Foto: Hopp

Brutale Attacke auf Wirt von "Sues Salatschüssel". Täter hofft auf Bewährung.

Horb - Es war eine Tat, die die Stadt erschütterte: Der Wirt von "Sues Salatschüssel" wurde brutal zusammengeschlagen. Nun muss sich der Schläger vor dem Horber Amtsgericht verantworten.

Am Abend des 23. Juni 2016 zerstörte ein Mann aus dem Horber Stadtgebiet nicht nur die Zukunft von Gerhard Haizmann, sondern auch die von Susanne Graf, dies wurde bei der Verhandlung vor dem Amtsgericht deutlich. Susanne Graf, Mutter von drei Kindern, war die Besitzerin des Lokals "Sues Salatschüssel" (Foto oben), Gerhard Haizmann ihr väterlicher Freund, Mitarbeiter und Mitbewohner im gemeinsamen Haus in Waldachtal.

Sie waren ein Team, das sich sehr gut allein versorgen konnte. Bis zu dem Abend, an dem der stark alkoholisierte 30-Jährige als Gast in die "Salatschüssel" kam. Er hatte sich sehr darüber aufgeregt, dass ihm an diesem Tag ein Schreiben der Justiz ins Haus geflattert war, in dem er aufgefordert wurde, an den Ex-Liebhaber seiner Frau 1000 Euro Schadenersatz zu zahlen, erklärte er vor Gericht. Grund für diese Forderung war, dass er aus Wut über den Seitensprung seiner Frau dem Widersacher Bauschaum in den Auspuff gespritzt und dadurch dessen Auto beschädigt hatte. Diese Tat geschah im Alkoholrausch. Bei der Rückfahrt wurde er wegen seiner unsicheren Fahrweise von der Polizei angehalten. 1,8 Promille ergab die Blutprobe, er war seinen Führerschein los.

Am Morgen der Tat soll er dann zuerst seine Frau gebeten haben, sie möge mit ihrem früheren Liebhaber ein Gespräch führen und ihn bitten, die Kosten des Strafbefehls zu senken. Die Frau lehnte ab, der Mann verließ das Haus, ging in eine Werkstatt auf dem Hohenberg, schraubte dort an Autos herum, kaufte sich gegen 16 Uhr auf dem Hohenberg eine Flasche Wodka, quasi als Mutmacher, denn nun er wollte das Gespräch, das seine Frau abgelehnt hatte, selber führen. Dazu marschierte er ins Industriegebiet Heiligenfeld, versuchte seinen Widersacher zu erreichen, traf ihn aber nicht an. Er wollte mit dem Bus wieder zurück, doch der Bus kam nicht und aus Frust machte er den Wodka nieder. Etwas später, so gegen 19 Uhr, kehrte er dann in der "Salatschüssel" ein.

Dort aß er laut Anklage eine Currywurst, trank ein Bier und fing aus heiterem Himmel einen Streit mit dem anwesenden Wirt an, der gerade dabei war, das Lokal für den nahen Feierabend fertigzumachen. Er soll den Mann dabei brutal zusammengeschlagen haben. Er packte – so hieß es vor dem Amtsgericht – seinen Kopf von hinten und schlug ihn mehrfach mit voller Wucht auf einen Heizpilz, der in einem Abstellraum stand. Gerhard Haizmann erlitt dabei so schwere Verletzungen, dass es lange Zeit fraglich war, ob man seinen Kiefer und die Wangenpartie überhaupt wieder so aufbauen werden könne, dass der heute 68-Jährige fähig sein würde, sie zu nutzen.

Der Angeklagte schleppte sein Opfer dann laut Anklage im Schwitzkasten vor das Lokal. Dort soll er von ein paar Schichtarbeitern, die gerade einen Kaffee tranken, aufgefordert worden sein, das stark blutende Opfer loszulassen. Dies habe er auch getan, ging dafür auf die beiden Gäste los, die im benachbarten Betrieb Rettung suchten.

