Horb - Macht die Kantine des Pflegeheims Ita von Toggenburg jetzt die heimische Gastro "kaputt"? Seit Anfang des Jahres werden hier Menüs für 6,50 Euro angeboten. Für einige Gastronomen sind das Dumping-Preise.

Elisabeth Schneiderhan vom Café Reinhardt ist sauer: "Was das Altenheim da macht – für 6,50 Euro ein komplettes Menü inklusive Getränk – das sind Dumpingpreise! Dafür kann kein normaler Gastronom so etwas hinstellen, denn er muss ja was verdienen!" Bei ihr kostet ein Mittagessen im Schnitt um die sieben bis etwas über acht Euro. Dafür gibt es beispielsweise am Freitag Maultauschen.

Im Gemeinderat am Dienstagabend sprach Schneiderhan ihren Ratskollegen Alfred Seifriz, auch der Stiftungsratsvorsitzende der Spitalstiftung, an. Der hatte in einer früheren Sitzung behauptet, es würde nicht genügend Angebote von Gastronomen in der Stadt geben.

OGL-Kollege Markus Pagel hatte daraufhin eine Liste mit Mittagstischen recherchiert und an alle Stadträte verteilt. Schneiderhan sagte nun im Gremium: "Es gibt insgesamt 17 Mittagstische, drei davon auf dem Hohenberg, in Horb – also eine große Auswahl."

Das umstrittene Mittagsmenü in der Kantine des Pflegeheims der Spitalstiftung – es besteht aus Suppe, Hauptspeise und Dessert. Auf dem Tisch steht ein Mineralwasser zum Einschenken. In dieser Woche gab es beispielsweise Gemüsecremesuppe, Tafelspitz mit Meerrettich und Joghurt (Mittwoch), oder Kraftbrühe, Paniertes Schnitzel mit Ofenkartoffel und Dunstobst (Donnerstag). Alles für 6,50 Euro.

Alfred Seifriz: "Der offene Mittagstisch läuft gut. Sogar Mitarbeiter der Stadt kommen schon. 6,50 Euro für ein komplettes Menü ist ein Super-Angebot." Sind das Dumping-Preise?

Carsten Müller, Gastronom Gleis Süd und Alte Küche: "Wir müssen Geld verdienen. Wir haben gescheites Personal, das entlohnt werden muss. Dazu liefern wir Qualität und kaufen auch hochwertige Rohstoffe ein – beispielsweise vom Hofladen Schmid in Bittelbronn. Unsere Speisen werden mit einem großen Personalaufwand selbst hergestellt. Unsere Preise sind deshalb fair kalkuliert. Wenn dann ein Mitbewerber mit solchen Dumpingpreisen kommt, ist das nicht in Ordnung!" Im Gleis Süd am Bahnhof kostet beispielsweise der Mittagstisch "Buffet mit vier verschiedenen Pasta und Salat" 7,20 Euro. In der Alten Küche im Einkaufszentrum gibt es beispielsweise zum Gericht ein 0,4 Liter großes alkoholfreies Getränk für zwei Euro dazu. Ein Beispiel: Tagesbraten mit Beilagen (Pommes oder Spätzle und Gemüse nach Wunsch) oder Linsen mit Spätzle kosten so 10,80 Euro.

Der Chinese am Bahnhof sieht es entspannter. Besitzerin Xiao Chen: "Ich sehe das Pflegeheim nicht als Konkurrenz. Zu mir kommen abends auch viele Bosch-Mitarbeiter – die wollen nach Feierabend was anderes sehen. In deren Kantine kostet das Essen 4,50 Euro."

Das Mittagsangebot hier: Buffet mit allem, was man mag. Inklusive Sushi, Suppe, Salat, Früchte zum Nachtisch. Für Erwachsene kostet das Buffet 8,50 Euro, für Kinder 5,50 Euro.

Will das Pflegeheim die Gastonomen kaputt machen? Thomas Müller, Stiftungsdirektor der Spitalstiftung, antwortet: "Wir möchten nicht in Konkurrenz zur örtlichen Gastronomie treten. Unsere Klientel sind eher die älteren Menschen in der Umgebung, die den offenen Mittagstisch nutzen, um sich mit den Pflegeheimbewohnern zu treffen. Jeder kann in das Heim hineingehen und sich ein Bild machen. Uns geht es vor allem darum, Hemmschwellen abzubauen."

Er betont, dass es nicht jedermanns Sache sei, gemeinsam mit den Pflegeheimbewohnern zu speisen. Und das es in der Kantine von Ita von Toggenburg "lauter" ist als in der normalen Gastronomie.

Gleichzeitig kündigt er noch ein Projekt an, welches Gastronomen nicht schmecken dürfte. Müller: "In acht Tagen werden wir ein offenes Café in unserem Speisesaal anbieten. Freitag, Samstag und Sonntag zwischen 13 und 17 Uhr. Das wird aber bescheiden – es gibt kein neues Café Kipp!"

Pro: Ein Ort der Begegnung

Der Mittagstisch des Altenheims Ita von Toggenburg als Bedrohung für Horbs Gastronomen? Einige scheinen das wohl so wahrzunehmen. Doch Kantinenessen ohne Bedienung in einem Speisesaal trifft schließlich nicht jedermanns Geschmack. Zudem sollte man sich in Erinnerung rufen, was die Idee der Horber Spitalstiftung war, als sie das Altenheim für die Horber Bevölkerung geöffnet hat: Hemmschwellen abbauen, Begegnung schaffen und vom Quartiersdenken wegkommen. Das hatte Stiftungsdirektor Thomas Müller als Absicht dahinter hervorgehoben. Hinzu kommt ein weiterer Hintergedanke: den Senioren eine möglichst gute Verpflegung zu bieten. Denn was beim Mittagstisch eingenommen wird, das fließt wieder in das Budget, das die Spitalstiftung jeden Tag für die Bewohner zur Verfügung hat. Und das entspricht täglich lediglich fünf Euro. Nicht viel also beispielsweise für leckere Rinderrouladen mit Rotkohl und Knödeln oder Wildlachs in Dillsauce mit Reis.

Zur Person: Lena Straub ist Redakteurin der Lokalredaktion Horb.

Kontra: Warum nicht eine Preis-Staffelung?

Vorsuppe, Hauptgericht, Nachtisch und Mineralwasser für 6,50 Euro – da kann kein Gastronom mithalten. Die Spitalstiftung sagt, dass das Menü vor allem ein Angebot für Senioren sein soll. Doch gleichzeitig ist die Freude groß, dass auch Rathaus-Mitarbeiter im "Ita von Toggenburg" schlemmen. Denn das Essen dort genießt zu Recht einen guten Ruf. Warum dann nicht eine Preis-Staffelung? Für Senioren – die oftmals nur eine kleine Rente haben und sich über Gesellschaft freuen – und bedürftige Menschen gilt weiterhin der Spar-Preis. Für alle anderen Gäste, die gerne eine Kantine nutzen möchten, kostet es 20 Prozent mehr. So macht es beispielsweise die Uni Tübingen in ihrer Mensa. Mit der Vorlage eines Rentenausweises oder der Tafelladen-Karte lässt sich das ganz leicht managen. Das Menü ist auch für den höheren Tarif immer noch unschlagbar preiswert und auch legitim, weil es trotz des angenehmen Ambiente immer noch ein Speisesaal ist.

Zur Person: Florian Ganswind ist Redaktionsleiter der Lokalredaktion Horb.