Viviana Weschenmoser äußert sich in Horb vor Journalisten der Deutschen Welle zu der Droh-Post, die bei ihr im Briefkasten lag: drei scharfe Kleinkaliber-Patronen. Foto: Lück

Lokalpolitikerin bekommt nach Fund im Briefkasten viel Zuspruch. "Ich lasse mich nicht einschüchtern."

Horb - Das Fernsehteam der Deutschen Welle baut auf in Horb. Der Kameramann nimmt den Briefkasten der Gemeinderätin Viviana Weschenmoser (SPD) vor die Linse. Hier fand die Kommunalpolitikerin an Pfingsten drei schussfähige Kleinkaliber-Patronen.

Viele Kommunalpolitiker ziehen nach solchen Drohungen und Anfeindungen zurück. Weschenmoser nicht. "Deshalb sind wir hier!", sagt Redakteurin Gönna Ketels. Der Dreh der Deutschen Welle – für die Nachrichten bestimmt. Gut zwei Minuten, die zeigen sollen, dass Weschenmoser knapp drei Wochen, nachdem der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke (CDU) erschossen wurde, sich nicht einschüchtern lässt. Sie ist seit fünf Jahren Gemeinderätin in Horb. Wiedergewählt. Und Vorsitzende der Kreis-SPD.

Weschenmoser: "Ich will zeigen, wie man in die Schusslinie geraten kann. Einen direkten Zusammenhang zwischen dem Mord an Lübcke gibt es nicht eins zu eins. Es ist zu erkennen, dass die kleine, braune Menge inzwischen aus den digitalen Räumen herausgegangen ist. Und hier müssen wir ›Stopp‹ sagen." Die drei Patronen, die sie mit der Aufschrift "Bissiger Antifaschist" im Briefkasten gefunden hat, seien kein Einzelfall. "Ich bekomme regelmäßig Post von der rechten Splitterszene. Beispielsweise vom dritten Weg. Als ob die mir zeigen wollen, dass sie wissen, wo ich wohne. Bei meinen Nachbarn tauchen diese Flugblätter nie auf."

"Ich lasse mir keine Angst machen. Ich trete immer gegen Hass und Hetze an – so etwas irritiert mich nicht. Allerdings ist das mit den Patronen schon eine Eskalationsstufe erheblichen Ausmaßes. Da wird sich Mittel bedient, die hochkriminell sind. Ich lass mich aber nicht einschüchtern, sondern ich sage: Das dürfen wir nicht mehr zulassen", erzählt sie weiter.

Seit dem Patronenfund und der Berichterstattung bekomme sie positive Rückmeldungen. "Ich denke, es ist wichtiger denn je, nach dem Mord an Walter Lübcke über Achtsamkeit und respektvollen Umgang zu diskutieren und zu streiten." Das Bekenntnis zu rechts-konservativen Inhalten und AfD-Positionen habe zugenommen, sagt sie. Für die Gesellschaft gebe es aber spätestens nach dem Lübcke-Mord keine Argumente mehr, auf dem rechten Auge blind zu sein. Ob sie jetzt Angst hat? "Für mich ist es keine Option, jetzt aufzugeben. Jeder, der sich ehrenamtlich engagiert, sollte das tun können, ohne einen Vorsichtskatalog aufarbeiten zu müssen."