Gericht: 30-Jähriger schlägt Tür ein / "Ich hatte mich ausgesperrt und etwas im Backofen"

"Reden ist Silber, Schweigen ist Gold" heißt das Sprichwort. Doch das gilt nicht immer vor Gericht. Weil er auspackt, spart sich ein 30-jähriger Horber viel Ärger.

Rottweil/Horb. Das ist schon irre, was da in einem Ortsteil von Horb passiert ist. Weil er sich das Geld für den Schlüsseldienst sparen wollte, schlug Carsten T. (30, Name geändert) seine Wohnungstür mit dem Vorschlaghammer ein.

Vor dem Amtsgericht Horb hat der Mann geschwiegen – und kassierte im April einen Monat Freiheitsstrafe. Und das obwohl er damals auf Bewährung war. Noch am selben Tag legte der Angeklagte Berufung ein: "Ich finde das ungerecht", sagt er.

Im Landgericht Rottweil gibt er sich dann gesprächig. Legt das schwarze Basecap auf den Tisch, legt los: "Ich sehe die Strafe nicht ein. Es ist niemand zu Schaden gekommen. Ich hatte keinen Schlüssel dabei und den Schaden bezahlt. Eigentlich wollte ich die Tür eintreten, weil ich mich ausgesperrt hatte. Mich hat auch nicht der Wohnungseigentümer angezeigt, sondern die Hausverwaltung."

Richter Thomas Geiger: "Dann bestreiten sie nicht die Tat, sondern wollen die Bestrafung anfechten", fasst er zusammen. Dann beginnt das Gericht mit der Beweisaufnahme im Vorschlaghammer-Prozess.

Carsten T.: "Es war spät abends. Ich hatte mich ausgesperrt. Das ist mir nicht das erste Mal passiert. Normalerweise kriege ich die Tür mit einer Karte auf, aber die hatte ich nicht dabei. Ich stand unter Stress, weil ich etwas im Backofen hatte und Kerzen brannten."

Daraufhin ging der 30-Jährige zu der Wohnung seiner Freundin. Doch den dort deponierten Zweitschlüssel hat er nicht gefunden. "Da habe ich dann einen Schraubenzieher aus der Garage geschnappt."

Wieder daheim, versuchte er die Wohnungstür mit dem Schraubenzieher zu öffnen – vergeblich. Der Angeklagte: "Dann bin ich zu meinem Nachbarn gegangen und habe ihn gefragt, ob er eine Scheckkarte hat. Das verneinte er und sagte, er habe nur einen Vorschlaghammer. Dann habe ich den genommen." Richter Geiger: "Warum haben sie nicht den Schlüsseldienst gerufen?" Carsten T.: "Das habe ich schon mal gemacht. Aber die Rechnung war sehr hoch."

Dann fing er um 22.45 Uhr an, mit dem vorschlaghammer gegen die Wohnungstür zu schlagen.

Ein weiterer Hausbewohner: "Ich habe auf dem Sofa gelegen, als ich das Gepolter gehört habe. Ich bin raus und habe gesehen, wie er mit dem Vorschlaghammer gegen die Tür hämmert. Er war nicht allein – geistig gesehen. Ich hab ihn gefragt, was er da macht. Carsten hat gesagt, dass er gleich fertig ist. Ich bin dann gegangen, ehe er mich angreift."

Dann werden die Bilder in Augenschein genommen. Auch vom Mitbewohner, der an zwei Krücken im Gerichtssaal ist. Carsten T. steht mit den Händen in den Hosentaschen vor der Richterbank. Richter Geiger unterbricht die Verhandlung kurz, um den Zeugen aus dem Nebeneingang rauszulassen. Danach ermahnt er den Angeklagten: "Es fällt ihnen manchmal schwer, Schwierigkeiten zu vermeiden. Dem Zeugen etwas hinterherzurufen, ist nicht so günstig." "Ich habe ihm nur gute Heimfahrt gewünscht", versucht sich der Angeklagte zu erklären. Geiger erwiedert: "Sie müssen im Leben noch lernen, manchmal zurückzustecken." Darauf reagiert Carsten T. nur mit einem "Vielleicht".

Die Freundin (37) des Angeklagten ist ebenfalls als Zeugin geladen. Sie bestätigt, dass der Zweitschlüssel zur Wohnung im Holzschuppen neben ihrer Wohnung deponiert ist. "Da kann man jederzeit ran." Die 37-Jährige erklärt dem Gericht: "Wir hatten uns einmal ausgesperrt, als ich noch bei ihm gewohnt habe und haben den Schlüsseldienst gerufen. Das hat 300 Euro gekostet. Seitdem ich bei ihm ausgezogen bin, haben wir den Zweitschlüssel deshalb bei mir deponiert." Das bestätigt auch die Vermieterin. Sie sagt: "Carsten ist nett. Er hat auch nach den Hunden geguckt, wenn ich nicht da war."

Dann hat der Richter genug gehört. Geiger sagt: "Ich werde jetzt mal mit den Schöffen besprechen, was wir machen. Die Sache ist schwierig, und der Angeklagte spielt mit seiner Bewährung. Zusätzlich zur Verhandlung haben wir vom Amtsgericht die Einlassung. Die Geschichte stimmt, er hat den Schaden bezahlt."

Nach einer kurzen Beratung dann der Vorschlag von Richter Thomas Geiger: "Der Sachverhalt erscheint milder, als vom Amtsgericht geurteilt wurde. Die Sachbeschädigung bleibt, der Angeklagte hat den Schaden schnell wieder gutgemacht. Wir können uns vorstellen, das Verfahren einzustellen, wenn der Angeklagte 30 Sozialstunden leistet."

Doch das schmeckt Carsten T. gar nicht: "Ich habe den Schaden beglichen."

Richter Geiger: "Sie kommen immer mit so einem Kleinscheiß hier her. Sie gehen konfrontativ auf die Leute zu, das habe ich ihnen schon öfter gesagt. Ihnen muss doch klar sein, wenn sie mit einem Vorschlaghammer in der Wohnung zu Gange sind, dass es teuer wird." Er fragt Carsten T., ob er derzeit berufstätig ist. Das verneint er. Geiger: "30 Sozialstunden sind nicht viel. Das haben sie in einer Woche erledigt. Freisprechen kann ich sie nicht."

T. versucht noch, herunterzuhandeln: "Zehn Sozialstunden?" Richter Geiger bleibt erstaunlich ruhig: "Das wird nicht verhandelt. Sie sparen dadurch einen Monat Strafe. Das sind dreißig Tage. Das heißt: eine Arbeitsstunde pro Tag." Die Staatsanwältin: "Ich habe das Gefühl, er sieht den Ernst der Lage nicht. Er denkt, das ist hier ein Wunschkonzert." Dann stimmt T. doch noch zu. Die Staatsanwältin abschließend: "In der Hoffnung, dass er sich jetzt am Riemen reißt und keinen weiteren Blödsinn macht, stimme ich zu."