In der Stuttgarter Straße steht nun eine der Blitzersäulen. Dort gilt Tempo 30. Von zwei Mitarbeitern des Ordnungsamts Horb und einem Mitarbeiter der Herstellerfirma Jenoptik wurde die Säule am Donnerstag aktiviert. Foto: Lück

Nach 20 Sekunden rauscht erstes Auto in 150.000 Euro teure Radarfalle - mit Tempo 44.

Horb - Die Klappen der Blitzsäule sind offen. Zwei Mitarbeiter des Ordnungsamts und ein Mitarbeiter des Herstellers haben die Kamera per Kabel mit dem Computer verbunden. Noch ein Klick – dann ist der 150.000 Euro teure Blitzer scharf.

Es ist genau 13.43 Uhr: 20 Sekunden später löst der Blitz schon aus – ein grauer Wagen hat die Marke mit 44 Stundenkilometern gerissen. Der Mitarbeiter des Blitzer-Herstellers: "Das ging ja schnell." Von nun an heißt es, in Höhe des ehemaligen Matratzen-Concords: Bitte aufpassen! Hier gilt Tempo 30. Und nicht nur dort. Auch in der Bildechinger Steige wird jetzt geblitzt, dort gilt auch Tempo 30. Zudem muss in Ihlingen aufgepasst werden. Hier steht jetzt auch eine Blitzersäule. Dort gilt eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 70 Stundenkilometern.

Das Scharfstellen des Blitzers am Donnerstagnachmittag – es hat doch gedauert. Denn: Bevor das Gerät die Stadtkasse füllen kann, muss alles noch kontrolliert werden. Der eine Mitarbeiter des Ordnungsamts hat den Eichschein in der Hand. Der andere zeigt ihm die Laser-Messeinheit. Die aufgedruckten Seriennummern werden genau verglichen.

Der Mitarbeiter der Blitzer-Firma erklärt: "Die Geräte arbeiten inzwischen so genau, dass Anwälte, die gegen solche Verstöße vorgehen, nur noch die Chance haben auf Formfehler. Da kann schon ein Zahlendreher bei den Seriennummern dann für die Erwischten nützlich sein."

Deshalb wird das Programm zum Scharfstellen aufgerufen. Genau geschaut, ob die Kamera den Sünder auch richtig fotografiert. "Der Rahmen muss so sein, dass er einmal oberhalb des Nummernschildes ist und unten unterhalb der Reifen. Es werden ein paar Probeschüsse gemacht – der Rahmen stimmt. Dann wird noch einmal geschaut, ob alle Werte im Gerät stimmen. Messintervall (sechs Meter), Fotoauslösepunkt, das eingegebenen Tempolimit und der Toleranzwert.

Zwischen den Schritten tauchen noch die Daten der vorbeifahrenden Fahrzeuge auf: Bergauf und bergab. Auto, Lastwagen, Tempo – all das hält die Radarsäule fest.

Der Mitarbeiter des Blitzer-Herstellers: "Damit kann man auch gleich eine statistische Auswertung für die Verkehrsplanung machen. Wenn jemand erwischt wird, werden die Daten sofort an die Bußgeldstelle übermittelt. Es hat also keinen Sinn, an den Teilen zu randalieren. Wir hatten mal ein Dorf, dort wurden gleich sieben solcher Radarsäulen umgeworfen. Das war natürlich ein Schaden für Jenoptik, denn unsere Firma verkauft die Anlagen nicht nur, sondern bietet den Kommunen auch die kostenlose Aufstellung an – mit einer Beteiligung an jedem Bußgeld." So ist es auch in Horb. Für jeden Geblitzten gehen 9,30 Euro an Jenoptik.

Schon im Oktober 2015 wurde die Blitzer-Offensive versprochen. Der Schwarzwälder Bote hatte im Juni 2015 aufgedeckt, dass die damals sechs stationären Blitzer nicht funktionierten. Das Ordnungsamt erklärte damals, dass von zwölf Fahrtrichtungen nur vier überwacht wurden. Grund: Kaputte Induktionsschleifen in der Fahrbahn. Im Oktober 2015 sagte Oberbürgermeister Peter Rosenberger (CDU), dass man damals ohnehin nur eine Kamera hatte, um Raser zu blitzen. Daraufhin wurde vom Gemeinderat beschlossen, alle vorhandenen Standorte mit Kameras auszurüsten und die kaputten Schleifen zu reparieren.

Im vergangenen Jahr war es dann soweit: Bis Jahresende stiegen die Bußgeldeinnahmen in der Rathauskasse auf 856 000 Euro – geplant waren 452 000 Euro. Begründung: "Einsatz zusätzlicher Kameras bei der stationären Geschwindigkeitsüberwachung."

Doch was ist da genau passiert? Ein Rathaussprecher: "Seit einem Jahr sind vier Kameras für fünf Standorte in Betrieb. Vorher war nur eine Kamera vorhanden, welche an wechselnden Standorten betrieben wurde." Und wo wurden die meisten Temposünder erwischt? "Eine konkrete Abrechnung der Bußgeldeinnahmen bezogen auf die einzelnen Standorte liegt noch nicht vor. Nach der Anzahl der Verwarnungs- und Bußgeldverfahren wurde jedoch in Bildechingen bei der Schule und in der Stuttgarter Straße in Eutingen am meisten geblitzt."

Doch bleibt der Boom in der Kasse durch die neue Radarsäule auf Dauer? Der Rathaussprecher: "Mit Sicherheit wird es aufgrund der neuen stationären Blitzer anfangs zu Mehreinnahmen kommen. Allerdings wird sich dies erfahrungsgemäß innerhalb der ersten Monate auch recht schnell wieder auf ein entsprechend deutlich niedrigeres Maß einpendeln, sobald die neuen Blitzer im Bewusstsein der Verkehrsteilnehmer angekommen sind. Der gleiche Effekt hat sich auch in Bildechingen gezeigt, als dort nach einjähriger Vakanz die Blitzer wieder aktiviert wurden."

Doch was ist mit den mobilen Radarfallen der Stadt? Sie gingen zurück. Der Rathaussprecher: "Die Einnahmen aufgrund der mobilen Geschwindigkeitsmessungen betrugen im Jahr 2016 rund 136 000 Euro und im Jahr 2017 rund 70 000 Euro."

Auch die Parksünder lieferten weniger in die Stadtkasse. "Die Einnahmen aus der Überwachung des ruhenden Verkehrs beliefen sich im Jahr 2016 auf rund 52 000 Euro und im Jahr 2017 auf rund 46 000 Euro."

Gut möglich, dass das mit der Sonderaktion des kostenlosen Zwei-Stunden-Parkens in der Stadt wegen der Vollsperrung der Bundesstraße 32 zwischen Horb und Nordstetten zusammenhing.

Bleibt nur noch die Frage: Warum eigentlich tappen viele Autofahrer in genau diese Radarfalle? Die Dinger sind doch eigentlich gut zu sehen.

Der Mitarbeiter von Jenoptik mit Ruhrgebiet-Kennzeichen auf seinem schwarzen Kombi hat darauf keine Antwort. Sondern nur einen Trost: "Ich bin selber viel mit dem Auto unterwegs und zahle auch genug Bußgelder."