Horb-Nordstetten - Die Tötung von Michael Riecher – war sie ein raffiniertes Verbrechen? Die Ermittler versuchen mit allen Mitteln, mehr Licht ins Dunkel zu bringen. Deshalb bitten sie die Bevölkerung weiterhin um jeden Hinweis.

Am Freitagmorgen waren die Spurensicherer wieder am Haus von Michael Riecher. Der bekannte Immobilienunternehmer wurde in der Nacht vom vergangenen Freitag bis Samstag Opfer eines Tötungsdeliktes.

Die Spurensuche am Haus geht weiter

Die Spurensicherer sicherten am Freitag Spuren an der Terrassentür. Es waren nicht nur die schwarzen Spuren der Fingerabdruckfarbe zu sehen, sondern die Tür wurde auch mit Speziallampen abgeleuchtet. Dieser Raum, so Freunde, war das Büro von Riecher. In einem Raum daneben – die Privaträume von Riecher – waren die Spurensicherer in den weißen Ganzkörperanzügen ebenfalls zu erkennen. Zwei Tage vorher hatte die Spurensicherung Fingerabdrücke an der Souterrain-Tür gesichert.

Der Schwarzwälder Bote erfuhr von Freunden des Opfers: Die Terrassentür habe der Unternehmer auch nicht abgeschlossen, wenn er das Haus verlassen hat.

Das heißt wohl: Auf der Jagd nach dem Täter schließen die Ermittler derzeit nicht aus, dass sich der Täter – oder Täterin oder mehrere Täter – vielleicht sogar in der Dunkelheit nachts heimlich in die Privaträume von Riecher geschlichen hat! Ein weiteres Indiz dafür könnte sein, dass die Polizei Zeugen sucht, die einen Streit oder ein wegfahrendes Auto gehört haben.

Siehe auch: Hintergrund - wie arbeitet eine Sonderkommission?

Einbrecher-These unwahrscheinlich

Können es Einbrecher gewesen sein? Eher unwahrscheinlich. Die Tötung von Riecher scheint so raffiniert gewesen sein, dass das Muster nicht zu möglichen Einbrechern passt. Bei Einbrechern geht man eher davon aus, dass diese – wenn sie während der Tat erwischt werden – mit spontaner oder grober Gewalt reagieren. Fakt ist, so bestätigen Ermittler noch einmal: Äußerlich sind beim toten Michael Riecher keine auffälligen Anzeichen von Gewalt zu erkennen. Also: keine Messerstiche, Schussverletzungen, aber wohl auch keine Würgemale oder ähnliches.

Samstagmorgen um 10 Uhr klingelte ein Paar an der Tür von Riecher. Sie hatten einen geschäftlichen Termin. Es kam ihnen seltsam vor, dass –entgegen Riechers sonstige Gepflogenheiten – alle Rollläden seiner Wohnung zugezogen waren. Einer von Riechers Geschwistern wurde gerufen. Der Notarzt stellte später fest: "unklare Todesursache" – also keine auf den ersten Blick sichtbaren äußerlichen Gewalteinwendungen.

Staatsanwalt Frank Grundke: "Es wurde ein nicht natürlicher Tod vom Arzt bestätigt. Das ist Anlass für die Kripo, Ermittlungen zu beginnen." So rückten die Ermittler schon am Sonntag in der Weikersthalstraße an. Am Dienstag dann das Obduktionsergebnis, so Staatsanwalt Grundke: "ein aktives Tötungsdelikt".

Wusste der Täter von Riechers Krankheit?

Wussten der oder die Täter über die Krankheit von Michael Riecher Bescheid und nutzten sie möglicherweise aus? Der 57-Jährige litt an COPD – eine Krankheit, bei der die Lunge, vereinfacht gesagt, nicht mehr genug Sauerstoff in der Körper transportiert.

Es gibt Spekulationen, dass wegen dieser Krankheit das Opfer in einer Situation aufgefunden wurde, die wie ein Selbstmord aussehen könnte. Staatsanwalt Grundke sagt dazu: "Das sind Spekulationen, die durch nichts gestützt werden. Das hat weder Hand noch Fuß."

