Horb - Im KSA zeigten sich (fast) alle zufrieden mit der Bilanz der ersten Ritterspiele in kompletter Eigenregie der Stadt. Weil eine schwarze Null mit 3000 Euro Plus als Ergebnis steht. Aber: Durch das Engagement der Stadt-Mitarbeiter sind zusätzliche Kosten in Höhe von 15.000 Euro entstanden. Kann die Stadt-Bilanz sich dennoch sehen lassen?

Die Ritterspiele. Kult-Veranstaltung in Horb. Als das Rathaus im Kultur- und Sozialausschuss Anfang Dezember die Zahlen präsentiert hatte, waren die Kosten für den Einsatz der städtischen Mitarbeiter nicht mit eingerechnet. Diese Zahlen forderte beispielsweise SPD-Stadtrat Benjamin Breitmaier ein. Das Rathaus liefert jetzt nach: Schätzungsweise 15.000 Euro habe der Mehraufwand gekostet.

Rein rechnerisch geht damit die Bilanz ins Negative. Den Einnahmen in Höhe von 273.000 Euro steht – inklusive der Leistungen der Rathaus-Mitarbeiter – ein Aufwand von 285.000 Euro gegenüber.

Bis 2018 hatte MPS die Ritterspiele veranstaltet. Chef Jürgen Wünsche hatte zuletzt immer von 15.000 verkauften Tickets gesprochen. Das Rathaus hatte 13.000 Tickets verkauft, so die Bilanz.

Statistiken und Expertisen geben keine Antwort. Selbst das Statistische Landesamt hat keinen Überblick über die regionalen Ausgaben. Die Kulturszene sei einfach zu vielfältig. Nicht mehr aktuell ist eine Statistik, die bei Städten zwischen 100 000 und 200 000 Einwohnern von rund 40 bis 120 Euro jährlichen Pro-Kopf-Kulturausgaben ausgeht. Halbiert man den geringsten Wert und rechnet ihn für Horb aus, dann dürfte die Stadt rund eine halbe Million Euro jährlich allein für Kultur ausgeben. Der Horber Haushaltplan 2019 weist unter der Rubrik "Museen, Heimat, Kunst" 143 000 Euro Aufwand aus.

Wie dramatisch ist die finanzielle Lage der Ritterspiele wirklich? Wie viel muss der Steuerzahler drauflegen? Der Schwarzwälder Bote analysiert die Bilanz.

Woher kommen die plötzlichen Mehrkosten für die Stadt?

67 Stadt-Mitarbeiter haben die Aufgaben der hauptamtlichen Mitarbeiter von MPS übernommen.

Stadtsprecher Christian Volk: "Inklusive Bauhofmitarbeiter und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus dem Horber Stadtmarketing haben 67 Personen (mit Oberbürgermeister und Bürgermeister sogar 69 Personen) die Horber Ritterspiele beim Auf- und Abbau sowie bei der Durchführung unterstützt."

MPS hatte ja geschätzt maximal zehn eigene Leute bei den Ritterspielen vor Ort. Warum braucht die Stadt jetzt 69 Mitarbeiter für dieselbe Leistung?

Stadtsprecher Volk: "Die Zahl von 69 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erscheint recht hoch, allerdings waren hier Personen von einer Stunde bis hin zu drei Tagen bei den Ritterspielen im Einsatz. Rechnet man dies im Durchschnittlich, so sind insgesamt rund 480 Stunden angefallen."

Haben die Stadt-Mitarbeiter dafür mehr Gehalt bekommen in Form von Überstunden?

Nein. Stadtsprecher Volk: "Das ist Mehrarbeitszeit, die weitestgehend schon wieder abgefeiert wurden."

Wie viel Geld hat das Abfeiern die Stadt – und damit den Steuerzahler – gekostet?

