Überflutete Straßen, weiße, wie mit Schnee bedeckte Wiesen, Hagelkörner in Tischtennisballgröße: In Horb sorgten am Mittwoch schwere Unwetter für Chaos. Foto: Hopp/Klormann/Weinstein

Sturm fegt Horbs Sommerkulisse weg: Hagel und Wind zerstören Pflanzen und Bäume. Boote mit Schülern kentern auf dem Neckar.

Horb - Nach der drückenden Hitze hat sich am Mittwochnachmittag ein schweres Unwetter über Horb entladen. Die Schadensbilanz ist noch nicht absehbar. Die Feuerwehr sprach am Abend aber von 66 Einsatzstellen, vollgelaufenen Kellern und umgestürzten Bäumen.

 

Mittwoch, 14.30 Uhr. Noch wirkt alles friedlich in Horb. Obwohl drückende Temperaturen auf der Stadt lasten. Und die Luft so dick wirkt, dass man glaubt, sie mit Händen greifen zu können. Etwas liegt in der Luft.

Auch in der Redaktion des Schwarzwälder Boten ist es spürbar. Im Prinzip sogar sichtbar. Doch erst als ein Kollege das Büro betritt und das Licht einschaltet, fällt auf, wie dunkel es geworden ist. Schwarze Wolken schieben sich drohend näher.

Hagelkörner haben Eiswürfelgröße

Nur wenige Minuten später eröffnet ein greller Blitz, dicht gefolgt von einem beinahe ohrenbetäubenden Donnern das Unwetter. Innerhalb kürzester Zeit stürzt sintflutartig Regen vom Himmel, der blitzartig in Hagel umschlägt. Stürmische Böen biegen die Bäume, Eiskörner in Eiswürfelgröße reißen Blätter von den Bäumen.

Es ist 16.02 Uhr. Überall sind plötzlich Sirenen zu hören. Auf Nachfrage bei der Feuerwehr hin antwortet ein Sprecher kurz angebunden: "Wir haben jetzt überhaupt keine Zeit, rufen Sie bitte später wieder an."

Gegen 16.10 Uhr, als bei der Feuerwehr in Horb die Zahl der Notrufe steigt, wird es indes auch auf dem Neckar gefährlich. Zwischen Fischingen und Sulz paddeln eine Gruppe 16- bis 18-Jähriger in Ruderbooten Richtung Horb. Sie gehören zu einer Klasse mit 18 Schülern. Vielleicht bemerken die Ruderer das Aufkommen des Unwetters zu spät oder hoffen, an dem teils mit Büschen und Schilf bewachsenen Ufer einen Ausstiegsplatz weiter flussabwärts zu finden.

Boote mit Schülern kentern auf dem Neckar

Zu spät. Starkregen und kräftige Windböen setzen ein und bringen zwei Boote zum Kentern. Bei der Feuerwehr in Sulz und Fischingen geht wenig später eine Meldung ein, dass nach einem Bootsunfall mit Schülern Personen vermisst werden. Die Feuerwehren von Sulz und Fischingen brechen mit je zwei Fahrzeugen Richtung Neckar auf.

Vor Ort Erleichterung: Alle Schüler hatten sich selbst ans Ufer gerettet. Jetzt werden sie von einer Streife der Horber Polizei zum Horber Bahnhof gebracht, wo sich die Gruppe mit dem Rest der Klasse trifft. Die völlig durchnässten und zum Teil unterkühlten Jugendlichen werden von Mitarbeitern eines Einkaufsmarktes mit trockener Kleidung, belegten Broten und warmen Tee versorgt. Vier der Schüler müssen jedoch wegen Unterkühlung ins Krankenhaus gebracht werden.

Gegen 17.30 Uhr kommt ein Anruf von Achim Weinstein, Pressesprecher der Horber Feuerwehr, in die Redaktion. Lagebericht im Feuerwehrhaus in der Florianstraße.

Hier herrscht unübersichtlich wirkende Geschäftigkeit. Das Telefon scheint nicht still stehen zu wollen. Mittlerweile gehen hier nicht mehr nur Notrufe ein. Auch die Kommunikation der Feuerwehrleute untereinander läuft zum Teil per Handy ab; zu überlastet sind die Funkverbindungen. Beinahe sämtliche Türen der zahlreichen Garagen stehen offen.

Auf einer Tafel im Eingangsbereich werden symbolisch Fahrzeuge hin- und hergeschoben, die Einsätze koordiniert, Prioritäten abgewogen. Wegen dieser Prioritäten, so Feuerwehrfrau Nina Laschinger, könne es auch vorkommen, dass manch einer länger warten müsse, bis die Einsatzkräfte vor Ort sind.

Etwa 18 Fahrzeuge mit rund 110 Männern und Frauen sind zu diesem Zeitpunkt im Einsatz, erzählt Laschinger. Auch das THW Horb ist mit zwölf Kräften und zwei Fahrzeugen zur Unterstützung dabei. Geleitet wird der Einsatz von der Feuerwehr-Führungsgruppe (bestehend aus den Abteilungen Empfingen, Horb und Eutingen) unter dem Oberkommande von Jan Straub.

Rund 110 Einsatzkräfte sind im Einsatz

Besonders wichtig: "Das Feuerwehrhaus ist für zeitkritische Einsätze permanent mit Einsatzkräften aus den Ortsteilen besetzt", erklärt Laschinger. Falls also beispielsweise ein schwerer Unfall einen sofortigen Einsatz erfordern sollte.

66 Einsatzstellen sind gegen 18 Uhr gemeldet. Hauptsächlich vollgelaufene Keller. Doch auch umgestürzte Bäume auf Autos und Straßen, kleine Erdrutsche, überflutete Straßen und ein abgerissenes Telefonkabel halten die Feuerwehrleute in Atem.

Besonderes schlimm hat es Bildechingen, Mühlen, Nordstetten, die Horber Unterstadt und den Hohenberg erwischt, berichtet Laschinger. Die größten Einsätze: die Gutermannschule in Horb und das Schulzentrum auf dem Hohenberg. "Da steht jetzt großflächig das Wasser", sagt Pressesprecher Weinstein. Und auch das Feuerwehrhaus selbst ist betroffen. Ein Wassereinbruch hat Zentrale und Werkstätten überflutet, an einer Stelle sei sogar die Decke heruntergekommen erzählt Weinstein.

Mittlerweile ist auch Oberbürgermeister Peter Rosenberger vor Ort und informiert sich über den Stand der Dinge – bevor er im selben Gebäude zu einer Sitzung des gemeinsamen Ausschusses gehen muss.

Gegen 18.15 Uhr scheint das Schlimmste vorbei zu sein. Die Arbeit der Feuerwehrleute ist es noch längst nicht. Etwa 40 der Einsatzstellen sind zu dieser Zeit noch abzuarbeiten. Und damit nicht genug. "Ich gehe davon aus, das heute noch einiges kommen wird", meint Weinstein. Nicht zuletzt, da viele Menschen noch bei der Arbeit waren, als das Gewitter begonnen hat. Und über die Schäden zu Hause noch gar nicht Bescheid wussten.

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Was für ein Wetter: Vor den Türen unserer Redaktion in Horb a. N.ckar hat es gerade eben nach Weltuntergang ausgesehen....

Posted by Schwarzwälder Bote Horb on  Mittwoch, 22. Juli 2015

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