Udo Braitsch vor einem seiner sehr vielschichtig aufgebauten Stillleben Foto: Morlok Foto: Schwarzwälder Bote

Kunst: Udo Braitsch stellt seine Bilder in der Hauptgeschäftsstelle der Raiffeisenbank Horb aus / 32 Exponate aus drei Jahrzehnten

Die Welt im Zerrspiegel zwischen Ordnung und Chaos. Das ist die Bilderwelt des Tuttlinger Malers Udo Braitsch. In der Horber Hauptgeschäftsstelle der Raiffeisenbank kann man seine Bilder nun betrachten.

Horb. Die teils recht dramatisch wirkenden Kompositionen lösen die bunte Bilderwelt des in Göttelfingen lebenden Malers Wolfgang Hehl ab. Braitsch bedient sich bei seinen Arbeiten der altbekannten Technik des Stilllebens, setzt es aber in das Spannungsfeld von Realität und ihrem verzerrten Spiegelbild. Er arbeitet sozusagen eindimensional dreidimensional. Das eindimensionale ist das Bild, die Basis für die Wahrnehmung an sich; die weiteren Dimensionen kommen durch die unterschiedlichen Sichtweisen und Betrachtungswinkel dazu.

Lehrerberuf und Maler, das ging bei ihm immer Hand in Hand

Die Arbeiten von Braitsch könnte man in die Schublade abstrakten Kubismus stecken und doch sind sie mehr. Sie haben Namen und erzählen Geschichten. Wie beispielsweise die "Tuttlinger Ballade", die er als Umschlagsbild für seinen Katalog ausgewählt hat. Diese Ballade, in der all das zu sehen ist, was im Leben des Künstlers wichtig ist – teils nur ganz symbolhaft angedeutet, teils klar erkennbar – macht mehr als deutlich wie Braitsch arbeitet und seine Bilderzählungen aufbaut. Der Künstler selbst beschreibt sein Art des Malens so: "Meine Bilder beruhen zunächst auf der intensiven Beobachtung visueller Tatsachen, sind also direkt nach der Natur gemalt. Begrifflich identifizierbare Gegenstände spiegeln sich in einer unregelmäßigen Metallfolie und verändert dort ihr ursprüngliches Aussehen. Das Urbild und seine Metamorphosen vereinigen sich zur Ganzheit, und ihre Korrespondenz lässt Assoziationen entstehen, die über den Bereich der reinen Ästhetik hinausführen."

Jedes seiner Bilder durchläuft einen langen Entwicklungsprozess. Nur so ist es ihm möglich, beispielsweise die Satin-Tischdecke in dem Werk "Marilyns Traum" mit ihren Schattierungen und dem Faltenwurf nahezu fotorealistisch wiederzugeben, während Gegenstände wie das Trinkglas und die Karaffe, wie im Zerrspiegel eines Kaleidoskops verwischen.

Dieses Bild hängt an sehr prominenter Stelle in einem der Wartebereiche in der Bank und so mancher Kunde wird dort Zeit finden, sich den rosa und goldenen Traum von Marylin M. intensiv anzuschauen.

Geboren wurde der Künstler, der viele Jahre – zuletzt als Oberstudienrat – an einer Schule unterrichtete, in Tuttlingen. Lehrerberuf und Maler, das ging bei ihm immer Hand in Hand und der Broterwerb als Lehrer war all die Jahre ganz wichtig, erklärte er im Gespräch mit unserer Zeitung, weil er sich einfach nicht zum "Hungerkünstler" eigne.

Braitsch hat für die Ausstellung, die nun für gut ein halbes Jahr in den Räumen der Raiba zu sehen ist, eine beeindruckende Bildauswahl bereitgestellt. 32 Exponate aus drei Jahrzehnten seiner Schaffensperiode sind es, die er aus seiner mehr als 100 Bilder umfassenden Sammlung, die er derzeit am Lager hat, auswählte.

Im Wesentlichen sind es zwar genau die Werke, die er bereits im September 2015 bei seiner Einzelausstellung in der Galerie des Kunstvereins Oberer Neckar in den Horber Galerieräumen präsentierte, doch in den Arbeiten von Braitsch entdeckt der Betrachter immer wieder neue Ansätze und Impulse. Von der großformatigen Arbeit, bis zum A4-Format ist alles geboten, und wer sich etwas Zeit nimmt, stellt schnell fest, dass der Künstler ein Faible für das Ei hat. Findet man bei seinem Künstler-Kollegen Norbert Stockhus auf fast jedem seiner Bilder eine Kugel, so ist das ovale Ei eine Art Erkennungsmerkmal in den Kompositionen des Tuttlingers.

Diese Art der "Kunst im öffentlichen Raum", wie sie durch dieses Ausstellungsreihe gegeben ist, ist nur durch eine Kooperation der Raiffeisenbank Horb und dem Kunstverein Oberer Neckar möglich. Die Kunden des Geldinstitutes kommen in den Genuss von zwei völlig unterschiedlichen Ausstellungen pro Jahr und für die Künstlerinnen und Künstler bietet sich so die Gelegenheit, sich auch außerhalb einer Galerie zu präsentieren. Ein Mehrwert für alle Seiten.