Der Angeklagte folgte ihnen und schlug dort einen Staplerfahrer zweimal mit einem abgebrochen Besenstiel ins Gesicht und auf den Arm. Währenddessen setzte sich der mit Adrenalin vollgepumpte Hauptgeschädigte noch in sein Auto und fuhr die acht Kilometer bis nach Hause. Dort brach er schwerverletzt zusammen. Die Gerichtsmedizinerin bestätigte, dass ihm dies vielleicht sogar das Leben gerettet habe, denn der Verletzte blutete so stark aus einigen Wunden, dass er, wäre keine ärztliche Notfall-Versorgung erfolgt, eventuell verblutet wäre. Er wurde per Hubschrauber in eine Klinik in Tübingen gebracht, wo er zehn Tage im künstlichen Koma lag.

Susanne Graf habe nach diesem Vorfall noch eine ganze Zeit versucht, ihr Lokal als ihre wirtschaftliche Grundlage zu halten, doch die Mehrbelastung sei irgendwann nicht mehr zu schaffen gewesen. Haizmann lag im Krankenhaus, zeitweise auf der Intensivstation. Als er zurückkam, war er ein Pflegefall, inzwischen mit Pflegestufe drei. Wie Graf vor Gericht schilderte, wurde auf Dauer alles zu viel: drei Kinder, ein Lokal und dann der ganze bürokratische Aufwand mit der Berufsgenossenschaft und den Anwälten. Sie musste ihr Lokal schließen.

Am Donnerstag begann nun vor dem Schöffengericht die Verhandlung gegen den Schläger. Zehn Zeugen, zwei Gutachter und ein Nebenkläger waren unter anderem geladen.

Ziel dieser Verhandlung war es, festzustellen, ob der Angeklagte zur Tatzeit vermindert beziehungsweise überhaupt schuldfähig war. Der Anwalt des Angeklagten geht davon aus, dass sein Mandant zumindest in einem Zustand der verminderten Schuldfähigkeit gehandelt habe. Ein Umstand, der nach einer langen Beweisaufnahme letztendlich auch vom sachverständigen Gutachter bestätigt wurde. "Mein Mandant kann sich an gar nichts mehr erinnern, er hatte in der Zeit einen Filmriss", so der Verteidiger.

Der Angeklagte war zuvor noch nicht durch Gerwaltdelikte aufgefallen. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft habe sich schwer getan, einen Strafantrag zu stellen. Auf der einen Seite habe man das umfassende Geständnis des Angeklagten, auf der anderen Seite die lebensbedrohlichen Verletzungen des Geschädigten. "Wenn wir hier einen vorbestraften Schläger sitzen hätten, wäre dieser Teil meines Plädoyers der leichteste Teil. Doch hier sitzt ein Mann, der seine Tat zutiefst bereut und der in einem emotionalen Ausnahmezustand gehandelt hat", so die Staatsanwältin. Trotzdem wogen die Verletzungen des Opfers schwer. Die Staatsanwältin forderte insgesamt ein Strafmaß von 30 Monaten Haft, die in dieser Höhe nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden können.

Der Verteidiger des Täters wertete die Sachlage anders. Auch er beschönigte nicht die unvorstellbaren Verletzungen, die sein Mandant dem Opfer beigefügt habe. Doch er zeichnete das Bild eines Mannes, der sich beim Hausbau finanziell übernommen hatte, dem die Ehefrau fremd ging und der all seine Träume, Wünsche und Ziele zu verlieren schien.

Für den Verteidiger war klar: Haftstrafe ja – doch zur Bewährung. Er glaubt, dass eine Haftstrafe von einem Jahr angemessen sei. "Die soziale Existenz meines Mandanten steht auf dem Spiel – und wenn sie ihn ins Gefängnis schicken, dann sehe ich kaum eine Chance, dass er jemals einen finanziellen Ausgleich zahlen kann." Derzeit würden allein rund 80. 000 Euro an Arztkosten auf ihn zukommen.

Das Schöffengericht will am heutigen Freitagmorgen das Urteil in diesem Prozess sprechen.