Kritische Fragen musste sich Bürgermeister Ralph Zimmermann (hinten, Dritter von links) in der Ahldorfer Ortschaftsratssitzung anhören. Foto: Lück Foto: Schwarzwälder-Bote

Kommunales: "Warum werden nicht erst Bürger gefragt?" / Ralph Zimmermann will Wogen glätten

Das Rathaus besteht auf der Vertraulichkeit, weil man keine vorzeitige Aufregung will. Und betont immer die frühzeitige Bürgerbeteiligung. Bei den Bürgern kommen diese Versprechen gar nicht gut an. Weil sie beim geplanten Gewerbegebiet nicht eingehalten wurden, so die Vorwürfe.

Horb-Ahldorf. Auf die Frage, warum man nicht erst die betroffenen Bürger fragt und dann die Grundstückseigentümer wie in Empfingen, schweigt das Rathaus. Und löst noch mehr Emotionen aus. Und die Bürgerbeteiligung setzt der Ortschaftsrat durch.

Der Sitzungssaal des Ortschaftsrates am Donnerstagabend. Bürgerfragestunde. Einen Tag vorher hatte es die nicht-öffentliche Sitzung mit gut 50 Grundstückseigentümern gegeben. Information über das geplante Gewerbegebiet mit mindestens 20 Hektar Fläche. Dafür soll der Wald fallen. Und die Bitte des Rathauses, bis Ende Januar 2018 zu erklären, ob man dafür sein Grundstück verkauft.

Der kleine Sitzungssaal ist voll. Bürger stehen sogar. Und die Emotionen kochen hoch. Michael Keßler, auch CDU-Gemeinderatsfraktionschef, sagt gerade, dass der Ortschaftsrat Ahldorf abgelehnt hat. Dass man zwar Pläne gesehen habe, aber nicht die Planungen, wie sie am Vortag vorgestellt worden waren.

Ein Bürger greift Bürgermeister Ralph Zimmermann an, der den Grundstückseigentümern die Pläne präsentiert hatte: "Sie haben gestern in der Versammlung gesagt, dass Ahldorf durch die Autobahnnähe von steigenden Grundstückspreisen profitiert hat. Deshalb könne man jetzt auch etwas zurückgeben. Aber was ist mit dem Lärm und den Abgasen? Ahldorf ist durch die Autobahn und die Bundesstraße doppelt belastet." Unmut unter den Bürgern.

Zimmermann: "Das mit dem Wertzuwachs der Grundstücke in Ahldorf ist ein Fakt." Ein Ortschaftsrat: "In anderen Ortschaften, die nicht so eine Verkehrsbelastung haben, sind die Grundstückspreise auch gestiegen."

Keßler: "Für ein mögliches Gewerbegebiet in Ahldorf dürfen die gestiegenen Grundstückspreis kein Argument sein."

Der nächste Bürger will wissen, ob der Wald, falls er gefällt werden muss, woanders als Ausgleichsfläche wieder aufgeforstet wird. Bürgermeister Zimmermann: "Wir sind noch längst nicht so weit in den Planungen."

Ortschaftsrat Franz Leins: "Ich würde mich wundern, wenn der Naturschutz mitmacht. Wir wollten damals am Wald für den Sportverein einen Sportplatz mit Flutlichtmasten errichten. Das wurde von den Naturschutzbehörden abgelehnt – wegen der lichtempfindlichen Tiere!"

Bürgermeister Zimmermann hält dem entgegen, dass der Gemeinderat lediglich den Prüfauftrag gegeben habe, ob diese Fläche als Gewerbegebiet geeignet ist.

Ortschaftsrätin Gudrun Birkenberger: "Ich stelle den Antrag, dass es eine Bürgerbeteiligung geben muss. Bisher wurde kaum über das Vorhaben gesprochen. Im Hintergrund wird dagegen viel geredet. Da muss man ganz fair die Bürger aufklären. Auch deshalb, weil vielleicht ein Teil der Grundstückseigentümer verkaufen will. Das gesamte Ausmaß des geplanten Gewerbegebiets muss transparent gemacht werden. Denn es herrscht der Eindruck, dass das Gewerbegebiet mehr als eine Vision ist."

Ein Bürger: "Das geplante Gewerbegebiet ist größer als Ahldorf. Wir sind schon genug gebeutelt durch die Autobahn und die Bundesstraße. Und wenn die Hochbrücke kommt, wird das nicht besser. Man hat uns versprochen, dass wir rund um Ahldorf in Ruhe spazieren gehen können. Und jetzt das!"

