Ortsentwicklung: Bildechinger können Neubaugebiet "Brühl-Süd" tatsächlich nicht nach Paragraf 13b Baugesetzbuch erschließen

Was sich bereits bei der September-Sitzung des Bildechinger Ortschaftsrates abzeichnete, wurde nun Realität. Die Bildechinger können ihr geplantes Neubaugebiet "Brühl-Süd" nicht im vereinfachten Verfahren nach Paragraf 13b Baugesetzbuch erschließen, sondern müssen den kompletten, formalen Weg gehen.

Horb-Bildechingen. Grund dafür ist, dass das geplante Neubaugebiet mitten in einer Streuobstwiese liegt und diese nach dem neuen Biodiversitätsgesetz einen besseren Schutz als bislang erfahren soll. Für die Bildechinger bedeutet das, dass die Landesregierung von Baden-Württemberg im Juli diesen Jahres mit dieser Gesetzesnovelle, die Obstbaumflächen über 1500 Quadratmeter unter besonderen Schutz stellt, sogar ein Bundesgesetz aushebelte.

"Normalerweise unterliegen Bebauungspläne Bundesrecht und stehen damit über dem Landesnaturschutzgesetzbuch" erklärte Bauamtsleiter Peter Klein, der extra zu diesem Tagesordnungspunkt als Sachverständiger eingeladen war, den anwesenden Ortschaftsräten, der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der OGL im Gemeinderat, Kristina Sauter, und den rund 20 Bürgern, die die Gelegenheit der öffentlichen Ortschaftsratssitzung nutzten, um sich über das Neubaugebiet "Brühl-Süd" zu informieren und Fragen an den Ortsvorsteher zu richten.

Mehr Ausgleichsflächen notwendig

"Die Landesregierung hat noch vor den Sommerferien das Gesetz zu den Streuobstwiesen geändert und hebelt so bei uns im Ort in Bezug auf unserer Neubaugebiet ein laufendes Verfahren aus", lautete sein Fazit. "Nach heutiger Sicht wird man das Baugebiet nicht nach Vorgaben des 13b entwickeln können, da hierfür der Bebauungsplan bis Ende 2021 stehen müsse", so das Fazit aus dieser Novelle.

Jetzt geht man davon aus, dass das neue Verfahren gegenwärtig bestimmt zwei Jahre dauert. Wahrscheinlich braucht man wesentlich mehr Ausgleichsflächen und mehr administrativen Aufwand, bis man dort bauen kann.

Vor allem geht es jetzt darum, dass man so schnell wie möglich eine Ausgleichsfläche für die bestehende Streuobstwiese findet – unter der Vorgabe, dass ein ähnlich ökologischer Effekt, und zwar am gleichen Ort, nicht in einem anderen Ortsteil, gegeben ist. Diesbezügliche Nachfragen beim Landratsamt – genauer gesagt bei der Naturschutzbehörde – ergaben, dass dort jedoch noch keine konkreten Vorgaben, wie ein entsprechender Ausgleich stattfinden sollte, vorliegen.

Nun steht man von Seiten des Stadtplanungsamtes und der Gemeinde vor dem Problem, zum einen eine geeignete Ausgleichsfläche – möglichst keine guten Ackerböden – zu finden, auf der man um die 100 neue Bäume pflanzen kann. Und zum anderen, die bereits bestehenden Vorverträge mit den Grundstücksinteressenten entsprechend zu verlängern.

"Am Anfang hatten wir für die 30 Grundstücke um die 70 Interessenten, heute sind es zwar wesentlich weniger, doch kommen ständige neue Nachfragen nach Bauland bei uns im Rathaus an", berichtete Ortsvorsteher Ulrich Beuter zur aktuellen Situation auf dem Markt.

Grundsätzlich möchte man am Standort "Brühl-Süd" schon aus Gründen der Nähe zur Ortsmitte und dadurch der guten Erreichbarkeit alle zentralen Anlaufstellen wie Rathaus, Schule, Kindergarten und der Kirche festhalten, so der Tenor des Ortschaftsrates. Deshalb war man sich auch einstimmig einig, dass man das neue Baugebiet nun in ein förmliches Verfahren umwidmet und auf die Vorteile des 13b verzichtet.

