Abstandhalten ist schwierig: Narren und Zuschauer kommen sich bei der Fasnet nah. Foto: Archivbild

Freundschaftsring entscheidet Ende September. Totalausfall kann sich kaum einer vorstellen.

Horb/Region - Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) möchte die Fasnets- und Karneval-Saison 2020/2021 offenbar ausfallen lassen. Unvorstellbar für die Narren. Die Zünfte in der Region arbeiten bereits an Konzepten, wie eine Fasnet trotz des Coronavirus gelingen kann – wenn auch anders als gewohnt.

 

"Die Fasnet ist ein Termi n im Kalender und lässt sich genauso wenig verschieben oder absagen wie Weihnachten. Außerdem geht es dabei ja auch gegen die Obrigkeit, deshalb wäre ein komplettes Verbot das falsche Signal", meint der Ringpräsident des 26 Narrenzünfte umfassenden Närrischen Freundschaftsrings Neckar-Gäu , Thomas Fischer, im Gespräch mit unserer Zeitung.

Lagebesprechung Ende September

Die Arbeitsgemeinschaft südwestdeutscher Narrenvereinigungen und -verbände, die rund 700 Zünfte im Südwesten vertritt, und der auch der Närrische Freundschaftsring Neckar-Gäu angehört, wird sich am 30. September in Bad Dürrheim treffen, um dort die Lage zu besprechen. "Danach werden wir sagen können, wie es weitergeht, aber bis dahin muss man eben abwarten", erklärt der Ringpräsident.

Klar ist dabei schon jetzt: Die Beteiligten sind gegen ein generelles Verbot der Ausübung des Brauchtums. "Wir wollen prüfen, welche Veranstaltungen wir durchführen können – natürlich immer mit Hygienekonzept und entsprechenden Maßnahmen", erklärt Fischer und nennt als Beispiele dafür, was möglich sein könnte, die Amtsenthebungen der Bürgermeister oder auch kleine Umzüge in den jeweiligen Heimatorten der Narrenzünfte. Dennoch: "Eine klassische Fasnet wird es nicht geben und die ganz großen Veranstaltungen wie Jubiläen haben wir bereits verschoben." Auch der "Fastnachts-Tourismus", bei dem die Zünfte sich gegenseitig besuchen und die Narren im Reisebus unterwegs sind, wird nicht möglich sein.

Pandemie soll Brauchtumspflege nicht stören

Das schwäbisch-alemannische Brauchtum zu pflegen, auch trotz der Corona-Pandemie, ist den Akteuren wichtig. Und dazu gehören eben nicht nur die großen Feste und langen Umzüge. Deshalb biete die aktuelle Situation auch eine Chance für die Narren, ist sich Ringpräsident Fischer sicher: "Für uns ist es wichtig, dass die örtliche Fasnet wieder mehr entdeckt wird und vielleicht der ein oder andere Brauch, der gepflegt wird, wieder mehr in den Vordergrund gerückt wird. Davon versprechen wir uns derzeit viel."

Aktuell erarbeiten die Zünfte individuell und gemeinsam Lösungen, wie die kommende Fasnet aussehen könnte. Karlheinz Lang, der Vorsitzende der Narrenzunft "Zigeuner" Untertalheim, verweist auf den Termin Ende September. Erst dann werde die Entscheidung fallen, und erst dann werde man sich zum Thema äußern. Was er allerdings sagt: Die Fasnet könne nicht einfach so ausfallen. Und: "Wir planen ganz normal die Fasnet 2021, ohne Abstriche."

Michael Schröter, der Vorsitzende des Narrenvereins Dießen 1864, ist noch recht entspannt. Das liegt auch daran, dass in Dießen eine Fleckenfasnet gefeiert wird. Den Narrenverein zieht es also nur in Ausnahmefällen auswärts. Solche eine Ausnahme war etwa das Jubiläum zum 60-jährigen Bestehen der "Schneckengraber"-Zunft Dettingen.

Ansonsten wird vom Schmotzigen bis zum Fasnetsdienstag daheim gefeiert – unter anderem mit zwei Bällen und zwei Umzügen. Auch zu dem am Rosenmontag kommen nur wenige Musiker und Gruppen von außerhalb.

Klein und mit Vorschriften statt ganz verbieten?

