Der vierte Horb-schwätzt-Treffpunkt war ganz in Frauenhand, in der Bildmitte Sabine Constabel. Foto: Morlok

Nach der umstrittenen Werbeaktion zum "Freier Parken" wird Thema offen diskutiert.

Horb - Die Stadt schwätzt aktiv – über Prostitution und Lover-Boys! Kein Witz, sondern die Reaktion auf eine augenzwinkernde Plakataktion mit ungeahntem Diskussionspotenzial.

Einmal Baustelle rund um Horb! Straßenverengung bei Neubau der Horber Arkaden von und nach Nordstetten, Neubau der Bushaltestelle am Bahnhof und auch ansonsten so einige Straßensperren. Da soll sich Otto-Normal-Autofahrer nicht aufregen? Um den Blutdruck der Horb-Besucher wenigstens in Punkto Parkmöglichkeiten zu senken, bietet man während der Bauzeit rund ums neue Arkadenareal zwei Stunden freies Parken an. Ein freundlich grinsender Bub macht mit dem Daumen nach oben auf diese Möglichkeit aufmerksam.

An sich eine tolle Sache, hätte Citymanager Thomas Kreidler der Plakataktion für das freie Parken nicht noch einen besonderen Gag verpassen wollen. Ein Banner, das zum Titel: "Freier parken in Horb zwei Stunden kostenlos" auch noch das angewinkelte Bein einer Dame in roten High Heels zeigte, die scheinbar an einer Straßenlaterne lehnte.

Das war nicht nur den Feministinnen aus dem Kreis zu viel; nein, auch das Fernsehen und die Zeitung mit den vier großen Buchstaben stopften damit einen Teil ihres Sommerlochs.

Plakat war schließlich abgehängt worden

Das an sehr exklusive Stelle – direkt beim Lotzer-Haus, dem roten Schandfleck von Horb – aufgehängte Werbebanner, brachte dann doch etwas mehr Aufmerksamkeit als ursprünglich gedacht. "Aus einem Wortspiel wurde der Hammer im Sommerloch", musste Kreidler einsehen. Nach mehreren Protesten von Seiten der Frauenverbände, aber auch von SPD-Stadträtin Viviana Weschenmoser, die forderte, dass jede Horber Frau rote High Heels tragen darf, ohne dadurch gleich gedanklich ins Prostituierten-Milieu gedrängt zu werden, hängte er sein Plakat schließlich ab. Eine vernünftige Reaktion auf berechtigte Kritik. Martina Kober, die Vorsitzende der Frauen-Hilfe Freudenstadt, wertete dieses Plakat als geschlechterdiskriminierende Werbung, die Horb gar nicht nötig hat. SPD-Landeschefin Leni Breimaier bezeichnete das Banner als "frauenfeindlich, sexistisch" und Emma-Autorin Chantal Luis hatte gesagt: "Das Plakat bedient das Oh-là-là-Klischee über Prostitution."

Also eigentlich genügend Zündstoff, um beim vierten und letzten Innenstadttreffen, bei dem die Horber sich aktiv mit allen Facetten des Themas Prostitution auseinandersetzen sollten, für interessante Gespräche zu sorgen. Aber, und das war wirklich nicht anders zu erwarten, standen nach kurzen gemeinsamen Gesprächen plötzlich die Frauen, intensiv diskutierend und Forderungen formulierend, allein an einem der Stehtische, während sich die wenigen Herren, die bei "Horb schwätzt aktiv" vorbeischauten, aktiv an die Bar lehnten und sich von Bernd Gall, dem Vorsitzenden von "Horb aktiv", ein Getränk spendieren ließen.

Lediglich ein Herr empörte sich über den ganzen Hype, der seiner Ansicht nach von Viviana Weschenmoser initiiert wurde. "Wenn i die Bloder erwisch, der sag i aber mei Meinung", so die etwas abgeschwächte Version seiner Versprechungen. "Wie kleinlich sind wir den, langsam geworden – darüber könnte ich mich tot ärgern", schimpfte er weiter. Thomas Kreidler tat diese Einstellung nach der vielen Kritik, die er sich wegen dieses Plakats anhören musste, sichtlich gut.

Botschaft des Banners polarisierte stark

Wie stark diese Werbebotschaft polarisierte, zeigt sich auch an der Aussage von Sabine Constabel vom Verein "Sisters – Ausstieg aus der Prostitution", die erst nach langer Überlegung auf die Idee kam, dass es sich hier um Werbung für kostenfreie Parkplätze handelt, während Nicole Jüttner, die in den neuen Neckararkaden ein Sportstudio nur für Frauen eröffnen wird, den Banner als das sah, was er eigentlich sein sollte. Als ein augenzwinkerndes Wortspiel mit klarer Marketingwirkung. Aber jeder sieht’s halt anders und gut gemeint ist nicht immer gut gemacht.

Beide Frauen diskutierten recht angeregt mit den anderen anwesenden Damen über die menschenrechtsverletzenden Auswirkungen der Prostitution, aber auch über das weitverbreitete Anwerbesystem der "Lover Boys", die emotional verwaiste Mädchen, vor allem in den Ostblockländern, mit Versprechungen dazu bringen, ihren Körper zu verkaufen. "Schön, dass wir dieses Thema auch mal in Horb aufgreifen konnten", so Sabine Constabel, die extra zu diesem Treffen aus Stuttgart anreiste. Sie hatte Karten der Aktion "Du kommst – und ich verkomme" des Landesfrauenrates Baden-Württemberg dabei, die auf der Internet-Seite www.rotlichtaus.de gegen Bezahlsex argumentieren.

Nun ist das umstrittene Plakat abgehängt und gut verstaut. "Da kamen Leute vorbei und boten mir dreistellige Summen dafür. Sie wollten es der Viviana zum Geburtstag schenken", grinste Thomas Kreidler, der aber von unmoralischen Angeboten in nächster Zeit die Finger lässt. Zur Innenstadtbelebung im positiven Sinne hat jedoch weder das Plakat noch diese Veranstaltung beigetragen. Aber über das Problem der Prostitution hat man wenigstens mal gesprochen und der arme Citymanager scheint rehabilitiert. Ende gut – alles gut.