Einen Blickwinkel auf die Kunst des Tuttlinger Malers Udo Braitsch öffnet die neue Ausstellung des Kunstvereins Oberer Neckar, die mit der Vernissage im Kloster begonnen hat. Von links: Benno Müller, Udo Braitsch und Thomas Nikolaus Martin. Foto: Morlok Foto: Schwarzwälder-Bote

Vernissage beim Kunstverein Oberer Neckar eröffnet Werkschau des Tuttlinger Malers Udo Braitsch

Von Peter Morlok

Horb. Die Welt im Zerrspiegel zwischen Ordnung und Chaos. Das ist die Bilderwelt des Tuttlinger Malers Udo Braitsch, die man seit Sonntag bis zum 1. November in der Galerie des Kunstvereins Oberer Neckar im Obergeschoss des Klosters bewundern kann.

Braitsch bedient sich bei seinen Arbeiten der altbekannten Technik des Stilllebens, setzt es aber in das Spannungsfeld von Realität und ihrem verzerrten Spiegelbild. Er arbeitet sozusagen eindimensional dreidimensional. Das eindimensionale ist das Bild, die Basis für die Wahrnehmung an sich; die weiteren Dimensionen kommen durch die unterschiedlichen Sichtweisen und Betrachtungswinkel dazu.

Die Arbeiten von Udo Braitsch könnte man in die Schublade abstrakten Kubismus stecken und doch sind sie mehr. Sie haben Namen und erzählen Geschichten. Wie beispielsweise die "Tuttlinger Ballade", die er als Umschlagsbild für seinen Katalog ausgewählt hat. Diese "Ballade", in der all das zu sehen ist, was im Leben des Künstlers wichtig ist – teils nur ganz symbolhaft angedeutet, teils klar erkennbar – machte mehr als deutlich, wie Braitsch arbeitet und seine Bilderzählungen aufbaut.

Geboren wurde der studierte Künstler, der viele Jahre – zuletzt als Oberstudienrat – an einer Schule unterrichtete, in Tuttlingen. Lehrerberuf und Maler, das ging bei ihm immer Hand in Hand und der Broterwerb als Lehrer war all die Jahre ganz wichtig, gab er unumwunden im Gespräch mit unserer Zeitung zu, weil er sich einfach nicht zum "Hungerkünstler" eignet. Dabei strich er sich zufrieden über sein Bäuchlein.

Udo Braitsch hatte zur Vernissage am Sonntag nicht nur eine beeindruckende Bildauswahl bereitgestellt, sondern brachte mit Stiefsohn Thomas Nikolaus Martin gleich noch einen weiteren Künstler aus der Familie mit. Dieser malt auch. Nicht mit Ölfarben, dafür mit Tönen. Der staatlich geprüfte Privatmusikerzieher arbeitet als Lehrer an der Musikschule von Leinfelden-Echterdingen und gab vor gut 50 Vernissage-Besuchern einige Kostproben seinen Könnens. Zwischen diesen Saxofon-Solis, die zum niederknien gut waren, gab es, wie bei einer Ausstellungseröffnung üblich, gewichtige Worte zu hören.

Der Kunstvereinsvorsitzende Benno Müller scherzte nach dem ersten Saxofonintro: "Guten Tag meine Damen und Herren – ich begrüße sie herzlichst zur ersten Swing- und Tanzparty des Kunstvereins". Müller weiter: "Liebe Tuttlinger, sie haben gewonnen! Einmal den Mannschaftspreis für die zahlenmäßig größte Gruppe, die heute hier anwesend ist, und zweitens auch deshalb, weil sie einen solch tollen Künstler in ihrer Stadt haben."

Timm Kern, Landtagsabgeordneter und Horber, war es, der die Grußworte überbrachte und die Ausstellung mit einer Aneinanderreihung von berühmten Zitaten eröffnete. So ließ er den deutsch-amerikanischen Maler und Grafiker Lyonel Feininger (1871-1956) zu Wort kommen, von dem folgender Satz überliefert ist: "Kunst ist nicht Luxus, sondern Notwendigkeit". Kern ging in seinen weiteren Ausführungen näher auf diese Behauptung ein. "Kunst und Kultur sind schlicht Ausdruck des menschlichen Lebens und somit Notwendigkeit auf dem Weg zu einer ganzheitlichen Bildung", lautete eine Feststellung von Kern. Kunst ist seiner Ansicht nach mehr als nur eine "Verzierung der Welt", wie es Wilhelm Busch einmal beschrieb. Nach diesen wohlgesetzten Worten gab es nochmals den Sound aus dem Saxophon zu hören, bevor der Künstler selbst – wer könnte es auch besser – in seine Werkschau einführte.

Weitere Informationen: Die Ausstellung von Udo Braitsch ist noch bis zum 1. November zu sehen. Die Öffnungszeiten der Galerie sind am Samstag von 17 Uhr bis 19 Uhr und am Sonntag von 15 Uhr bis 18 Uhr