Schröter geht davon aus, dass die Politik die Fasnet absagen wird. Im Falle eines Verbots müsse man schauen, ob nicht doch in noch kleinerem Rahmen und bei Einhaltung von Hygienevorgaben eine Fasnet möglich sei. Zumal er immer wieder von Dießenern die Rückmeldungen erhält, dass sie doch nicht einfach ausfallen könne. Seine Hoffnung ist, dass dem Narrenverein zugute kommt, dass etwa 85 Prozent aller Feiernden Einheimische sind. "Wir sind aktuell noch relaxt", sagt Michael Schröter. Wohl wissend, dass es größere Zünfte, die mit langem Vorlauf große Veranstaltungen planen, mit der Unsicherheit schwerer haben.

Gerhard Munding, einer der vier Zunftmeister der Narrenzunft Horb, berichtet, dass er und seine Kollegen noch nicht überlegen, wie sie es an der Fasnet machen wollen. "Das machen wir dann, wenn es soweit ist." Entschieden werde Ende September, Anfang Oktober. Die Horber Zunft ist eines der Gründungsmitglieder des Närrischen Freundschaftsrings. Bisher ist die Fasnet erst einmal zwangsweise ausgefallen, das war wegen des Irakkriegs 1991. Munding war damals erst 13 Jahre alt und natürlich noch nicht mitverantwortlich. Dennoch meint er im Rückblick, es sei eine falsche Entscheidung gewesen damals. Die Corona-Situation sei allerdings nicht zu vergleichen mit der vor 30 Jahren. Mit welchen Gefühlen er derzeit auf die Fasnet 2021 blickt? "Meine Gefühlslage ist der Urlaubsmodus", meint er.

"Es wird eine Fasnet 2021 geben"

Thomas Joachim, Zunftmeister der Narrenzunft Empfingen, hat bereits eine klare Meinung zur kommenden Fasnetssaison. Unserer Zeitung sagt er: "Es wird eine Fasnet 2021 geben, dies steht für mich außer Frage – wie diese aussieht, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch niemand verlässlich sagen." Fasnet beschreibt Joachim als ein Lebensgefühl. Er weist darauf hin, dass die Fasnet fest im Jahreskreislauf verankert ist. "Diesen Zeitraum im Jahr kann man nicht einfach absagen – bei Weihnachten oder der vorweihnachtlichen Adventszeit kommt doch auch niemand auf die Idee, diese Zeitspanne einfach aus dem Kalender zu tilgen."

Auf der anderen Seite gelte es, mit der Pandemie umzugehen. Joachim sagt: "Die Pandemie erfordert Maßnahmen zum Schutz – vor allem der Risikogruppen. Mein schönstes Fasnetserlebnis hat mit einem 90. Geburtstag beziehungsweise der Geburtstagsfeier einer wahrhaften Närrin zu tun. Wer noch nie das Funkeln in den Augen und die tiefe innere Freude von älteren Personen im Zusammenhang mit der Fasnet gesehen hat, kann und wird den wahren Charakter der Fasnet nicht verstehen."

Frühzeitige Absagen treffen auf Unverständnis

Jetzt der Fasnet eine Absage zu erteilen, findet Joachim unangebracht. Er sagt: "Was ich überhaupt nicht verstehen kann ist, dass Zünfte bereits heute die gesamte Fasnet absagen – so ein Nonsens. Niemand weiß, was bis zur Fasnet alles passiert oder eben nicht. Gibt es an der Fasnet 2021 Umzüge, eine Saalfasnet wie zum Beispiel unseren Bunten Abend, darf unsere Zottla-Musik aufspielen, was sind die Rahmenbedingungen, was muss getan werden, wie umfangreich ist ein Hygienekonzept und, und, und? Bis dato ist nichts davon geklärt oder gesetzlich geregelt. Warum um Gottes Willen jetzt eine komplette Fasnet absagen – verstehe ich nicht." In Richtung Gesundheitsminister Jens Spahn sagt er: "Einen kurzen Ausflug in die hohe Politik. Die Antwort an Herrn Spahns wahnwitzige Anforderung, Karneval zu verbieten, wurde schon vom Präsidenten der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte, Roland Wehrle, gegeben. Hier wurde unter anderem auf das Johann Wolfgang von Goethe Zitat verwiesen: ›… der Karneval – und damit auch die Fastnacht – ist ein Fest, das dem Volke nicht gegeben wird, sondern das sich das Volk selbst gibt.‹ Dem ist nichts mehr hinzuzufügen."

Die Narrenzunft Salzstetten hält sich für die kommende Fasnet noch alles offen. Zunftmeister Marcel Söll sagt: "Zu diesem Thema werden wir uns aktuell nicht äußern, da hier aktuell ein Gerücht, eine Aussage die nächste jagt und wir kein zusätzliches Öl ins Feuer gießen wollen. Es gibt Planungen in alle Richtungen, diese werden wir publik machen, sobald die Zeit dafür gekommen ist."