Thomas Metzger (links), Johannes Gunzenreiner und Heinz Högerle bei der Eröffnung der Ausstellung "Flüchtiges Glück" im Museum Jüdischer Betsaal in Horb. Foto: Trommer Foto: Schwarzwälder Bote

Heimatgeschichte: Geschichte einer trügerischen Befreiung: Neue Ausstellung im Jüdischen Betsaal zu sehen

Im Museum Jüdischer Betsaal Horb wurde am Sonntag die Ausstellung "Flüchtiges Glück" eröffnet. Die Professoren Johannes Gunzenreiner und Thomas Metzger aus St. Gallen waren anwesend und erläuterten die Motivation zu der Ausstellung.

Horb. Begrüßt wurden die Gäste von Barbara Staudacher vom Träger- und Förderverein Ehemalige Synagoge Rexingen. Das Thema der Ausstellung ist die Befreiung von jüdischen Häftlingen aus dem Konzentrationslager Theresienstadt im Februar 1945.

Der Zugang des Vereins dazu war die Person von Isidor David, ein Rexinger Viehhändler, der zu dieser Gruppe gehört hat. Bei der Recherche über ihn im Jahr 2015 war man auf Informationen über eine Ausstellung in der Pädagogischen Hochschule St. Gallen gestoßen.

Der Kontakt mit den Professoren Gunzenreiner und Metzger brachte Überraschendes zutage: über jeden der Geretteten existiert im Berner Bundesarchiv ein Dossier, das den Aufenthalt in der Schweiz dokumentiert. Im Museum Jüdischer Betsaal sind bis Oktober 2018 Fotos von Walter Scheiwiller zu sehen, die dieser von den Geretteten gemacht hatte. Eine Tafel berichtet über den Überlebenden Pavel Hoffmann, der heute in Reutlingen lebt – er wird am 21. September in Horb einen Vortrag halten. So auch am 27. September in Bad Wildbad, wo eine Veranstaltungsreihe zu den "Spuren jüdischen Lebens" läuft.

Das Gebäude am Ihlinger Tor war 1903 an die jüdische Gemeinde zur Nutzung als Synagoge vermietet worden, zumindest die Räume im Hochparterre. Nach der Schändung des Betsaals 1938 durch die SA und die Hitlerjugend wurden diese Räume als Wohnungen genutzt, später stand es eine Zeit lang leer. 2006 wurde die Förderstiftung Jüdischer Betsaal Horb gegründet mit dem Ziel, das Haus zu erhalten, zu renovieren und die beiden unteren Etagen für Ausstellungs- und Veranstaltungszwecke des Synagogenvereins Rexingen zu nutzen.

Professor Johannes Gunzenreiner betonte, dass es auch schwarze Ecken in der Schweizer Flüchtlingspolitik gebe, und zeigte dazu zeitgenössische Karikaturen. Doch zu Beginn des Jahres 1945 verhandelte der Alt-Bundesrat Jean-Marie Musy mit Heinrich Himmler und es wurde erreicht, dass schließlich 1200 jüdische Häftlinge aus Theresienstadt in die Schweiz unterwegs waren.

Thomas Metzger sagte dazu, dass bereits Ende 1944 das NS-Reich begonnen habe zu zerfallen und die Schweizer eine Art Privatfrieden gewünscht hätten. Als die Liste in Theresienstadt bekannt wurde, löste diese dort Panik aus: die Menschen befürchteten die Deportation und 50 Prozent lehnten ab. Die Zugfahrt gestaltete sich sehr schwierig, und die Ankunft an der Schweizer Grenze war auch nicht einfach. Die Behörden waren nicht informiert worden.

Professor Gunzenreiner stellte das Projekt genau vor. Die Flüchtlinge wurden im Februar 1945 im Haus Hadwig in St. Gallen untergebracht, wo sich heute die Pädagogische Hochschule befindet. Mit 52 Studenten und einigen Dozenten wurde eine Ausstellung ausgerichtet, die Porträts von Fotograf Scheiwiller waren ja vorhanden. Dieser wurde zu dem Thema befragt; laut seiner Aussage handelte es sich um den Auftrag einer Agentur und er hat seine Arbeit mit professioneller Distanz gemacht. Es wurden auch Materialien für den Unterricht vorbereitet.

Der stellvertretende Vorsitzende des Vereins, Heinz Högerle, bedankte sich bei den beiden Professoren aus St. Gallen für ihr Kommen und ihre Beiträge. Högerle berichtete von dem Museum Beit Lohamei Hagetaot: Das erste Museum in Israel, das Opfern des Holocaust und des jüdischen Widerstandes gedachte. Dort gebe es sogenannte Jugend-Guides, was bei Gedenkstätten in der Region auch geplant sei.