In hermetisch abgedichteten Anzügen arbeiten die Männer vom Katastrophenschutz. Foto: Morlok

Feuerwehr und DRK proben den Ernstfall - bis an Grenzen der Belastbarkeit.

Horb-Talheim - Mit selten gesehenem Aufwand zeigte die Talheimer Feuerwehr in Kooperation mit dem Roten Kreuz bei ihrer diesjährigen Hauptübung ihre Stärke.

Innerhalb von 48 Stunden wurde das Betriebsgelände der Busbetriebe Weiss zum Zentrum exzellenter Demonstrationen der Möglichkeiten, die die Feuerwehr im Stadtgebiet hat. Noch ganz unter dem Eindruck der Übung mit dem verunglückten Bus, erlebte Betriebsinhaber Marcel Weiss gemeinsam mit vielen Besuchern einen weiteren Beweis der Stärke ihrer Feuerwehr.

Übungsannahme war in diesem Jahr kein Brand, sondern ein Gefahrgut-Einsatz. Ein Kunststoffbehälter mit Salpetersäure ist beim Verladen beschädigt worden. Ätzende, qualmende Dämpfe breiteten sich aus. Einer der Arbeiter hatte beide Hände verätzt, der andere drohte auf dem Gabelstapler sitzend ohnmächtig zu werden. "Hilfe, Hilfe – mein Kamerad kippt vom Stapler", rief der Arbeiter in höchster Not dem als erste am Einsatzort eingetroffenen DRK-Einsatzleiter zu. Dieser durfte sich jedoch der Unglücksstelle nicht nähern. Da nicht bekannt war, welcher Stoff ausgelaufen ist und Eigenschutz immer an oberster Stelle steht, musste er den schreienden Mann so lange vertrösten, bis die Kameraden von der Freiwilligen Feuerwehr vor Ort waren. Als erstes raste der Einsatzleitwagen der Führungsgruppe auf den Hof. Der Gerätewagen folgte und wenig später kam einer der beiden landkreiseigenen Umweltschutzzüge (Gefahrgutzug), von denen einer in Talheim stationiert ist. Der andere Gefahrgutzug steht in Loßburg.

Bis aber alle Geräte ausgepackt, die Männer des Gefahrenzuges in ihre hermetisch abgedichteten Overalls und Schutzkleidung steckten, drangen zwei Atemschutzträger zum Verletzten im Brennpunkt des Geschehens vor und brachten ihn in Sicherheit. "Die beiden würden im realen Einsatz ihr Leben riskieren", erklärte Gesamtkommandant Markus Megerle. "Zu diesem Zeitpunkt weiß man im Regelfall noch nicht, um was für eine Substanz es sich handelt und wie sie auf welche Verbindungen reagiert. Dies kann erst später, anhand von Tabellen, Datenbanken oder Nachfrage beim Hersteller festgestellt werden. Dann kann es aber für den Verletzten zu spät sein. Deshalb riskieren die Atemschutzträger beispielsweise lebensgefährliche Verätzungen ihrer Atemwege um die Leute aus der Gefahrenzone zu holen. Aber das ist halt ein Teil ihrer Aufgabe", erklärte Horbs oberster Feuerwehrmann völlig unaufgeregt.

Ohne unnütze Hektik, doch mit großer Konzentration, führte auch der stellvertretende Talheimer Abteilungskommandant Christian Kuon als Einsatzleiter seine Kameraden durch diese sehr aufwendige Übung. Abteilungskommandant Bernhard Müller kommentierte die einzelnen Schritte dieser Übung sehr sachkundig und machte dabei auf Besonderheiten, die dem Laien sonst gar nicht aufgefallen wären, aufmerksam.

So zum Beispiel auf eine Stück Flatterband an einem Masten, dass zeigte, in welche Windrichtung die möglicherweise giftigen Dämpfe geweht werden. Wäre es keine Übung gewesen, so hätte man am Samstag die Wiese, auf der die Zuschauer standen, evakuieren müssen.

Ein weiterer Hinweis von Müller galt den Strapazen, denen die Herren in den roten, orangen und hellen Ganzkörper-Schutzanzügen ausgesetzt sind. "Da geht zwar nichts rein – aber auch nichts raus", erklärte er und fügte an, dass die Männer quasi im eigenen Saft kochen und nach spätestens 20 Minuten ausgetauscht werden müssen. Entsprechend viel Personal muss deshalb bei einem solchen Einsatzfall zur Verfügung stehen. "Sie können sich auch nur per Funk abstimmen – eine andere Kommunikationsform ist nicht möglich", so eine weitere Info zu diesem gefährlichen Job.

Trotzdem, dass die beiden Gefahrgutzüge für Gefahrguteinsätze im gesamten Landkreis Freudenstadt, der A 81 sowie der Güterhauptverkehrsstrecke der Bahn, zuständig sind, kommt es selten zu echten Einsätze, erklärte Megerle. Er ergänzte, dass ein solcher Einsatz schnell mal 25 000 Euro kostet und man in der Regel die eingesetzten Schutzanzüge im Wert von jeweils 3000 Euro hinterher entsorgen könnte.

Bei dieser Hauptübung war es natürlich nicht der Fall. Doch was die Zuschauer, zu denen auch Bürgermeister Ralph Zimmermann und Ortsvorsteher Thomas Staubitzer gehörten, der sich bei den Feuerwehrkameraden für fünf Jahre tolle Zusammenarbeit bedankte – erleben durften, das war eine Übung, wie man sie nur sehr selten zu sehen bekommt.

42 Aktive, zwölf Jugendliche, 14 Musiker des Spielmannszuges unter Stabführung von Bruno Bischoff, sowie drei Spezialisten des Gefahrgutzuges und sechs Mann von der Führungsmann der Freiwillige Feuerwehr sowie achte Mitglieder des DRK Ortsvereins Talheim waren daran beteiligt. Sie hinterließen einen bleibenden Eindruck wie ernst sie es mit der Sicherheit der Bevölkerung meinen. Dafür gehen alle Freiwilligen bis an die Grenzen ihrer Belastbarkeit.