Finden die jungen Familien Horb attraktiv? Die Verwaltung arbeitet daran, dass diese Frage positiv beantwortet wird. Foto: Hopp

Horb stemmt sich gegen Landestrend: Einwohnerzahlen des Statistischen Landesamtes kein Zeichen mangelnder Attraktivität.

Horb - Für junge Menschen unattraktiv, von Einwohnerschwund geplagt und schon lange das Sorgenkind im Landkreis – dieses Bild zeichnen die Zahlen des Statistischen Landesamtes von Horb (wir berichteten). Dass die Wirklichkeit bei Weitem nicht so bedenklich ist, kann die Stadtverwaltung mit Zahlen und Fakten belegen.

Die Bevölkerungszahl im Kreis schrumpft und die Menschen werden zudem immer älter. Über diesen Trend berichteten wir in unserer Dienstagsausgabe ("Horb bleibt ein Sorgenkind im Landkreis"). Als Grundlage diente die Einwohnerstatistik des Statistischen Landesamtes. Ein Zahlenwerk, das mit Tücken behaftet ist – vor allem, wenn es als Nachweis für die Attraktivität einer Stadt oder die Fortschritte kommunaler Politik dienen soll.

Kasernenschließung führt zu Abwanderung

Das Bild vom zunehmend kleineren, "graueren" Horb. Was ist daran falsch? "Es stimmt, dass es diesen Trend landesweit gibt, doch Horb stemmt sich massiv dagegen", sagt Oberbürgermeister Peter Rosenberger im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten. Allein schon der Verlust von 579 Einwohnern im Jahr 2011 war von jeglicher Attraktivitäts-Thematik weit entfernt. In diesem Jahr verließen knapp 300 Saisonarbeiter eines landwirtschaftlichen Betriebes die Stadt, und die Schließung der Hohenbergkaserne führte zu eine Abwanderung von Bundeswehr-Bediensteten (von denen viele gerne in Horb geblieben wären, wie damals aus Kreisen des Lazarettregments mit Bedauern berichtet wurde).

Dass Horb bis 2030 laut Statistik vielleicht 1078 Einwohner verlieren wird, ändert laut Rosenberger nichts an einer anderen Tatsache: "Selbst wenn das zutrifft, werden wir auch 2030 mit Abstand die größte Stadt im Kreis sein."

Auch der städtische Wirtschaftsförderer Axel Blochwitz argumentiert: Wie Horb sich wirklich entwickelt hat, und warum statistische Vergleiche mit anderen Städten den Blick trüben können, zeigt die längere Statistikspanne. 1990 hatte Horb noch 23 000 Einwohner. Einer markanten Wachstumsphase folgte in den Jahren 2007 und 2008 eine Stagnation. Heute liegt die Stadt bei knapp 25 000 Einwohnern. Blochwitz: "Freudenstadt hatte 1990 rund 22 500 Einwohner. Heute sind es rund 23 000. Die Stadt durfte einen Zuwachs, wie es ihn in Horb gab, gar nicht erleben und liegt seit Jahren auf dem gleichen Niveau."

Noch drastischer zeigt sich die "statistische Verzerrung" bei Empfingen. Laut Landesamt ist die Kommune eine der wenigen im Kreis, die bis 2030 mit einem Bevölkerungszuwachs rechnen darf. "Empfingen hatte Mitte 1994 rund 7700 Einwohner. Heute sind es nur noch rund 4000", so Blochwitz.

Dass Statistiken nicht als Gradmesser für die Attraktivität einer Stadt herhalten können, hat aber laut Rosenberger noch wichtigere Gründe. Mehrere "weiche" Standortfaktoren fallen durchs kalkulatorische Netz. "Zum Beispiel, dass wir schon vor vielen Jahren angefangen haben, dem Trend dem Bevölkerungsschwund entgegenzuwirken. Das ging schon vor meiner Amtszeit los." Die Behauptung, dass Horb mit seinen 17 Ortsteilen plus Kernstadt für junge Leute uninteressant sei, stamme nicht von ihm, so Rosenberger. "Es stimmt, dass es nicht leicht ist, 22 Kindergärten und viel mehr Grundschulen als andere Städte zu unterhalten. Doch darin liegen auch Vorteile. Unsere Vereine können über so viele Sportstätten pro Einwohner verfügen wie kaum eine andere in Baden-Württemberg. Es gibt zum Beispiel 34 Tennisplätze."

Was auch nicht in der Statistik steht: An jeder Horber Grundschule wird Betreuung bis in die frühen Abendstunden angeboten. "Das gibt es sonst nirgendwo", so der OB. Auch bei der Bürgerbeteiligung sei Horb mit an der Spitze im Land. "Nicht von ungefähr ist Horb hier Modellprojekt-Kommune des Städtetags."

Eine Schwäche Horbs sei die relative Nähe zu Zentren wie Tübingen, Böblingen oder Stuttgart, wo es viele hinzieht. Deshalb kämpft man in Horb so hartnäckig für Verbesserungen – und hofft auf mehr Unterstützung vom Landkreis. Rosenberger: "Seit 2009 haben wir über vier Millionen Euro mehr Kreisumlage an das Landratsamt bezahlt als Freudenstadt." In Freudenstadt seien dagegen einige Institutionen beheimatet, die zur Steigerung der Qualität einer Stadt beitragen: Krankenhaus, Landratsamt, Außenstelle des Regierungspräsidium, Volkshochschul-Zentrale, Hauptsitz der Kreissparkasse... "Da darf man mit Respekt darauf verweisen, wie gut Horb trotzdem aufgestellt ist."

Letztlich könnte sich vielleicht sogar der Kern der Statistik als trügerisch erweisen, denn in den vergangenen Monaten gab es einen positiven Trend. Axel Blochwitz: "Zwischen 31. Dezember 2013 und 31. August sind genau 100 neue Bürger nach Horb gezogen."