Waren die Markierungen im Großen Hau umsonst? Die Stadt wehrt sich weiter gegen das Windpark-Aus. Foto: Hopp

Verwunderung über Aussagen der Landesanstalt für Umwelt. "Gutachter hat LUBW-Empfehlungen eingehalten".

Horb - Hat die Landesanstalt für Umwelt, Messung und Naturschutz (LUBW) das Horber Datenmaterial zum Windpark nur unzureichend geprüft? Diese Frage stellt die Horber Stadtverwaltung und wehrt sich gegen die Kritik am Stadt-Gutachten.

Jürgen Marx, Referatsleiter Artenschutz der LUBW, hatte im Gespräch mit unserer Zeitung einige Gründe genannt, warum die LUBW dem Regierungspräsidium (RP) empfohlen hatte, den Windpark im Großen Hau in Rexingen abzulehnen. Gestern nahm auch die Stadtverwaltung Kontakt mit Marx auf.

Oberbürgermeister Peter Rosenberger ist mit der Linie der LUBW nicht zufrieden: "Die LUBW verhält sich höchst seltsam. Herr Marx gibt uns zwar telefonisch Auskunft auf unsere Fragen, aber die schriftliche Stellungnahme erhalten wir nicht." Die Stadt hatte seit der Entscheidung des RP kritisiert, dass es keine Transparenz im Verfahren gibt. Aufgrund des nicht-öffentlichen Petitionsverfahrens erhalte die Stadt die detaillierte Begründung für die Ablehnung nicht.

"Es verwundert doch sehr, dass die Stellungnahme der LUBW der Stadt Horb weiterhin mit der Begründung vorenthalten wird, diese sei aufgrund des parallel laufenden Petitionsverfahrens vertraulich. Gleichzeitig gibt LUBW-Referatsleiter Jürgen Marx telefonisch dem Schwarzwälder Boten Auskunft über genau diese angeblich so vertraulichen Inhalte", so Rosenberger.

Allein die Auskünfte, die Marx gegenüber dem Schwarzwälder Boten machte, lassen Rosenberger zweifeln. So wird beispielsweise behauptet, der Beobachtungszeitraum des städtischen Gutachtens sei zu kurz gewesen. Fachbereichsleiter Peter Klein von der Stadt Horb widerspricht: "Aus dem städtischen Gutachten und aus dem erfolgten Nachtrag, den die Untere Naturschutzbehörde – das Landratsamt – gefordert hatte, geht eindeutig hervor, dass unser Gutachter vom 29. Februar 2011 bis zum 19. Juli 2011 erfasst hat. Den LUBW-Richtlinien entsprechend sollen die Beobachtungen beim Rotmilan zur Balzperiode und zur Bettelflugperiode stattfinden. Warum hier behauptet wird, dass der Zeitraum zu kurz sei, ist für uns nicht nachvollziehbar."

Ähnlich verhalte es sich mit der Aussage von Marx, dass das Gutachten der Stadt Schwächen hinsichtlich der Beobachtungsintensität aufweist. Laut Marx empfiehlt die LUBW im Beobachtungszeitraum 18 Begehungen mit je drei Stunden und konnte im städtischen Gutachten nur acht entdecken. "Ein Blick in das städtische Gutachten samt Nachtrag macht jedoch deutlich, dass insgesamt 25 Untersuchungstermine in Bezug auf Brutvögel speziell zum Aufenthaltsgebiet der gefundenen Rotmilan-Brutpaare stattfanden", so Klein. "Somit wäre es dokumentiert: Die LUBW hat unsere Gutachten und die Ergänzungen im Flächennutzungsplanverfahren nicht mit der notwendigen Sorgfalt angeschaut. Dies jedoch mit der Konsequenz, dass unser Teilflächennutzungsplan dadurch nicht genehmigt wurde", ergänzt der Oberbürgermeister.

Weiter kritisiert der LUBW-Referatsleiter, dass im Gutachten keine Angaben über die Wettersituation und die Länge der Beobachtungstermine ersichtlich wären. Peter Klein bestätigt zwar, dass diese Angaben tatsächlich nicht im Gutachten stehen, jedoch seien die Erhebungen entsprechend den geltenden wissenschaftlichen Richtlinien nur bei günstigem Wetter durchgeführt worden. "Eine einfache Rückfrage bei der Stadt hätte zur Klärung beigetragen", so Klein.

Auch der Oberbürgermeister versteht die LUBW nicht: "Es kann doch nicht sein, dass die LUBW lediglich durch fehlende Angaben in einem Gutachten zu dem Schluss kommt, dass die Begutachtung per se fehlerhaft ist."

Auf Anfrage der Stadtverwaltung am heutigen Dienstag teilte Marx mit, dass man auch weiterhin die Stellungnahme nicht an die Stadt herausgeben werde. Er erklärte sich jedoch bereit, Antworten auf naturschutzfachliche Fragen zu geben. Mit allgemeinen Aussagen gibt sich die Stadtverwaltung jedoch nicht zufrieden. "Will die LUBW künftig glaubhaft bleiben, muss der Stadt die Stellungnahme, die Grundlage für die Entscheidung des Regierungspräsidiums war, vollumfänglich zur Verfügung gestellt werden", so Rosenberger.

Der Referatsleiter habe der Stadtverwaltung heute ebenfalls mitgeteilt, so die Stadt, dass er davon ausgehe, dass die Stellungnahme der LUBW inhaltlich vollständig in die Versagung des Regierungspräsidiums eingeflossen sei. Peter Klein verwundert dies: "Gegenüber der Stadt wurde seitens des Regierungspräsidiums mitgeteilt, dass die LUBW-Stellungnahme rund 30 Seiten umfasse. Der Ablehnungsbeschied des Regierungspräsidiums hat gerade einmal 14 Seiten umfasst, neben artenschutzrechtlichen Aspekten auch Rechtsgrundlagen, Verfahrenshinweise sowie die Rechtsbehelfsbelehrung. Es ist daher höchst fraglich, ob die Stellungnahme vollständig wiedergegeben ist."

Auch überregional seien die ersten Konsequenzen auf die Ablehnung des Horber Flächennutzungsplanes festzustellen, so Rosenberger. Der Schwarzwälder Bote berichtete gestern, dass sich nun die Stadt Sulz von ihrer eigenen Planung für Windkraftanlagen verabschiede. Rosenberger: "Der dortige Bürgermeister Gerd Hieber befürchtet in Sulz die gleiche Situation was Greifvögel angeht, wie in Horb."

Der OB stellt sich nun die Frage, ob die nun entstehenden Sorgen bei den Städten und Gemeinden in Baden-Württemberg die Windkraftpläne der Landesregierung verzögern.

Erhellung könne das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur bringen, indem die Stellungnahme der LUBW freigegeben werde, so die Stadt. Eine entsprechende Anfrage stellte die Horber Stadtverwaltung bereits am vergangenen Freitag.