Wo spielt die Musik bei den Ritterspielen? Auf dem Marktplatz nicht in diesem Jahr. So viel steht fest. Foto: Archiv: Hopp

So wenig Horb wie in diesem Jahr war noch nie. Ziel für 2017: Marktplatz wieder beleben. Mit Kommentar

Horb - Was für ein trauriges Jubiläum der Ritterspiele! Im 20. Jahr der Veranstaltung gibt es so wenig Horb wie nie! Kein Wunder, dass es im Gemeinderat heftige Diskussionen um die Zukunft gab. Denn: Nachdem im vergangenen Jahr schon der Marktplatz herausgefallen ist, ist diesmal nicht mal mehr die Neckarstraße mit drin!

Da mussten sich Ritterspielvereins-Vorstand Benjamin Breisinger und Jürgen Wünsche, Chef des Veranstalters mps, so einige Kritik gefallen lassen.

Michael Theurer erinnerte daran, dass der Marktplatz und die historische Altstadt damals Kern der Ritterspiel-Idee waren. Und dass man sich die Idee für das Ritterturnier bei einer Toscana-Tour beim Palio in Siena geholt habe.

Jürgen Wünsche: "Mein persönlicher Traum ist, das Turnier auf dem Marktplatz stattfinden zu lassen. Das wäre atmosphärisch unheimlich dicht. Allerdings: Die Topographie des Geländes ist sehr schwierig zu bespielen. Wir haben aber feststellen müssen, dass die Besucherfrequenz auf dem Marktplatz nicht so erfreulich ist und die Händler nicht sehr erquickt sind."

Weil man diesmal lediglich den Flößerwasen, die Turnierwiese und den Festplatz bespielt, habe man sich entschieden, den Weg entlang des Neckars zwischen Marmorwerk und Dualer Hochschule zu nutzen. "Die Zuschauer haben den Rundweg entlang der Fischerhütte am Südufer nicht akzeptiert. Deshalb werden wir nur die andere Seite nehmen und hier sowohl die Kinderritterspiele als auch Stände ansiedeln. Deshalb fällt in diesem Jahr auch die Neckarstraße weg", erklärt Wünsche.

Neu auch: Die Ritterlager im Egelstal sind diesmal für freie Gruppen offen. Das gehört nicht mehr zum Festgelände. Denn man wolle sich hier die teuren Absperrungen sparen, so Wünsche. Das heißt: Hier können Rittergruppen und Mittelalter-Freaks gegen einen Unkostenbeitrag ihre Lager aufbauen.

Wünsche: "Wir können uns vorstellen, den Marktplatz mit einem ähnlichen Modell wie das Egelstal zu bespielen." Das hofft auch OB Peter Rosenberger: "Wenn die Anwohner rund um den Marktplatz das Thema zu ernst nehmen, hoffen wir, dass sich dort etwas ergibt. Und dass es vielleicht schon auf den Ritterspielen unter den Beteiligten Gespräche gibt, was man genau auf dem Marktplatz machen könnte."

Wünsche: "Im Gartenschaujahr hatten wir die besten Ritterspiele, die wir je gemacht hatten. Damals haben wir den Marktplatz anders bespielen können als jetzt. Die Turnierwiese ging damals nicht. Wenn wir jetzt aber drei Geländeteile bespielen würden, wird es vom Budget her eng. Deshalb können wir uns eine Lösung vorstellen, die oben am Marktplatz ohne Einzäunung funktioniert. Mit Protagonisten, die dort etwas machen ohne Eintrittsregelung. Und die das Thema der Ritterspiele aufgreifen."

Elisabeth Schneiderhan (OGL): "Wenn die Innenstadt bespielt wird, hat nicht nur der Ritterspielverein etwas davon, sondern auch die Händler. Den Werbeeffekt darf man nicht unterschätzen und der fällt weg, wenn man das Gelände da unten nutzt. Der Gewinn für die Stadt wird so ziemlich minimiert."

OB Rosenberger: "Ich weiß aus meiner persönlichen Erfahrung, dass es nicht leicht ist, mit mehreren Kindern den Marktplatz hoch bis hin zu den Kinderritterspielen im Burggarten zu kommen. Wir müssen irgendwie den Königsweg finden, diese Hürden zu überwinden." Ritterspiel-Verein-Vorsitzender Breisinger: "Historisch gerecht wäre ein Shuttle zum Marktplatz oder Burggarten mit Pferdekutschen. Das ist aus finanziellen Gründen aber nicht leistbar."

FD/FW-Gemeinderat Daniel Wochner: "Der Kern, der sich in den ersten Jahren den Ritterspiele herausgebildet hat, war die ruhigere Präsentation auf dem Marktplatz. Die Eintrittszahlen in den ersten zehn Jahren waren unglaublich. Ich denke, man muss den Marktplatz, den Burggarten und das historische Ambiente der Kernstadt gezielt bewerben. Und die Sperrung der B 14 in der Neckarstraße hatte Auswirkungen auf die Attraktivität der Veranstaltung, die unglaublich war. Die Besonderheit, sich einmal in der Stadt frei und ohne Autos bewegen zu können, würde auch die Eintrittspreis rechtfertigen, die die Veranstaltung braucht. Weil die Zuschauer merken würden, dass die sich richtig Mühe geben würden." MPS-Chef Wünsche: "Mit der Straßensperrung reden Sie mir aus der Seele. Dann könnte man die gesamte historische Kernstadt mit einbinden."

Doch OB Rosenberger brachte hier das Kostenargument: "Ich höre schon das Wunschkonzert aus dem Gemeinderat, dass die Kosten für die Straßensperrung auf uns abgewälzt wird."

Laut seinen Angaben unterstützt das Rathaus die Ritterspiele jährlich mit gut 10 000 Euro. Davon seien 7500 Euro Barzuschuss, dann Zeitungsannoncen und die zweimalige Buchung des Rittermahls durch die Stadt, um den Verein zu unterstützen.

Doch wie werden die Ritterspiele 2017 aussehen? MPS-Chef Wünsche: "Die Neckarstraße haben wir aufgrund der Neukonzeption abgehängt. Weil wir die Stände auf der Nordspange brauchen. Wir hoffen, dass wir diesen Teil im Zuge der Neuorientierung wieder aufnehmen können." OB Rosenberger: ☺"Es werden dieses Jahr nicht nur die 20., sondern die gigantischsten Ritterspiele werden. Unser Ziel für 2017 muss es sein, den Marktplatz und die anderen Optionen wieder mit Leben zu füllen."

Kommentar: Kein Ponyhof

Von Jürgen Lück

Ich bin getauftes Mitglied der Contrada La Lupa in Siena und hoffe natürlich, dass wir den Palio gewinnen – einen Wettkampf zwischen benachbarten Gebieten. Wenn ich höre, dass wir das Vorbild für die Horber Ritterspiele sind, kann ich nur müde lächeln. Zum festlichen Einzug laufen unsere Vertreter in schweren Kettenhemden und Sandalen mit Ledersohle die gepflasterte, steile Via de Vallerozzi hoch. Später drängeln wir uns mit 50.000 Menschen. Warten stundenlang in der Hitze, ehe es losgeht. Mit dem McDrive-Prinzip hat das nichts zu tun. Sondern mit Authentizität. Ritterspiele ohne Marktplatz, Burggarten und Schurkenturm sind wie Gewandete in Joggingschuhen. Das Mittelalter war halt kein Ponyhof. Der Palio strahlt solch eine Faszination aus, dass die Zuschauer das Unbequeme gern in Kauf nehmen. Eine Aufgabe, die die Ritterspiele noch zu meistern haben.