Tierwelt: Brutplatz im Garten der Familie Dopp / Kleintierzüchter siedeln Küken und Mutter am Empfinger Tälesee an

Eine Enten-Mutter hatte es sich im Garten der Familie Dopp gemütlich gemacht. So musste gemeinsam mit den Kleintierzüchtern eine Umsiedlungsaktion gestartet werden.

E mpfingen. Das Ehepaar Dopp aus Empfingen hätte niemals damit gerechnet! Der 5. Juni dieses Jahres war ein kühler Tag, einige Regentropfen fielen gelegentlich, und man konnte gut im Garten arbeiten. Gudrun Dopp machte sich an einem sehr naturbelassenen Teil hinter ihrem etwa 20 Quadratmeter großen Gartenteich daran, den Giersch und einige Brennnesseln zu stutzen, als unmittelbar vor ihr eine Stockente laut schimpfend aufflog, die in diesem hohen Bewuchs in idealer Lage direkt am Teichrand ihr Nest mit insgesamt zehn Eiern gebaut hatte. Dopp stellte natürlich sofort ihre Rodungsarbeiten ein. Und siehe da, nach einigen bangen Minuten kam die Ente wieder und landete in einem eleganten Schwung auf dem Teich und verschwand sofort wieder auf ihrem Nest. Ein tolles Erlebnis – eine brütende Stockente im eigenen Garten, teilen die Dopps mit.

Übrigens: Linné, der berühmte schwedische Naturforscher hat bereits im Jahr 1758 die Stockente (Anas platyrhynchos) erstmals gültig beschrieben. Den Dopps war klar, dass es dann erhebliche Probleme geben könnte, wenn die Enten nach etwa 28 bis 30 Tagen Brutzeit schlüpfen und als Entenfamilie auf Entdeckungstour durch den knapp 2000 Quadratmeter großen Garten streifen würden. Üblicherweise benötigt eine solche Entenfamilie einen erheblich größeren See und natürlich auch ein wesentlich größeres Futterangebot.

Erst in einer zweiten Aktion nach 22 Uhr gelingt es auch die laut schimpfende Mama einzufangen und zu ihren Jungen zu bringen

A l so, was ist zu tun? Holger Dopp, der sich mit Kakteen und anderen sukkulenten Pflanzen erheblich besser auskennt als mit der Zucht von Stockenten, erinnerte sich daran, dass sich vor vielen Jahren der nicht nur in Deutschland sehr bekannte Ornithologe und Professor Peter Berthold, ehemals Leiter der Vogelwarte in Radolfzell, die Kakteensammlung in Empfingen angesehen hat und seinerzeit überaus beeindruckt war. Schon damals registrierte Berthold überaus positiv, dass der Empfinger Holger Dopp sehr viel für den Vogelschutz und die Insektenvielfalt unternommen hat. Und schon damals schimpfte der bekannte Ornithologe auf die vielen zubetonierten oder mit Kies zugeschütteten Grundstücke, die keinerlei Wert für die Umwelt hätten.

Als kastrierte Gärten bezeichnete er jene Rasenflächen, die permanent von Rasenrobotern auf wenige Zentimeter gestutzt würden. Es gehe soweit, dass auch kein Blättchen von irgendeinem Baum auf einer Wiese liegen dürfe. Auch Äste eines Nachbarbaumes, der etwas Schatten auf ein anderes Grundstück werfe, würden als störend empfunden. Dieses Verhalten sei nur noch "umweltkrank" – so der O-Ton von Berthold. Er kritisierte unter anderem, dass in solchen "Gartenleichen" weder Vögel noch Insekten gedeihen könnten. Sein damaliges Credo: ohne Insekten keine Vögel und ohne Insekten kein Obst! Die Menschen benötigen die Natur, um überleben zu können, aber die Natur könne locker auf Menschen verzichten.

Berthold war einerseits begeistert, dass im Doppschen Garten eine Stockente brütete, aber andererseits meinte, dass es erhebliche Probleme geben würde, denn eine Stockenten-Mama gehört mit ihrer Entenschar an ein größeres Gewässer. Als Holger Dopp erwähnte, dass es bei den Empfinger Kleintierzüchtern auch einige erfahrene Entenzüchter geben würde, war mit sofortiger Zustimmung von Berthold die Lösung gefunden. Die Kleintierzüchter reagierten ebenfalls erfreulich spontan, teilen die Dopps mit. Am gleichen Abend besichtigten auf Bitte von Holger Dopp, Arthur Hellstern und Norbert Ganion mit gebührendem Abstand die Brutstätte am Teich, und man legte sich auf einen Terminplan und eine Strategie fest.

Am 30. Juni in den frühen Nachmittagsstunden bemerkte das Ehepaar Dopp verräterische Bewegungen in ihrem Teich. Eine stolze Enten-Mama führte erstmals ihre Jungen aus und zeigte ihnen den Teich. Auch auf den Wiesen erkundeten die neugierigen Entchen die nähere Umgebung. Unter einem Kirschbaum entdeckten sie sogar leckere, überreife und sicher sehr schmackhafte Früchte. Nachmittags machte die ganze Schar auf ihrem Nest wieder eine ausgiebige Ruhepause. Aber jetzt sollte die mit den Kleintierzüchtern besprochene Umsiedlungsaktion auch realisiert werden. In einer ersten Aktion in den frühen Abendstunden konnten zumindest sieben der jungen Stockenten mit einem großen Kescher eingefangen und im Kleintierzuchtverein unter eine Wärmelampe gesetzt werden. Erst in einer zweiten Aktion nach 22 Uhr gelang es auch die laut schimpfende Mama einzufangen und zu ihren Jungen zu bringen.

In den Nachmittagsstunden des 1. Juli wurde in einer weiteren sehr aufwendigen Aktion die kleine Familie am Tälesee in Empfingen freigelassen. Nach wenigen Minuten hatten sich die jungen Stockenten wieder mit ihrer Mutter vereint. Gemeinsam erkundeten sie sofort ihre neue Umgebung, die erheblich besser für die Zukunft der Jungen geeignet ist, als der kleine Doppsche Teich in der Weillindestraße.

Dass sich die Stockente zunächst für diesen Teich entschieden hat, lag vermutlich daran, dass am Tälesee erheblich mehr Trubel und Unruhe herrscht. Und so bietet sich auch in der Zukunft das Grundstück des Ehepaars Dopp als kleines, ruhiges und zudem umweltbewusstes Biotop an, – für Vögel, Igel, Frösche, Kröten, Molche, Insekten, und mehr. Nun ja, der eine oder andere Kaktus hat dort auch seine Heimat.