Mancherorts (hier in einem ICE) gibt es sie bereits: Schilder mit Blindenschrift. Sind solche Hinweistafeln bald auch in Horb zu finden? Foto: Klormann

Antrag im Gemeinderat soll letztlich zu besseren Bedingungen für Menschen mit Behinderungen führen. Mit Glosse

Horb - Ob zu hohe Bordsteine oder ein ungeeigneter Behindertenparkplatz – in Sachen Barrierefreiheit spielte Horb in den vergangen Jahren nicht immer in der ersten Liga. Die SPD-Fraktion im Gemeinderat will das unter anderem mit "Wheelchair-Maps" nun ändern. Doch nicht jeder Vorschlag wird von der Stadt als sinnvoll erachtet.

Als Rollstuhlfahrer hat man es nicht immer leicht in Horb. Steile Straßen oder hohe Kanten bremsen aus, machen ein Vorankommen manchmal sogar unmöglich. Vor rund drei Jahren hatte der ADAC gar geäußert, dass der Behindertenparkplatz im Parkhaus "Kaiser" "absolut nicht behindertengerecht" sei. Die Stadt hatte daraufhin nachgebessert, den Parkplatz verlegt.

Für die SPD-Fraktion des Horber Gemeinderates ist in Sachen Barrierefreiheit jedoch noch immer deutlich Luft nach oben. Deshalb fordern die Räte nun in einem Antrag, die Bedingungen für Menschen mit Behinderungen zu verbessern.

"Wheelchair-Map"

Unter anderem schwebt der SPD eine "Wheelchair-Map" für die Gesamtstadt vor, also eine Karte, auf der verzeichnet ist, wo in der Stadt barrierefreie Einrichtungen, Lokalitäten, Toiletten zu finden sind. Zumindest in der Kernstadt ist die Stadt der SPD in dieser Hinsicht indes eine halbe Nasenlänge voraus.

"Die Arbeitsgruppe ›Barrierefreie Stadt‹ unter Leitung der städtischen Behindertenbeauftragten hatte sich bereits sehr ausführlich mit diesem Thema beschäftigt", erklärt Bürgermeisterreferent Christian Volk auf Anfrage unserer Zeitung. "Für die Kernstadt liegt eine Kartierung von barrierefreien WCs, öffentlichen Aufzügen und behindertengerechten Parkplätzen vor, die bei der Behindertenbeauftragten und der Stadtinformation zu erhalten ist. Diese sind auch im Internet veröffentlicht."

Natürlich deckt die Stadt damit noch längst nicht alle von der SPD geforderten Bereiche ab. Auch die Stadtteile sind bislang blinde Flecken auf der geforderten Karte. "Die Erstellung ist hinsichtlich der Erfassung von Barrieren mit ihren unterschiedlichen Ausprägungen sehr aufwendig, sofern man nicht nur die oben aufgeführten WCs und Stellplätze erfassen will", räumt Volk ein.

Allerdings, so der Bürgermeisterreferent, habe sich durch die Erfahrung aus anderen Städten auch bereits gezeigt, dass "Wheelchair-Maps" "aufgrund verschiedener Entwicklungen schnell veralten und dann eher kontraproduktiv sind". Deshalb habe sich die Arbeitsgruppe "Barrierefreie Stadt" entschieden, die Kartierung nicht auf private (Geschäfts-)Gebäude oder Einrichtungen auszudehnen.

Schilder auf englisch/ in Blindenschrift

Doch der Antrag der SPD geht weit über eine Hilfe für Rollstuhlfahrer hinaus. So sollen künftig "an zentralen Informationspunkten, Hinweisschildern und Verkehrshinweisen die entsprechenden Informationen zum einen in englischer Sprache (zur Information von Touristen, Anm. d. Red.), zum anderen in Brailleschrift (besser bekannt als Blindenschrift, Anm. d. Red:)" aufgeführt werden.

Gerade dieser Vorschlag stößt in der Verwaltung nicht gerade auf Gegenliebe – was möglicherweise nicht zuletzt an der schieren Masse an Schildern liegen könnte. Allein die touristische Leitbeschilderung der Kernstadt umfasst rund 300 Schilder an etwa 30 Standorten, sagt Bürgermeisterreferent Volk.

Zudem sei, aus Sicht der Stadt, zum einen "eine englischsprachige Ausweisung der Beschilderung nicht notwendig, da die Ziele in der Regel durch Eigennamen bzw. durch international übliche Piktogramme dargestellt" würden, erklärt Volk. "Unabhängig hiervon könnte es sinnvoll sein, Broschüren auf englisch oder auch anderen Sprachen Touristen zur Verfügung zu stellen."

