Abenteuerliche Reitkunststücke gab es bei den Turnieren, die alle ausverkauft waren, von Sandra Strietz. Foto: Maria Hopp

Stadt freut sich über gelungene Premiere. 30.000 Zuschauer im ersten Jahr der Eigenregie. Mit Video

Horb - Die Premiere ist gelungen: Die ersten Ritterspiele in kompletter Eigenregie sind erfolgreich – vor allem als Familienfest. Laut Bürgermeister Ralph Zimmermann (FDP) sind die Ritterspiele 2019 mit "weit mehr als 30.000 Zuschauern erfolgreicher als zuvor".

Das hört sich erst Mal nach einer guten Nachricht an. Doch ob sich das dann in der Kasse bemerkbar macht, ist noch nicht klar. Stadtmarketingchef Martin Scherer: "Zwar gibt es immer unvorhergesehene Last-Minute-Kosten, aber ich denke, wir sind im Gesamtrahmen geblieben."

Weil die Horber Abende ja jeweils nichts kosten, kommt es auf die Zahl der verkauften Tickets an. Die hatten die Rathaus-Verantwortlichen am Sonntag noch nicht vorliegen. Fakt ist, so Stadtsprecher Christian Volk: "Die Turniere waren immer ausverkauft." Kein Wunder: Atemberaubende Reiter-Action von Sandra Strietz als Prinzessin Charissima auf dem Schimmel-Wallach, das Feuerschwert der bösen schwarzen Fürstin und jede Menge lockerer Sprüche von Publikumsliebling Horst Bulheller reißen die Zuschauer mit.

Weniger Mittelalter, dafür mehr Familien

Der Chef des EHS-Teams: "Ein großes Lob an die Stadt Horb für diese Premiere. Sie waren sehr zuvorkommend zu uns."

Die Ritterspiele 2019 – das Debüt in Eigenregie der Stadt. Abgespeckt und komprimiert. Weniger Mittelalter, dafür mehr Familien. Tuchhändler Michael Widmann: "Ich habe mich mit Marktbeschickern unterhalten, die sich wie ich an die wirklichen Mittelalter-Fans wenden – die Gewandeten. Davon waren diesmal wesentlich weniger als früher hier in Horb."

Das könnte auch daran liegen, dass das Lager im Egelstal schon wieder weggefallen ist. Auch der "Bund Oberschwäbischer Landsknecht", die zuletzt auf der Turnierwiese lagerten und mit ihren Drills, Lanzenübungen und wilden Pöbel- und Action-Szenen auf dem ganzen Gelände das Publikum in Staunen versetzt haben, fehlten. Aus Kostengründen.

Karin Fischer aus Horb: "Ich bin Ausbilderin für Sicherheit, habe Schüler aus ganz Deutschland. Ich habe Werbung für die Ritterspiele gemacht. Sie sind extra deswegen geblieben und sind völlig enttäuscht. Sie sagen: Das kriegst du bei uns in jedem Dorf! Das ist das letzte Mal, dass ich Werbung für Horb gemacht habe!"

Nicht überall ist viel los

Ganz einsam – jenseits des Spielplatzes hinter der Inselspitze, sitzen zwei "Herren von Hohenzollern" in ihrem Lager. Nichts los. Keine Zuschauer. Einer sagt: "Es ist sehr ruhig hier, nichts los."

Davor – innerhalb des Geländes auf dem Spielplatz – strahlt Thomas Bernirschke mit seiner Zaubertöpferscheibe. Jede Menge Kinder, jede Menge Trubel. Er grinst: "Hier ist die Hölle los!"

Auch im Alten Freibad tobt das pralle Familienleben. Markus Guse vom Jugendreferat hat hier fünf Stationen aufgebaut mit vielen freiwilligen Helfern. Sagt: "Die Premiere hier ist ein voller Erfolg für uns. Unsere Ritterschilder zum Bemalen sind seit anderthalb Stunden ausverkauft, der letzte Umhang ist jetzt gleich weg!" Auch Lilo Fradella vom Porto Neckar sagt: "Es ist besser als vergangenes Jahr, weil wir mehr eingebunden sind!"

Auf dem Rasen sitzt Katharina Haizmann von der Hochdorfer Brauerei. Kurze Entspannung mit Mann und Kind. Sie sagt: "Ich habe nur positive Resonanz zu unserem neuen, dunklen Ritterbier gehört."

Ulf von Eichberg, der Schwerter schmiedet, sagt: "Es ist etwas verhaltener als vergangenes Jahr. Aber es sind viele Leute da."

"Geschäfte laufen bombig"

Tomsen vom Mokkastand: "Ich bin zufrieden. Als konstruktive Kritik für das nächste Mal: Durch die Künstler werden Stände und Wege blockiert."

Und was ist mit der Neckarstraße? Tuchhändler Widmann: "Die befürchtete Abgrenzung durch das Veranstaltungsgelände außerhalb ist so nicht eingetreten." Sagt auch Koray Yildiz vom Dolce Vita: "Die Geschäfte laufen bombig."

Die Premiere der Ritterspiele in Eigenregie der Stadt. Abgespeckt, aber gelungen für Familien. Gelungen auch für das Rathaus. Bürgermeister Zimmermann: "Wir als Verwaltung haben das zum ersten Mal gestemmt. Viele haben sich freiwillig gemeldet, und ich denke, das war eine der besten Teambuilding-Maßnahmen überhaupt. Es hat unser Team weiter zusammengeschweißt. Wir haben ein Brett für die nächsten Jahre gesetzt und für mich waren es die tollsten Ritterspiele, seit dem ich da bin." Zimmerann wurde 2017 gewählt.

Glück für die Ritterspiele: Am Samstag gegen 17.30 Uhr hatten Mitarbeiter noch alle Marktbeschicker vor Unwetter gewarnt. Und vor einem eventuellen schnellen Abbruch. Stattdessen kam nur Regen.

Kritik an Parkgebühren

Ärgerlich: Im Park-and-Ride-Parkhaus (sonst 1,50 Euro pro Tag) wurden diesmal am Sonntag 5 Euro Parkgebühr verlangt. Am Aldi-Parkplatz und Kaufland ebenso. Nur das Einkaufszentrum blieb kostenfrei.

Für etwas Unmut sorgte auch Folgendes: Zwar bedankten sich Oberbürgermeister und Bürgermeister beim Gemeinderat für die Zustimmung zum finanziellen Abenteuer der Ritterspiele in Eigenregie. Unaufgefordert bekam allerdings kein Gemeinderat ein Freibändel.

Die Ritterspiele 2019. Gemacht für Kinderwagen und Familien. Das hat bestens funktioniert. Allerdings: Die Zielgruppe der Gewandeten – also der Menschen, die sich ernsthaft mit dem sogenannten "Reenactment" – also mit dem originalgetreuen Nacherleben dieser Zeit, beschäftigen, wurde kaum bedient.

Hier sollte die Stadt aufpassen. Schon jetzt kritisiert: Die Standauswahl. Ein Marktbeschicker: "Guck dir die Kartoffel-Braterei an, wo ein Typ im Unterhemd hinterm Grill steht. MPS hat solche Stände früher abgelehnt."

Das mit dem Mittelalter sollte und könnte sich bald wieder ändern. Mattias Ertel, Ex-Vorstand des Rittervereins: "Wir überlegen, die Truppe für das Schauspiel des Horber Vertrags wieder zusammenzutrommeln."