Stadtsprecher Volk: "Da die Personalkosten ein sehr unterschiedliches Niveau haben (vom Bauhofmitarbeiter über Sachbearbeiter bis hin zum Fachbereichsleiter, Oberbürgermeister, Bürgermeister) lässt sich keine genaue Zahl nennen, die den Arbeitsstunden entspricht. Bildet man jedoch einen Mittelwert, so kommt man auf einen Wert von rund 15  000 Euro inklusive Arbeitgeberkosten, was ungefähr dem Rahmen entspricht, mit der die Verwaltung gerechnet hat."

15 .000 Euro Mehrkosten. Das kann man auch als städtischen Zuschuss werten. Hat es so etwas in der Vergangenheit bei den Ritterspielen schon gegeben?

Ja. Stadtsprecher Volk: "Im Jahr 2016 wurde seitens der Stadt an MPS ein Zuschuss über Werbekosten und Bauhofleistungen (also Monetär und Sachleistungen) in Höhe von rund 14.500 Euro geleistet. Im Jahr 2017 wurde ein Zuschuss von rund 25 000 Euro (darin enthalten ein Marketingzuschuss, Zuschuss für Werbeanzeigen, Ausfallbürgschaft und Bauhofleistungen) gewährt.

Im Jahr 2018 hat die Stadt Horb erstmals die Ritterspiele veranstaltet und die Agentur MPS mit der Durchführung beauftragt. Die Agentur hat dafür ein Honorar in Höhe von 40.000 Euro netto erhalten."

Was sagt das über das Management der Stadt bei den Ritterspielen 2019?

Fakt ist: Die vergangenen drei Jahre hat das Rathaus MPS ordentlich unterstützt, um die Ritterspiele zu halten. Die diesmal aufgetretenen Personal-Mehrkosten in Höhe von 15.000 Euro sind geringfügig höher als der geringste Zuschuss an MPS. Im Vergleich mit dem letzten Jahr unter MPS-Regie hat das Rathaus sozusagen 25.000 Euro günstiger gearbeitet – und das obwohl 2019 2000 Tickets weniger verkauft wurden.

Und es besteht die Hoffnung, dass der Personaleinsatz des Rathauses 2020 bei der Ritterspielen geringer sein könnte. Weil man sich 2019 erst einmal einarbeiten musste. Stadtsprecher Volk: "Aufgrund der Tatsache, dass in diesem Jahr in viele Bereiche zunächst Erfahrung gesammelt werden mussten, da die Stadt bisher nicht mit der Durchführung der Ritterspiele betraut war, gehen wir davon aus, dass sich bei einigen Bereichen in den kommenden Jahren Routine einstellt und auf die gesammelten Erfahrungen zurückgegriffen werden kann. Zudem soll auch künftig der Einsatz der ehrenamtlich wirkenden Helferinnen und Helfer – darunter viele Vereine – weiter gestärkt werden, weshalb davon auszugehen ist, dass sich hier in den kommenden Jahren eine Veränderung zeigen wird."

Sind die Ritterspiele 2019 ein Kostenfaktor?

Oberbürgermeister Peter Rosenberger erklärt im Gespräch mit unserer Zeitung: "Ich finde es beinahe perfide, wenn jetzt aus dem Gemeinderat heraus kritische Stimmen laut werden, die nun auch noch eine Auflistung der Personalkosten einfordern. Der Gemeinderat hatte die Stadtverwaltung mit großer Mehrheit beauftragt, die Ritterspiele für fünf Jahre zu organisieren." Alternative wäre gewesen, dass man die Ritterspiele eingestellt hätte.

Bereits im ersten Jahr in Eigenregie sei man im selbst gesetzten Rahmen geblieben, so Rosenberger: "Es gab eine Punktlandung." Außerdem haben die Ritterspiele laut Rosenberger einen Wert, der in Zahlen schwer messbar ist: der Image-Faktor der Marke "Ritterspiele" für Horb.