Zum anderen steht die Verwaltung aber auch einer flächendeckenden Verwendung der Blindenschrift auf Schildern eher skeptisch gegenüber. "Die Ergänzung von Brailleschrift-Elementen ist nur dort sinnvoll, wo die Informationstafel auch durch Blinde überhaupt aufgefunden werden können (zum Beispiel bei Etagenknöpfen im Aufzug)", sagt der Bürgermeisterreferent. Gerade die touristische Beschilderung eigne sich nicht sonderlich für Blindenschrift, "da in aller Regel dem Blinden nicht bekannt ist, wo überhaupt eine Leitbeschilderung installiert ist".

Vorstellbar sei aber eine Heranführung an Schilder, beispielsweise durch Leitstreifen. "Diese sind aber nur im Bereich von Neubauvorhaben sinnvoll zu integrieren und sind zum Beispiel bei der Umgestaltung des Busbahnhofes angedacht", so Volk.

Ampelanlagen

Wenn ein Ton den Weg weist: Gerade Straßen stellen häufig eine besondere Gefahr für blinde oder stark sehbehinderte Menschen dar – zumindest, wenn die Tonsignale an Ampeln nicht zuverlässig funktionieren. Die SPD fordert in ihrem Antrag daher auch, diese Signale zu überprüfen. Einen besonderen Anlass gebe es für diesen Vorschlag aktuell aber eigentlich nicht, erklärt Christian Volk.

"Vor Jahren, in der Anfangsphase der tongebenden Signalanlagen, gab es zunächst Probleme mit der Lautstärke", so der Bürgermeisterreferent. "Durch eine Kalibrierung konnte das Problem jedoch bereits längst behoben werden. Aktuelle Probleme sind uns derzeit nicht bekannt."

Barrierefreies Bauen

Mit ihrem letzten Punkt möchten die Sozialdemokraten die Stadt schließlich beauftragen, "weiterhin im besonderen Maße darauf hinzuwirken, dass bei sämtlichen anfallenden städtischen Baumaßnahmen die Richtlinien barrierefreien Bauens umgesetzt werden".

Dies sei jedoch längst der Fall, unterstreicht Christian Volk. "Die Stadt achtet bei allen Hoch- und Tiefbaumaßnahmen – unabhängig davon, ob es sich um einen Neubau oder eine Sanierung handelt – auf die Einhaltung der einschlägig geltenden Richtlinien", betont der Bürgermeisterreferent. "Bei größeren Baumaßnahmen erfolgt eine Beteiligung der Behindertenbeauftragten und der Arbeitsgruppe ›Barrierefreie Stadt‹. Konkrete – ungelöste – Problem- und Fragestellungen sind der Verwaltung nicht bekannt."

So scheinen letztlich also einige SPD-Vorschläge bereits in der Umsetzung zu sein. Anderen steht die Stadt dagegen ablehnend gegenüber. Was sich am Ende tatsächlich durchsetzen wird, steht derzeit noch in den Sternen. Denn, wie Bürgermeisterreferent Volk es so treffend formulierte: "Wie bei Anträgen im Gemeinderat üblich bleibt die Aufarbeitung des Themas und die Beratung im Gemeinderat abzuwarten."

Glosse: Braucht kein Mensch

Von Ralf Klormann

Ein interessanter Vorschlag: Die SPD-Fraktion des Horber Gemeinderates fordert die Stadt auf, eine so genannte "Rollstuhl-Karte" zu erstellen, auf der ersichtlich sein soll, wo man barrierefrei ein- und ausgehen kann – und wo nicht.

Menschen mit Behinderung würden sich über so etwas sicher freuen. Andere sagen dazu hingegen: "Das braucht kein Mensch." Letzteres ist ohne jeden Zweifel die vernünftigere Haltung. Sie steht für Weitsicht, Fortschritt, Überblick. Dummerweise setzte sich diese Erkenntnis nicht immer durch – obwohl es häufig besser gewesen wäre.

Man denke nur an den Ackerbau, der vor rund 13 000 Jahren erfunden wurde. Hätten clevere Köpfe diese Technik damals abgelehnt, würde heute keine Gentechnik unsere Natur verändern.

Oder an das Auto. Wäre im Jahr 1886 Carl Benz von dem Satz "Das braucht kein Mensch" entmutigt worden, hätte er nie das moderne Automobil mit Verbrennungsmotor kreiert. Der Umwelt wäre vieles erspart geblieben.

Und wenn unsere Vorfahren in grauester Vorzeit bereits mit dieser Weisheit gesegnet gewesen wären, dann hätten sogar etliche Feuersbrünste verhindert werden können. Und Kriege wären ohne Bomben und Gewehre geblieben.

Sie fragen sich wie? Ist doch klar: Auf das erste Feuer, das je ein Mensch entfachte, hätten dessen Zeitgenossen dann nicht mit Faszination reagiert. Sondern mit einem Eimer Wasser. Und natürlich mit den Heil bringenden Worten: "Das braucht kein Mensch."