Demnach könnte es sein, dass das Opfer offenbar so aufgefunden wurde, dass es auf den ersten Blick wie ein ganz normaler Tod aussah. Wurde die Tat also geplant? Und das so, dass zunächst keine Spuren der Tat zu sehen waren? Hoffte der Täter, dass ein natürlicher Tod angenommen wird? Weil erst die Obduktion ein Tötungsverbrechen beweist, sind diese Spekulationen durchaus denkbar. Auch der bundesweit bekannte Kriminologe Christian Pfeiffer kommt bei der Analyse des Horber Falles zum Schluss: "Hier spricht viel dafür, dass die Tötung vertuscht werden sollte."

Suche auch im direkten Umfeld

Staatsanwalt Grundke und die Sonderkommission gehen eher nicht davon aus, dass das Rätsel um die raffinierte Tötung an diesem Wochenende gelöst werden kann.

Die Kernfrage ist: Wer könnte ein Interesse daran haben, Michael Riecher zu töten? Riecher galt als "sehr vermögend". Riecher hat sein Testament, wie gute Freunde berichten, nach der Diagnose der Lungenkrankheit gemacht. Deshalb wurde nach Informationen des Schwarzwälder Boten sein familiäres Umfeld von den Ermittlern intensiv befragt. Das gehört zur Routine bei derartigen Kriminalfällen.

Was ist mit den Geschäftspartnern? Riecher hatte Wohnungen und Häuser unter anderem in Leipzig gekauft, saniert und dann einen Teil vermietet und einen Teil verkauft. Das ist gut 15 Jahre her. Dem Vernehmen nach sind nach all den Jahren keine Konflikte aus diesem Engagement mehr offen.

Was ist mit den Frauen? Man sah ihn manchmal meist jüngeren Frauen auf. Zuletzt wurde er am Mittwochabend (nicht wie zuerst angenommen am Freitagabend) mit einer neuen weiblichen Begleitung im Succulent am Bahnhof in Horb gesehen.

Appell an Bevölkerung

Was sagt die neue Spurensuche am Freitag? Sie lässt darauf schließen, so Insider, dass die Ermittler jetzt darauf hoffen, den letzten Besucher von Michael Riecher per DNA-Spur oder Fingerabdruck zu finden.

Immer noch werden neue Personen aus dem Umfeld von Michael Riecher befragt. Nicht nur aus dem privaten Umfeld. Das alles könnte ein Indiz dafür sein, dass die Ermittler zwar jede Menge Fakten haben, aber diese bisher noch nicht klar in eine Richtung führen. Das von der Soko geschaltete Hinweistelefon hat laut Polizeisprecher zahlreiche Hinweise gebracht, allerdings vor allem von Bekannten, die etwas zu Riechers Leben und Umfeld sagen wollten. Zum direkten Tathergang gebe es zwar schon Hinweise, die aber nicht konkret waren. "Die Soko arbeitet sie nun ab." Man hoffe auf weitere Hinweise. "Jedes vielleicht noch so kleine, auf den ersten Blick unwichtige Detail kann für uns wichtig sein."

Deswegen sollte man lieber einmal mehr zum Hörer greifen. Auch der Kriminologe Pfeiffer appelliert an die Bevölkerung, jeden Hinweis an die Polizei zu geben. Auch die Namensnennung des Opfers in der Berichterstattung sei richtig und hilfreich gewesen.

Es kann also noch dauern, ehe das Rätsel um die raffinierte Tötung von Michael Riecher gelöst wird. Staatsanwalt Grundke: "Es kann auch sein, dass man noch Monate braucht."

Weitere Informationen: Hinweistelefon der Soko: 0741/477-108.

Info: Warum der Soko-Name geheim ist

Viele Rätsel – auch dass der Name der Sonderkommission (Soko) weiterhin nicht genannt wird. Ein Polizeisprecher gibt aber nun eine Erklärung: "Der Name wird öffentlich nicht genannt, weil er ganz am Anfang der Ermittlungen ausgesucht wurde und sich auf die berufliche Tätigkeit des Opfers bezieht. Weil wir in alle Richtungen ermitteln, wäre die öffentliche Nennung dieses Namens missverständlich gewesen. Das wäre eine falsche Fokussierung gewesen."

Eine Soko umzubenennen sei aber nicht mehr so einfach: "Mit dem ersten Namen wird sofort auf allen Ebenen bis zum Landesinnenministerium gearbeitet. Eine Umbenennung sorgt da für eine zu große Verwirrung und würde im Zweifel wichtige Zeit kosten.