Leitartikel: Erstes Turnier mit Bravour geritten

Von Christof Schülke

Kostenfaktor oder sensationeller Erfolg? Die ersten Ritterspiele unter städtischer Regie standen von Anfang an unter scharfer Beobachtung. Es gab Unkenrufe aus den Reihen der "alten Ritter", Häme nach dem Rückzug des Veranstalters MPS und natürlich Spott übers Rathaus-Marketing: Mittelalterliches Spektakel organisieren als Hausaufgabe für Amtsstuben-Büttel? Ein Bild des reitenden Horber Don Quijote drängte sich da geradezu auf.

Jetzt meldet die Stadt 3000 Euro Gewinn – und erregt prompt Argwohn: Wie bitte? Kein Minus? Das kann doch nicht sein. Nachfragen bringen immerhin ans Licht, dass der personelle Aufwand in der Stadtverwaltung in Höhe von 15 000 Euro nicht in die Bilanz eingeflossen ist. Allerdings: Hätte die Stadtverwaltung vor den Spielen verkündet, sie werde den zusätzlichen Aufwand mit drei neuen 450-Euro-Jobs bewältigen (das entspräche den Kosten), hätten die Gemeinderäte wohl herzlich gelacht. Extra eingestellt wurde aber niemand, und die 15 000 Euro sind Kosten für Stunden, die vom Stammpersonal geleistet, also organisatorisch eingeplant wurden.

Die Kostenfrage ist vielmehr das Symptom des seit Jahrzehnten gleichen Streitpunkts. Wie viel Steuergeld dürfen Freizeit und Kultur kosten und wann werden sie so teuer, dass Wählermehrheiten der Meinung sind, das Geld könnte man sinnvoller ausgeben?

Statistiken und Expertisen geben keine Antwort. Selbst das Statistische Landesamt hat keinen Überblick über die regionalen Ausgaben. Die Kulturszene sei einfach zu vielfältig. Nicht mehr aktuell ist eine Statistik, die bei Städten zwischen 100 000 und 200 000 Einwohnern von rund 40 bis 120 Euro jährlichen Pro-Kopf-Kulturausgaben ausgeht. Halbiert man den geringsten Wert und rechnet ihn für Horb aus, dann dürfte die Stadt rund eine halbe Million Euro jährlich allein für Kultur ausgeben. Der Horber Haushaltplan 2019 weist unter der Rubrik "Museen, Heimat, Kunst" 143 000 Euro Aufwand aus.

Klar, die Ritterspiele fließen da nicht ein. Sie sind ja nicht nur "Kultur", sondern auch ein modernes Event, das Kunst mit Kommerz und Freizeitspaß mischt. Doch das gilt ja heutzutage immer stärker auch für die Museen, Theater und Konzerthäuser – die nicht alle schwarze Zahlen schreiben.

Genaue Vergleichszahlen gibt es zwar nicht, doch bei den Kosten spielt Horb bestimmt in der unteren Liga und backt kleine Brötchen. Für Handwerker, Künstler, Gaukler, Musiker und das Turnier der Ritterspiele legte das Rathaus 70 000 Euro auf den Tisch – beim Konstanzer Seenachtsfest kostet allein das Feuerwerk 80 000 Euro. Die Diskussion um den "Kostenfaktor" Ritterspiele ist also ziemlich müßig. Im Gegenteil sollte das Horber Markenzeichen noch gestärkt werden, zum Beispiel mit einem Mittelalter-Weihnachtsmarkt wie in Esslingen und einem Mittelalter-Rockfestival.

Dem Stadtmarketing darf man organisatorische Kompetenz zugestehen. Das zeigt sich an den Ritterspielen, aber auch an den anderen Festen. Viele Akteure aus Stadt und Region machen mit und halten die Kosten gering, man braucht also keine großen Namen und kein Festival-Tamtam. Trotzdem kommt viel Publikum, weil die Veranstaltungen einfach attraktiv sind.

Und bestimmt werden sich bei den Ritterspielen der Zukunft jetzt auch wieder mehr Ehrenamtliche engagieren und das Horb-Element stärken.