Polizei vor dem Supermarkt in Horb, in dem die Bluttat stattfand. Foto: Archiv/Hopp

Mehrere Zeugen gehört. Angeklagter erklärt, in Panik zugestochen zu haben.

Rottweil/Horb - Bluttat im Supermarkt: Der 31-jähriger Angeklagte aus Horb schildert am zweiten Tag der Verhandlung vor dem Landgericht Rottweil seine Sicht des Streits. Auch die Schwester des Opfers sagt aus.

Am zweiten Verhandlungstag im Prozess um die Messerstecherei im Döner-Laden des Horber Real-Marktes wurden mehrere Zeugen gehört.

"Er wollte den Kampf gewinnen", sagte der Angeklagte. Immer wieder. Der zweite Tag des Prozesses um den Totschlag im Döner-Laden des Real-Marktes begann damit, dass der Beschuldigte erneut den Verlauf der Auseinandersetzung im Sommer vergangenen Jahres schildern durfte. Mehrfach betonte er, aus Panik gehandelt zu haben – daher habe er auch zum Messer gegriffen. Er habe sich ja wehren müssen. Doch davon habe sich das Opfer nicht beeindrucken lassen; "er wollte den Kampf gewinnen", insistierte der Angeklagte. Gegenüber der angeblich zu lauten Männergruppe im Döner-Laden sei er freundlich gewesen, Ausdrücke wie "Verpisst euch" seien nicht gefallen. "Es liegt mir fern, so etwas zu sagen", erklärte der Beschuldigte. Auch habe er den Geschädigten niemals töten wollen. Er habe den Tot des Anderen auch lange nicht realisieren können.

Als erste Zeugen wurden die zwei Männer gehört, die das Opfer am Tattag in den Döner-Laden begleiteten. Der erste Zeuge hatte dem Angeklagten sogar den Job im Döner-Laden besorgt. Er sagte aus, dass es in Horb zwar angeblich bekannt sei, dass der Angeklagte psychisch krank sei, es aber vorher nie Probleme gegeben habe. Sein Kumpel, der durch die Messerattacke getötet wurde, sei manchmal etwas aufbrausend gewesen, habe aber nie jemandem etwas getan. Er habe nicht geahnt, dass sein Kumpel nach dem Rauswurf in den Döner-Laden zurückgehen und eine Auseinandersetzung starten würde. "Vielleicht wäre der auf mich nicht losgegangen, ich weiß es nicht", sagte er und wirkte dabei leicht schuldbewusst, dass er den Tod seines Freundes nicht verhindern konnte. Auch der zweite Zeuge konnte sich das Geschehen kaum erklären. Das Opfer sei ein lieber Mensch gewesen, mit ihm habe man reden können.

Drei Schüler, die kurz vor der Auseinandersetzung ihr Mittagessen in dem Imbiss kauften, äußerten sich ebenfalls vor Gericht. Alle drei erklärten, dass das Opfer sich während des Streits zurückgezogen habe – der Angeklagte hatte das Gegenteil behauptet. Das Opfer sei zu Boden gegangen, und erst dann habe der Beschuldigte mit dem Messer zugestochen.

Anschließend wurden Mitarbeiter verschiedener Geschäfte, die im Vorraum des Real-Marktes angesiedelt sind, gehört. Einige der Zeugen hatten mit dem Angeklagten zuvor Kontakt, über ein kurzes "Hallo" ging es aber meistens nicht hinaus. Manche hatten ihn nach eigenen Angaben aber auch als etwas merkwürdig erlebt. Niemand schien aber damit gerechnet zu haben, dass der Angeklagte zu so einer brutalen Tat fähig wäre.

Einige Zeugen wollten nicht vor Gericht aussagen. Ihre Vernehmungen wurden verlesen. "Das war der Horror, der Alptraum, wie im Film", hieß es in der Vernehmung einer Real-Kassiererin. Eine ihrer Kolleginnen gab in der Vernehmung an, Todesangst gehabt zu haben. Sie sei von einem "Massen-Massaker" ausgegangen. Die Stiche mit dem Messer hatten vor den Kassen des Marktes stattgefunden und wurden auch mit einer Überwachungskamera aufgezeichnet. Das Video wurde am Freitag im Gerichtssaal gezeigt. Viele Zuschauer brachen in Tränen aus.

Die Schwester des Opfers sprach anschließend noch über ihren Bruder. Er sei gegenüber der Familie und Freunden stets liebevoll gewesen, habe mit niemandem Probleme gehabt. Die Situation mache ihr und der Familie sehr zu schaffen. "Es ist wirklich schwer. Ich habe nur einen Bruder. Ich bin jetzt alleine."

Am kommenden Dienstag, 6. März, wird der Prozess fortgesetzt.