61-Jähriger hat "saumäßig das Mandat geführt" und wird zu Geldstrafe von 280 Euro verurteilt.

Horb - Ein 61-jähriger Rechtsanwalt ist vor dem Horber Amtsgericht wegen Untreue verurteilt worden. Er muss 280 Euro zahlen.

 

Die Staatsanwaltshaft Rottweil, vertreten durch Oberamtsanwalt Karl Jauch, warf dem Rechtsanwalt vor, einer Mandantin gegenüber 100,30 Euro veruntreut zu haben. Die Mandantin hatte einen Verkehrsunfall verursacht und den Anwalt, der 2009 seine Kanzlei in Horb hatte, mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt. Er sollte sie in der Bußgeldsache und im Zivilrechtsverfahren vertreten, sich um die Schadensabwicklung kümmern. Sie erteilte dem Anwalt im September 2009 das Mandat. Als bis zum März 2010 nichts geschehen war, versuchte sie, den Anwalt zu erreichen.

Die Zeugin schilderte vor Gericht, dass sie ein Kleinkind hat und sich nicht selbst um die Sache kümmern konnte. Zunächst erreichte sie ihren Anwalt überhaupt nicht. Als sie ihn endlich telefonisch erreichte, wurde sie immer wieder mit "nächste Woche, morgen, übermorgen" vertröstet.

Als ihr dieses zu dumm wurde, suchte sie ihn an einem Vormittag auf, nachdem sie ihr Kind im Kindergarten abgegeben hatte. Sie war erschüttert, was sie sah. Die Zeugin wörtlich vor Gericht: "Der Anwalt stockbesoffen, die Hose nicht richtig angezogen und Essensreste lagen herum." Sie entzog dem Anwalt unverzüglich das Mandat und nahm einen anderen Anwalt. Dieser regelte das Bußgeldverfahren und die Schadensabwicklung. Vorher hatte sich die Zeugin bei ihrer Rechtsschutzversicherung erkundigt und von ihr erfahren, dass diese nur einen Anwalt bezahlt.

Der angeklagte Anwalt versuchte sich vor Gericht in seiner eigenen Verteidigung zu rechtfertigen. Er will in der Sache für seine Mandantin tätig geworden sein und gegen den Bußgeldbescheid gegen seine Mandantin bei der Stadt Horb Einspruch erhoben haben. Entsprechende Schreiben legte er vor. Von der Rechtsschutzversicherung will er eine Deckungszusage erhalten haben und ihm standen jeweils 150 Euro für seine Tätigkeit im Bußgeldverfahren und 150 Euro für die Schadensabwicklung zu.

Der neue Anwalt der Mandantin berichtete es etwas anders

Abgerechnet wurde bis heute nicht. Die Mandantin erhielt nie eine Abrechnung. Der neue Anwalt der Mandantin berichtete es etwas anders. Im März 2010 erhielt der Angeklagte von der Versicherung einen Geldbetrag und nach Abzug der Unkosten blieben 100,30 Euro, die seiner Mandantin zustanden. Der angeklagte Anwalt wurde angeschrieben und es wurde um Zahlung gebeten. Es geschah nichts. Der Angeklagte versuchte, sich vor Gericht zu rechtfertigen. Seine Frau hatte sich damals von ihm getrennt. Er hatte große psychische Probleme, litt unter Depressionen und gab sich dem Alkohol hin. Inzwischen will er trocken sein. Er hatte an 34 Sitzungen einer Therapie teilgenommen. Seine Kanzlei in Horb existiert nicht mehr. Er wohnt bei seiner Mutter in Stuttgart und hat keinen Verdienst. Aufträge als Anwalt will er noch haben.

Richter Reinhard Geiser zum Angeklagten: "Sie haben saumäßig das Mandat geführt." Er machte den Vorschlag, das Verfahren gegen Zahlung eines Geldbetrages einzustellen. Jauch war damit nicht einverstanden. Er plädierte für eine Verurteilung wegen Untreue. Jauch: "Er hatte die Verkehrsunfallsache angenommen und wollte es zivil- und verkehrsrechtlich regeln. Er kam dem Mandat nicht nach. Seine Mandantin wusste nicht, was los war." Er forderte 280 Euro, nach entsprechenden Tagessätzen berechnet. Richter Geiser folgte diesem Antrag und verurteilte den Angeklagten wegen Untreue. Hohe Schulden und kein Verdienst sorgten für die Höhe dieses Urteils. Geiser: "Die Vorlage Ihrer Schreiben sind so recht und gut. Sie haben die Kündigung Ihrer Mandantin verursacht. Sie standen in einem besonderen Treueverhältnis. Durch den zweiten Anwalt entstand ihr ein Schaden. Sie hatten keinen Anspruch auf eine Gebühr."