Mit dem 13b hätte man zwar kein zweistufiges Verfahren und keinen ökologischen Ausgleich beibringen müssen, hätte aber nur eine bestimmte Fläche entwickeln können. Dieser Nachteil fällt jetzt weg. "Wir können jetzt sogar größer planen und ›Brühl-Süd‹ in Bauabschnitte entwickeln" zeigte Peter Klein einen Vorteil des "normalen" Verfahrens auf.

Beuter: "Jetzt gehen wir vor, wie von der Stadt vorgeschlagen. Unter der Voraussetzung, dass der Verkauf der Grundstücke auch über den Sommer 2021 hinaus weiterhin steht und wir überhaupt Grund finden, um die Ausgleichsfläche zu realisieren und dazu noch Leute haben, die die neuen Bäume pflegen, können wir das Baugebiet in das förmliche Verfahren überführen und so entwickeln."

Eine Zuhörerin fragte nach dem artenschutzrechtlichen Gutachten. Sie wollte die Liste sehen, welche Pflanzen und Tiere in diesem Gebiet katalogisiert sind. "Das ist erst dann öffentlich einsehbar, wenn das Planfeststellungsverfahren läuft und der Bebauungsplan aufliegt", vertröste sie Klein auf später. "Durch den Wegfall der Vorteile des 13b verzögert sich dieses Gutachten und vor allem wird sich die Sache anders darstellen", ergänzte der Stadtplaner.

Klein konnte auch die Frage "Kann man aus dem formellen Verfahren jederzeit wieder aussteigen?" mit Ja beantworten, gab jedoch zu bedenken, dass dies das Verfahren wieder von der Zeit her verzögern würde.

Sauter begrüßt Schutz des Obstbaumbestandes

Kristina Sauter sagte zu der Vorgehensweise, dass es ihre Partei, die Offene Grüne Liste (OGL), begrüße, dass der vorhandene Obstbaumbestand bleibt, auch wenn er in absehbarer Zeit an einem anderen Ort steht.

"Bei der Planung haben sich die Planer zwar sehr angestrengt, um den Baumbestand so gut es geht zu erhalten, doch höchstens ein Drittel der Bäume hätte man am alten Standort erhalten können". Sie hofft, dass man erkenne, welchen Wert diese Obstbaumbestände haben und glaubt, dass dies im ökologischen Bewusstsein der Bevölkerung langsam ankomme. Ihr Wunsch nach ortstypischer Bebauung wird jedoch nicht komplett in Erfüllung gehen. Dies deuteten sowohl der Ortsvorsteher als auch der Stadtplaner an.

Als nächsten Schritt versucht nun der Ortsvorsteher noch in diesem Jahr gemeinsam mit Peter Klein und dessen Mitarbeiterin Katrin Edinger, bei der Stadt Horb verantwortlich für Bauleitplanung, sowie dem beauftragten Planungsbüro zu eruieren, wie das gesamte formelle Verfahren vom Prozedere her aussehen könnte.

Wenn man das weiß, möchte man sich das Okay vom Landratsamt holen, und wenn feststeht, wie viel Ausgleichsfläche man überhaupt braucht, auch mit dem entsprechenden Grunderwerb starten.

Beuter glaubt, dass man so in der Mitte kommenden Jahres den Kaufinteressenten im Brühl ein neues Konzept anbieten kann. "Davon hängt dann auch ab, ob die Kaufwilligen weiter an der Option ›Brühl-Süd‹ festhalten."

Unter den Besuchern dieser Ortschaftsratssitzung gab es einige, die es bedauerten, dass man die rasche Realisierung dieses langersehnten Neubaugebietes nun an einen "alten, knorrigen Apfelbaum" hänge.

Doch aufgeschoben ist bekanntlich nicht aufgehoben, und im Ortschaftsrat ist man zuversichtlich, dass man "Brühl-Süd" trotzdem entwickeln kann. Halt mit ein paar Jahren Verspätung.