Die kaputte Schranke nutzt mancher Autofahrer einfach aus. Foto: Lück

Spiegel verdreht, an Schranke vorbei und Rettungsdienst behindert - so gefährden Rücksichtslose den Verkehr.

Horb - Es scheint so lustig zu sein, ist aber brandgefährlich: Offenbar gibt es immer mehr Rücksichtslose, die mit "Sabotage"-Aktionen wie dem Umfahren von Schranken und Verdrehen von Spiegeln ein lebensgefährliches Spiel starten, welches Böse enden kann.

Der Urlaub war so herrlich. Was macht der Reporter am ersten Arbeitstag? Die große Rundreise durch sein Revier, um zu gucken, was sich getan hat. Klar, dass da auch Mühlen als Verkehrs-Hotspot der Vollsperrung durch die Hochbrücken-Baustelle abgefahren wird.

Mittwoch, 27. August, kurz vor dem Mittag. Runter die Tunnelsteige. Dann will ich nach Horb. Schaue in den Verkehrsspiegel – nichts zu sehen. Will schon losfahren, da rast plötzlich ein Auto von rechts knapp drei Meter vor der Kühlerhaube vorbei. Hängt meine Seele noch am Strand, ist meine Wahrnehmung noch am Lago Maggiore?

Umgedreht, geparkt, Kamera raus. Schon aus der Fußgängerperspektive am Gehweg sieht man, dass die Autos aus Richtung Horb erst im Spiegel auftauchen, wenn sie am Sandsteinpfeiler rechts vom roten Zaun sind.

Ich schreite mal die Strecke ab. Geschätzt acht Meter. Laut dem Internet (bußgeldkatalog.org) beträgt der Bremsweg bei Tempo 30 km/h ganze neun Meter.

Krass. Ich habe mir schon genug Kratzer in meinen Hochdachkombi reingefahren. Ich habe echt keinen Bock, auch noch einen Crash-Hammer in den rechten Kotflügel vorne zu bekommen.

"Offensichtlich ist der Spiegel verdreht."

Hat das Rathaus hier einen "Todesspiegel" installiert? Anfrage an Mühlens Ortsvorsteher Michael Eitelbuss. Er schreibt nachmittags zurück: "Offensichtlich ist der Spiegel verdreht. Denn eigentlich sieht man, wenn man richtig an der Kreuzung steht im Spiegel bis unten zur Kurve. Also viel besser und vor allem früher als durch das Seitenfenster."

Mich packt die Wut: Wer, verdammt noch mal, hat am Spiegel gedreht? Gibt es wirklich solche Wahnsinnigen, die aus Jux und Dollerei dieses gefährliche Unfall-Spiel spielen?

Rathaussprecherin Inge Weber: "Der Spiegel hängt bereits seit den 80er-Jahren. Wir gehen Ihrem Hinweis gerne nach."

Und der Bauhof war inzwischen vor Ort. Der Spiegel hängt wieder richtig - runter von der Tunnelsteige an der Kreuzung sieht man im Spiegel wieder ganz runter die komplette Straße. Ich atme auf.

Jetzt der nächste krasse Fall. Die Nordstetter Steige ist eigentlich derzeit ein Paradies für Fußgänger und Radfahrer. Schöne neue Asphaltdecke. Ab und an fährt mal ein Bus durch – und das Horber Bussle bringt die Menschen stündlich in die City zum Shoppen. Klasse. Und wenn mal der Rettungswagen durch muss, geht man beim Blaulicht natürlich zur Seite und denkt: "Okay, da braucht jemand Hilfe."

Notarzt und der Krankenwagen behindert

Doch: Nicht alle Verkehrsteilnehmer halten sich dort an die Regeln und nutzen die Steige unerlaubt. Ulrich Ochs vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub wohnt in Nordstetten. Er sagt: "Seit dem der Fahrbahnbelag neu ist, kann man viel schneller mit dem Fahrrad runter fahren. Ich habe es selbst erlebt, dass von unten der Notarzt und der Krankenwagen kamen und oben ein Autofahrer versucht hat, runter zu fahren. Das hat natürlich erst mal für Behinderungen gesorgt."

Klartext: Die Retter kamen später ans Ziel. Das kann für den Notfall-Patienten natürlich auch lebensgefährlich sein.

Am letzten Wochenende der nächste, traurige Höhepunkt: Ein Unbekannter hat jetzt offenbar die komplette Schranke umgefahren! Sie sollte eigentlich dafür sorgen, dass der normale Autofahrer sich über Mühlen und Ahldorf bequemt, ans Horber Ziel zu kommen. Und nur Krankenwagen, Busse und Retter per Knopfdruck die Schranke öffnen, um ans Ziel kommen.

Rathaussprecherin Inge Weber: "Spuren an der Schranke deuten darauf hin, dass ein Fahrzeug dagegen gefahren ist. Wer die Schranke in der Alten Nordstetter Steige umgefahren hat, ist nicht bekannt. Es wurde Fahrerflucht begangen. Das Regierungspräsidium hat den Fall zur Anzeige gebracht, so dass die weiteren Ermittlungen der Polizei obliegen." Einige Autofahrer nutzten die aktuelle Situation mit der kaputten Schranke gleich aus. Sie fuhren einfach die Steige hoch.

Schlimm: Dieser Leichtsinn und das gefährliche Spiel der Rücksichtslosen verzeichnet offenbar in der Horber Raumschaft einen Anstieg. Rathaussprecherin Weber: "Unser Eindruck ist leider, dass in den letzten Jahren die Zahl dieser Delikte zugenommen hat."