Teilten verbal aus: Alfred Seifritz, Michael Theurer, Ernst Wolf, Ralph Zimmermann und Timm Kern (von links). Foto: Morlok Foto: Schwarzwälder Bote

Politischer Aschermittwoch: FDP: "Schade, dass sich die SPD gerade selbst zerlegt"

Die Konfettikanonen sind wieder eingemottet, dafür wurden am politischen Aschermittwoch verbal schwere Geschütze ausgepackt. Die Freien Demokraten im Kreis Freudenstadt hatten beim Treffen in Horb vor allem die SPD ins Visier genommen.

Kreis Freudenstadt. Timm Kern, der Vorsitzende des FDP-Kreisverbands Freudenstadt, durfte an diesem Abend fast 50 Personen im Vereinsraum im Nordstetter Schützenhaus begrüßen. "So voll war’s noch nie – das ist ein Rekord", freute sich Kern, der diesen politischen Aschermittwoch als eine verlässliche Konstante im oft so hektischen Politalltag wertete.

Im Fokus von Kern und vom Horber FDP-Spitzenmann Michael Theurer stand, wie nicht anders zu erwarten, die SPD. "Hausherr" Kern machte den Anfang. "Es ist atemberaubend, mit welchem Tempo sich die einst so stolze SPD gerade selbst zerlegt", stellte der Landtagsabgeordnete fest, um anzufügen: "Das kann einen aufrechten Demokraten nicht kalt lassen." Er hoffe, dass bei der SPD nach den Narreteien der vergangenen Tage bald wieder eine Kehrtwende eintrete.

Für ihn sei es unverständlich, dass die Partei sich selbst zerfleische, anstatt dem Aufwind aus den Koalitionsgesprächen zu nutzen. "Hoffentlich findet die SPD wieder Tritt", so Kern. Mit einem "Weiter so", wie von der CDU propagiert, sollte es auch in der Koalition mit der SPD nicht weitergehen. Mit der FDP sei dies "sowieso nicht möglich" gewesen. Die Freien Demokraten hätten "nur als Steigbügelhalter" für Angela Merkel dienen sollen, damit die Kanzlerin mit den Grünen regieren könne. "Wir sind zwar kurzfristig unbequem, mittelfristig jedoch glaubhaft", so Kerns Sicht. Die FDP dürfe sich "nie mehr so klein machen lassen", dass sie nur noch als Anhängsel gesehen werde.

Nach seinem Ausflug in die "große" Politik, kam Kern zurück ins Ländle. Digitalisierung und das Schulsystem stünden an vorderster Stelle seiner Agenda. "Die Digitalisierung im Landkreis Freudenstadt ist eine Katastrophe – wir leben hier im Tal der Ahnungslosen", so sein Eindruck. Am Geld könne es derzeit nicht liegen, das Kapital suche zur Zeit "geradezu nach Investitionsmöglichkeiten." Der ländliche Raum brauche Breitband – und zwar Glasfaser –, um wirtschaftlich nicht abgehängt zu werden. Auch beim Thema Bildung spielt Geld eine große Rolle. In den Ländern hat man die Schulen – beim Bund das Geld. Deshalb ist Kern für eine rasche Lockerung des Kooperationsverbotes zwischen Bund und Ländern. Dazu habe Ministerpräsident Winfried Kretschmann gemeint: "Nur über meine Leiche." In Burundi dürfe der Bund Schulen unterstützen, in Horb nicht, so Kern.

Die Gemeinschaftsschule sei derzeit das Lieblingskind der Landesregierung. Andere Schularten würden dafür vernachlässigt.

Michael Theurer sprach vom "Fluch der Karibik", als er von den Koalitionsverhandlungen berichtete. "Ich wäre gerne als Wirtschafts- oder Verkehrsminister zu euch gekommen", verriet er, schob aber nach, dass es auf der Verhandlungsbasis dieser Jamaika-Koalition nicht möglich gewesen sei. "Von zehn Themen, die behandelt wurden, hat Merkel bei 9 Komma 8 Themen den Grünen Recht gegeben", erinnerte sich Theurer an die Nächte. "Da funktioniert eine Einigung nur mit Voodoo."

Das neue Koalitionspapier sieht er als einen "faulen Kompromiss mit dem einzigen Ziel", dass Angela Merkel ihren Posten behalten könne. Sein Fazit: Viel versprochen, alles gebrochen. "Nun geht der Mann mit den Haaren im Gesicht. Dafür kommt die Frau mit den Haaren auf den Zähnen", kalauerte Theurer über die personellen Eskapaden der SPD.

Theurer ging auch auf den Vorschlag ein, das ÖPNV-System kostenlos anzubieten: "In Ihlingen mit einer Haltestelle können wir es vielleicht machen – in den Ballungszentren kostet das rund zwölf Milliarden Euro. Der Bund verspricht, die Länder und die Kreise müssen es zahlen." Eine weitere Feststellung von Theurer war, dass die Welt mittlerweile über das "German Engineering" lache, das keinen Flughafen fertig bringt. Seit das Land keine offizielle Regierung mehr habe, seien schon 38,4 Milliarden Euro eingespart worden. "Ja, für was brauchen wir dann eine Regierung?", fragte daraufhin einer aus der großen Mitte der Zuhörer.