Unterschiedliche Sichtweisen: Luis Schneiderhan (OGL) kritisierte zum Abschied aus dem Gemeinderat die Stadtspitze um OB Peter Rosenberger (links). Foto: Lück

OGL-Fraktionschef zieht nach Berlin und verabschiedet sich mit großem Knall: "Transparenz wird kleingeschrieben".

Horb - Da fehlten zum Schluss selbst OB Peter Rosenberger die richtigen Worte. Die letzten Worte von OGL-Fraktionschef Luis Schneiderhan – der jetzt in Berlin Psychologie studiert – im Gemeinderat hatten es in sich. Die Worte kann man als "Schlag in die Magengrube" für Rosenberger werten. Denn der OB erzählt gerne, wie gut das Klima im Rathaus sei.

Luis Schneiderhan. Einser-Abi, hochbegabt. Mit seinen 18 Jahren bei der Wahl in den Gemeinderat wahrscheinlich der jüngste Fraktionschef Deutschlands. Der kleine Prinz im wunderbaren Theater von Doro Jakubowski. Bügelte mit seinen respektvollen Worten zur AfD als "demokratisch gewählte Partei" sogar die Verbal-Attacke des rechten "Politik-Veterans" Rodolfo Panetta nieder. Der hatte sich über einen "FCKAfD"-Aufkleber in Schneiderhans Müll-Video aufgeregt.

Abrechnung mit dem Rathaus

Im Gemeinderat am Dienstag seine letzte Rede. Weil er nach Berlin umgezogen ist, um dort Psychologie zu studieren. Und Schneiderhan griff mit deutlichen Worten das Rathaus an. Schneiderhan: "Ich bin in dieses Gremium gegangen, um vieles über Kommunalpolitik und auch fürs Leben zu lernen. Und ich habe gelernt!"

Dann die Abrechnung mit dem Rathaus: "Ich habe gelernt, dass Kommunikation und Transparenz im Rathaus manchmal klein geschrieben wird. Wie jüngst mit dem Alternativstandort im Gewerbegebiet Hau und Holzwiese oder bei der Panoramastraße."

Immer wieder hatte OB Peter Rosenberger von den motivierten Mitarbeitern und dem guten Klima in der Verwaltung gesprochen. Schneiderhan hat dagegen einen anderen Eindruck: Offenbar gibt es hier ein Klima der Angst und der Einschüchterung, so ist aus seinen Worten herauszulesen.

Schneiderhan nimmt das Thema Kommunikation und Transparenz wieder auf und sagt, dass das nicht nur für die "großen Themen" gelte. Sondern auch "bei Dingen, die ich von Mitarbeitern der Stadtverwaltung höre, die ich jetzt nicht mal laut aussprechen kann, weil diese sonst massiven Ärger fürchten".

Hickhack um Abstimmung über Gewerbegebiet

Dann greift er das aktuelle Hickhack um die Abstimmung über das geplante Gewerbegebiet in Ahldorf auf. Schneiderhan: "Ich habe auch gelernt, dass man vor der Sommerpause fast schon intrigisch versucht hat, ein Thema großen öffentlichen Interesses zu vertagen, mit dem Wunsch einer besser vorbereiteten Beratung. Und jetzt wird über einen alternativen Standort beraten, über den letzte Woche noch nicht mal ein einziges Wort verloren wurde."

Fakt ist, so hatte der Schwarzwälder Bote aufgedeckt: 13 Monate lang hatte das Rathaus ein Gutachten über einen zweiten Standort für das geplante Gewerbegebiet in Ahldorf geheim gehalten. Sogar in der nicht-öffentlichen Sitzung im VTA am Dienstag, 13. Oktober, wurde das Thema verschwiegen. Die Gemeinderäte wurden erst einen Tag später informiert. So zeigte sich beispielsweise Gewerbegebiets-Gegner und CDU-Fraktionsvorsitzender Michael Keßler am Donnerstag völlig überrascht von den Alternativflächen.

Und Luis Schneiderhan – der hochbegabte, intelligente Mann, zieht daraus einen bitteren Schluss. Er sagt: "Wenn ich das von ihnen lernen sollte, weiß ich nicht, ob mich solche Kommunikationsmethoden für mein weiteres Leben weiterbringen werden. Gut, man lernt ja auch an Negativbeispielen, wie man es nicht tun sollte."

Kaum Applaus

Zwar bescheinigt Schneiderhan seinen "Noch-Gemeinderatskollegen" ein großes Engagement: "Ich habe Engagement erfahren, Passion und Einsatz für die eigenen Heimat, die ich an jedem einzelnen hier in diesem Gremium sehr schätze." Ergänzt: "Letztes Endes bin ich überzeugt, dass jeder in diesem Gremium sich für das einsetzt, was er für das Beste in Horb hält. Nur manchmal ist gut gemeint nicht gut gemacht."

Und er gibt zu, dass die Arbeit im Gemeinderat ihn auch bewogen hat, von Horb wegzuziehen. Der Psychologie-Student: "Je länger ich im Gemeinderat war, desto mehr ist mir aufgefallen, dass ich hier nicht immer wohnen will." Der Grund: Nichts passiert. Schneiderhan: "Ich möchte jetzt Angebote wahrnehmen, mich jetzt weiterzubilden, jetzt zu leben!"

Kein Wunder, dass es kaum Applaus für die letzten Worte von Schneiderhan von den Gemeinderatskollegen gibt. Rosenberger sagt nur: "Was schlecht war, kommt immer von der Stadt. Aber der Gemeinderat ist mit dem Rathaus gemeinsam die Stadt."

SPD-Gemeinderätin Viviana Weschenmoser ist begeistert: "Da hat Luis gezeigt, dass er das Zeug wie Rezo hat." Der Youtuber Rezo hatte mit seinem Video "Zerstörung der CDU" kurz vor der Europawahl 2019 dafür gesorgt, dass die CDU heftige Stimmeneinbußen hatte.