"Freier parken": Mit einem zweideutigen Plakat wirbt "Horb Aktiv" für das Gratis-Parken in der Neckarstadt. Foto: Hopp

"Horb Aktiv" wirbt mit zweideutigem Plakat für zweistündiges Gratis-Parken in Innenstadt. Mit Kommentar

Horb - Die nächste Plakat-Diskussion rollt auf Horb zu: Nachdem inzwischen sogar landesweit über die Werbung mit homosexuellem Touch für das Mini-Rock-Festival berichtet wird, legt "Horb Aktiv" nun mit einer Anspielung auf das Rotlicht-Gewerbe nach.

Eine Frau steht auf Kopfsteinpflaster, lehnt sich in knallroten Pumps und engen Leder-Leggins an einen Laternenpfahl, ein Bein ist aufreizend angewinkelt. Dazu der zweideutige Slogan: "Freier parken." So wirbt die City-Initiative "Horb Aktiv" neuerdings für das zwei Stunden lange kostenlose Parken in der Innenstadt. Und das auch noch an Horbs wahrscheinlich auffälligstem Gebäude – dem Sebastian-Lotzer-Haus.

Die Stadt hat damit ihre nächste Plakat-Diskussion. Heiß debattiert wird ohnehin über die Werbung für das Mini-Rock-Festival, über die inzwischen sogar landesweit im Fernsehen berichtet wird. Zu sehen sind dort ein heterosexuelles und zwei homosexuelle Paare, die sich küssen. Der dazugehörige Slogan: "Horb macht Liebe."

Plakat-Aktionen stehen nicht in Verbindung

Nun zieht "Horb Aktiv" mit seinem Rotlicht-Plakat hinterher. Allerdings: Beide Werbeaktionen stehen nicht in Verbindung. Schon seit Ostern gilt auf den Parkplätzen der Neckarstadt (mit Ausnahme der Parkhäuser und Kurzzeitparkplätze): Zwei Stunden lang darf kostenlos geparkt werden. Die Stadtverwaltung will die Autofahrer damit für das Stau-Chaos entschädigen, das durch den Bau des Einkaufszentrums und aktuell durch die Vollsperrung der B 32 in Richtung Nordstetten entsteht. Das Problem: Kaum jemand hatte mitbekommen, dass diese Kulanzregelung beim Parken gilt. Es hingen zwar kleine Aufkleber an den Parkscheinautomaten, die wurden aber oft gar nicht wahrgenommen. Häufig wurde dann doch ein Parkschein gelöst, obwohl einfach nur die Parkscheibe hinter die Windschutzscheibe gelegt werden darf.

City-Manager Thomas Kreidler hatte daher bereits Ende Juni angekündigt, mit einer Plakat-Aktion gezielter auf die Kulanzregelung beim Parken hinzuweisen. Im Auge hat "Horb Aktiv" dabei natürlich in erster Linie die Kunden des Horber Einzelhandels. Kreidler betont: "Kostenloses Parken kann sich nur dann positiv auswirken, wenn der Kunde es mitbekommt."

Zweifelsohne: Das dürfte "Horb Aktiv" mit dem Rotlicht-Plakat gelungen sein. Die aufreizende Werbung am Sebastian-Lotzer-Haus ist jedoch die Ausnahme. An anderen Stellen in der Stadt und an den einzelnen Parkscheinautomaten hat sich "Horb Aktiv" für eine gemäßigtere Form der Werbung entschieden. Zu sehen ist dort seit Mitte Juli ein Junge, der keck seine beiden Daumen nach oben streckt – als Symbol für zwei Stunden kostenloses Parken.

Das Gratis-Parken bezeichnet Kreidler als hilfreich, da es ein "kleines Bonbon für den Kunden" sei. Groß sei der Dank an die Stadt, denn dies sei laut dem City-Manager "Wirtschaftsförderung für den Handel und die Gastronomie". Dennoch: Länger als wie zuvor nur 60 Minuten lang kostenlos parken zu können ist ein Wunsch, den der City-Manager auch schon vor dem Stau-Chaos geäußert hat.

Das wirft die Frage auf: Wird sich "Horb Aktiv" dafür einsetzen, dass aus der Kulanz- eine Dauerregelung wird und das zweistündige Gratis-Parken auch nach der B 32-Sperrung beibehalten wird? Kreidler: "Das ist ein schönes, ein großzügiges Angebot der Stadt. Es wird danach Gespräche geben. Die gut drei Monate, seit denen diese Regelung gilt, sind ein guter Zeitraum, um Erfahrungen zu sammeln. Und die Stadt kann sehen, was es sie kostet."

Denn wie hoch die Summe tatsächlich ist, die der Stadt durch das Gratis-Parken flöten geht, kann bislang noch gar nicht beziffert werden. 2016 nahm sie rund 54.000 Euro an den Parkscheinautomaten und über das Handyparken ein. Auf Nachfrage des Schwarzwälder Boten sagt Rathaus-Sprecherin Tenzile Ezberci in Bezug auf die seit Ostern geltende Kulanzregelung: "In unserer Kostenschätzung gehen wir momentan von Mindereinnahmen zwischen 1000 und 1500 Euro pro Monat aus. Dies bezieht sich allerdings auf die Summe aus Kulanzregelung und Automaten, die aufgrund von Baustellen nicht in Betrieb sein können." Hinzu kommen die Autofahrer, die trotz der Hinweisschilder Parkscheine gelöst haben und den Verlust für die Stadt somit kleiner ausfallen lassen. Ihre Zahl dürfte nach der neuen Plakat-Offensive von "Horb Aktiv" allerdings nun beträchtlich sinken.

Kommentar: Schlüpfrig

Von Tim Geideck

Es sind schlüpfrige Tage in Horb. Das Mini-Rock-Festival hängt ein Plakat auf, auf dem sich homosexuelle Paare küssen, und schafft es damit bis ins Fernsehen. Und "Horb Aktiv" fährt vor dem Sebastian-Lotzer-Haus die roten Pumps auf, damit sich das Gratis-Parken endlich bis in die hinterste Ecke der Stadt herumspricht. Scharfe Geschütze? Mit Sicherheit. Doch das sind keine politischen Statements, sondern einzig und allein Werbebotschaften, die möglichst auffällig transportiert werden sollen. Sex sells – das gilt eben auch in Horb und wird nicht zuletzt daran sichtbar, dass beide Werbeaktionen in keiner Verbindung stehen. Man kann "Horb Aktiv" und dem Mini-Rock-Festival nur gratulieren: Dass innerhalb kürzester Zeit gleich zwei Werbeaktionen ähnlicher Couleur lanciert werden, ist genial – und klingt schon fast nach strategisch tief durchdachtem Marketing.