durch unsere Kunden sehr gut angenommen", sagt ein Bahnsprecher über die Einführung auf der Gäubahn-Strecke auf Nachfrage des Schwarzwälder Boten. Fahrgast- und Tourismusverbände sind allerdings nicht ganz so euphorisch.

VCD kritisiert: "Kundenverarschung"

Äußerlich unterscheidet sich der Intercity 2 nicht von den doppelstöckigen Regionalzügen, die seit Jahren in Deutschland unterwegs ist. Einziger Unterschied: Die Regionalzüge sind rot lackiert, der Intercity 2 ist weiß angestrichen. Die Innenausstattung ist optisch an den normalen Intercity angelegt, jedoch nicht die gleiche. Auch ein Bordbistro gibt es nicht. Fahrgastverbände kritisieren, dass der Intercity 2 eigentlich nichts anderes sei als ein weiß lackierter Regionalzug. "Kundenverarschung", schreibt etwa der Verkehrsclub Deutschland (VCD) in einer Pressemitteilung.

Kompliziertes Preissystem

Für Irritationen sorgt auch am Horber Bahnhof immer wieder, dass für Intercity 2 unterschiedliche Preissysteme gelten. Da er sowohl als IC als auch als RE verkehrt, können für den gleichen Zug zwei verschiedene Fahrkarten gelöst werden. So kostet etwa die einfache RE-Fahrkarte von Horb nach Stuttgart 15,50 Euro. Für das IC-Ticket werden hingegen 17,50 Euro fällig. Unterschiedliche Sitzplätze stehen im Zug aber nicht zur Verfügung. Es macht bei der Platzwahl also keinen Unterschied, ob man einen IC- oder RE-Fahrschein besitzt. Natürlich kommt man mit dem einem Ticket auch keine Sekunde schneller an als mit dem anderen.

Noch verrückter: Da der Intercity 2 sowohl als IC als auch RE verkehrt, könne es sein, dass für ein und denselben Zug unterschiedliche Verspätungsprognosen erstellt werden – sagt Stefan Buhl vom Fahrgastverband Pro Bahn im Gespräch mit unserer Zeitung. Auch hier gilt: In Wirklichkeit hat ein Teil des Intercity 2 nicht mehr Verspätung als der andere, sondern der Zug kommt immer als Ganzes im Bahnhof an.

Dass es für den Intercity 2 zwei verschiedene Preissysteme gibt, nennt Buhl aus Sicht des Fahrgastes "nicht schön". Dennoch gibt der Pro-Bahn-Sprecher zu bedenken: "Das hat politische Gründe, dass sich der Zug Intercity nennt. Alternative wäre, dass der Fernverkehr auf der Gäubahn sonst ganz eingestellt wird." Oder anders gesagt: Mehr als ein weiß lackierter Regionalzug ist für die Gäubahn nicht mehr drin.

Anders als der Bundesverband des VCD schlägt der baden-württembergische Landesverband in puncto Intercity 2 eher gemäßigte Töne an. Der aus Mühlacker stammende Landesvorsitzende Matthias Lieb sagt gegenüber dem Schwarzwälder Boten: "Ich sehe das nicht so dramatisch wie meine Kollegen im Osten. Man kann jetzt einen Fernverkehrszug zum Preis eines Nahverkehrszug nutzen." Dass die unterschiedlichen Preissysteme für den gleichen Zug manch einen Fahrgast irritieren, kann Lieb nicht nachvollziehen: "Da muss man sich einfach vorher mal schlau machen."

Fahrradmitnahme ist nicht mehr kostenlos

Was allerdings auch der baden-würrtembergische VCD-Vorsitzende einräumt: Für Fahrradfahrer ist die Einführung des Intercity    2 ein echter Nachteil. Denn: War bis zum 10. Dezember 2017 die Fahrradmitnahme in den rot lackierten Doppelstockzügen kostenlos, muss nun mit weißer Lackierung eine 4,50 Euro teure Reservierung für das Zweirad gelöst werden – falls noch Platz vorhanden ist. Ein Multifunktionsabteil wie in den rot lackierten Doppelstockzügen gibt es im Intercity 2 nicht mehr. Dort stehen nur noch sechs Fahrradplätze zur Verfügung.

Vor allem deshalb schlagen die entlang der Gäubahn angesiedelten Tourismusverbände Alarm. Neben den Schwergewichten Bodensee, Schwarzwald und Schwäbische Alb gehört dazu auch der Neckartalradweg, der erst zu Beginn des Jahres vom ADFC zum Vier-Sterne-Radweg hochgestuft wurde. Für Kathleen Lumma, Sprecherin des Neckartalradwegs, sei die Einführung des Intercity 2 "ein Rückschritt für Radfahrer". Sie unterstreicht: "Während bisher die kostenfreie Fahrradmitnahme im Nahverkehr möglich war, müssen Radfahrer auf der Strecke nun Fahrradplätze reservieren und zahlen. Hinzu kommt, dass im Buchungssystem der Bahn nicht ersichtlich ist, dass es sich um einen IC handelt. Angezeigt wird ein RE. So buchen Radfahrer in gutem Glauben einen Nahverkehrszug mit kostenfreier Fahrradmitnahme und werden am Bahnsteig von einem IC überrascht, in dem die Räder nur mit entsprechender Reservierung mitgenommen werden können." Lumma fordert daher, dass die Regelung "dringend korrigiert werden sollte".

Kommentar: Schöne, alte Zeit

Von Tim Geideck

Gut zehn Jahre ist es erst her, als durch Horb viermal pro Tag ein Hauch von Bella Italia wehte. Dann nämlich, wenn der stilvolle Cisalpino auf seiner Fahrt von Stuttgart nach Mailand auch in Horb hielt. Die Zeiten des CIS sind inzwischen jedoch genauso gezählt wie die des ICE. Heute lässt die Bahn einen weiß lackierten Regionalzug über die Gäubahn zuckeln, vermarktet ihn als Intercity und verwirrt seine Fahrgäste mit zwei verschiedenen Preissystemen. Dass auf einer Zugstrecke, die durch die bedeutenden Tourismusregionen Bodensee, Schwarzwald und Schwäbische Alb führt, durch die Einführung des Intercity 2 die Fahrradmitnahme nicht mehr kostenlos ist, klingt dann endgültig wie ein schlechter Scherz. Als Fahrgast fragt man sich: Ist die Gäubahn so unrentabel geworden, dass man nur noch die Holzklasse vorgesetzt bekommt? Arrivederci, du schöne, alte Bahnzeit.