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Die eindrucksvolle Karfreitags-Botschaft von Elisabeth Kaiser

Kunst und Musik in der Kirche. Dient dazu, die Andacht der Gläubigen zu fördern. Beim politischen Nachtgebet in der evangelischen Johanneskirche zeigt Elisabeth Kaiser, wie Jesus am Kreuz gelitten haben muss. Schreit den Schmerz hinaus. Beeindruckender geht es nicht.

Horb. Es geht um Flucht an diesem Abend kurz vor Karfreitag. Und um das Leiden und den Tod von Jesus. Der durch seinen Tod alle Gläubigen von Last, Verfolgung, Fehlern – kurz durch seine Gnade – befreit.

Die Flucht: Djibril, Ehemann von Elisabeth Kaiser und aus dem Senegal geflüchtet, lässt auf seiner Trommel die Füße und Schritte der Flüchtenden erklingen. Michael Grüber an der Orgel gibt einen bedrohlichen Bass dazu. Improvisiert dann Jazzmäßig die Angst, die Hektik, die Bedrohung, das Gehetzsein. Die Musik lässt einen förmlich spüren, wie man auf der Flucht ist. 

Dann kommt Pfarrer Michael Keller auf das Kreuz zu sprechen und sagt: "Es ist ein Geschenk, dass Jesus den Tod auf sich genommen hat, um uns durch seine Gnade zu erlösen. Bitte erschrecken sie nicht, wenn sie jetzt die Performance von Elisabeth Kaiser hören. Sie wird die Schreie, das Leid von Jesus um seinen Tod uns darbieten."

Los geht es auf der Orgelempore mit einem leisen "Ta, Ta" von Elisabeth Kaiser. Dann hört man die Qualen – markerschütternde Schreie, Gesang, die tief in die Seele gehen. Nach gut einer Minute sackt Kaiser zusammen. Kniet zusammengekauert mit runden Rücken am Boden. Grüber an der Orgel hat die Augen geschlossen. Der Schmerz Jesu am Kreuz – spürbar, unmittelbar nacherlebbar. 

Ein wertvoller Moment, der jedem Besucher in die Seele brennt, warum Karfreitag ein Tag der Stille sein sollte. Des Gedenkens.

Elisabeth Kaiser ist Gesangs-Performance-Künstlerin. War im Künstlerhaus Horb. Ist Synästhetikerin, wie sie sagt. Heißt konkret: Sie kommuniziert mit anderen Gegenständen und setzt das, was sie von den Gegenständen spürt, in Gesang um. Die aufsehenerregende Kaktus-Performance im Juli 2015 in Horb ist bis heute legendär.

Pfarrer Keller erzählt von der biblischen Rut

Diesmal hat Kaiser mit dem Kreuz in der Johanneskirche kommuniziert. Sie sagt: "Ich habe die Dornenkrone gespürt. Pick, pick, pick." Klopft sich mit dem Finger rund um den Schädel. "Ich habe gespürt, wie mir die Beine weggeschlagen wurden, die Schläge gespürt, wie die Nägel eingeschlagen wurden. Das war das Krasseste, was ich bisher erlebt habe." Und die Besucher haben es gespürt, gehört. Musik und Kunst – perfekt verschmolzen zum Karfreitag. Pfarrer Keller: "Das hat mich sehr beeindruckt."

Die Flucht: Auch die wurde thematisiert. Michael Widmann ließ zuerst die Gebetsbesucher aufstehen, in deren Familiengeschichte Fluchterfahrungen vorkommen. Oder die Migranten kennen oder in der Familie haben. 

Pfarrer Keller erzählt in seiner Andacht von Rut. Der Flüchtlingsfrau Rut, die in der neuen Heimat Feldarbeit machen muss. Grundbesitzer Boah heiratet sie schließlich. Keller: "Das Buch erzählt von der Liebe zwischen einen Grundbesitzer und einem Flüchtling. Das Kind der beiden ist der Großvater von König David." Fazit: Flüchtlinge können auch Segen bringen.

Danach schlägt Djibril die Trommel, während die Besucher in den Art-Park gehen. Widmann erklärt hier das Kunstwerk "Zerbrechlich". Frieden, Shalom und Peace in Holzkisten gepackt. Am Baum, auf dem Jamiu Olokodana die Schuhe aufgehängt hat, die er während seiner Flucht aus Nigeria verschlissen hat, schaut der Künstler ernst auf die Besucher.

Keller greift zum Abschluss zur Gitarre. Alle singen: "Wenn das Leid jedes Armen uns Christus zeigt, und die Not, die wir lindern, zur Freude wird, dann hat Gott unter uns schon sein Haus gebaut."

Der perfekte Abschluss. Mit Horbs erstem politischen Nachtgebet hat Initiator Michael Widmann dank der Künstler die Messlatte sehr hoch gelegt. Das nächste ökumenische Nachtgebet der Diakonie Sulz ist am Mittwoch, 12. Juni, in Schramberg.