Zimmermann verbittet sich die "Polemik". Dann wird abgestimmt. Außer den drei befangenen Ortschaftsräten, die ein Grundstück besitzen, heben die sechs stimmberechtigen Ortschaftsräte ihre Hand. Einstimmig! Damit wird es eine Bürgerinfo für alle geben. 

Ein Bürger fordert, dass diese Bürgerinformation noch vor Ende Januar sein soll: "Ende Januar läuft die Frist ab, in der die Grundstückseigentümer erklären sollen, ob sie verkaufsbereit sind oder nicht." Bürgermeister Zimmermann kann das nicht versprechen: "Es laufen noch Untersuchungen, wie die geologische, die überhaupt klären sollen, ob das Gebiet geeignet ist. Ob die bis dahin fertig sind, kann ich nicht versprechen."

Ortschaftsrat Wolfgang Kraft will dann wissen, ob man schon bei der Naturschutzbehörde überhaupt geklärt hat, ob man den Wald abholzen darf. Der Bürgermeister: "Laut Waldgesetz darf man das. Wenn man Wald rodet, muss man ihn eins zu eins ersetzen. Das reicht im Moment. Die Prüfung durch die Naturschutzbehörde kommt später."

Ein Bürger: "Der Wald ist naturbelassen. Er ist ein Schutz für Ahldorf. Woanders baut man für viel Geld Lärmschutzwälle, und ihr wollt hier den Wald roden." 

Der Bürgermeister: "Wir prüfen das im Moment nur theoretisch." Ortschaftsrat Keßler: "Man redet nicht nur theoretisch." Seine Kollegin Karin Fuhrer: "Das ist schon ein wichtiges Thema für Ahldorf. Wenn die Ampeln erst mal alle auf Grün sind, dann geht das ruckzuck!"

Bürgermeister Zimmermann: "Ich bin hier, um Ihnen die Ängste zu nehmen. Es gibt Nach-, aber auch Vorteile. Warum soll das Gewerbegebiet nicht möglich sein? Nur, weil Sie es nicht wollen?"

Ein Bürger: "Sie haben leicht reden. Sie sind vielleicht in sechs Jahren nicht mehr hier." Ein anderer sagt: "Die Pläne gibt es doch schon länger als ein halbes Jahr. Wenn das schon vor der OB-Wahl bekannt gewesen wäre, wäre Peter Rosenberger mit deutlich weniger Stimmen aus dem Land gegangen."

Dann die Frage, warum Horb nicht zuerst die Bürger mitnimmt. 

Ortschaftsrätin Birkenberger: "Ich verstehe nicht, warum das in Horb nicht so geht wie in Empfingen. Dort werden erst die Betroffenen gefragt und dann die Eigentümer."

Schweigen bei Bürgermeister Zimmermann.

Das löst noch mehr Emotionen aus. Und Bekenntnisse von Grundstückseigentümern, dass sie auf keinen Fall für das Gewerbegebiet verkaufen. 

Ihre Kollegin Fuhrer: "Ich habe schon Argumente der Eigentümer gehört, dass sie sich kleines, produzierendes Gewerbe vorstellen können. Aber keine Spedition Dachser oder ähnliches."

Bürgermeister Zimmermann: "Das entscheidet der Gemeinderat. Wir prüfen im Moment eine Begrenzung der möglichen Gewerbefläche."

Ortschaftsrat Leins: "So langsam fühle ich mich verarscht!" Der Bürgermeister betont, dass die Gewerbeflächen in Sindelfingen und Böblingen langsam "an der Kante sind. Die wollen weiter die Autobahn nach Süden runter. Eine Entwicklung wird es geben. Konkrete Interessenten gibt es nicht. Aber ich rede mit Bosch, Daimler, fischer. Es gibt genug Anfragen und ansiedlungswillige Firmen, die Arbeitsplätze in Horb schaffen wollen."

Ein Bürger will wissen, ob es auch andere Flächen für Gewerbe gibt. Der Bürgermeister: "Diese Fläche bei Ahldorf ist momentan die geeignetste Fläche in Horb." Ein Bürger: "18 Hektar Wald, das ist kein geringer Eingriff." Der Bürgermeister: "Freudenstadt macht gerade 50 Hektar für Gewerbe platt." Eine Bürgerin: "Ich wohne auf dem Aussiedlerhof. Ich bin die, die am meisten betroffen ist: Sie wollen mir meinen Wald wegnehmen." Der Bürgermeister: "Ich verstehe Ihre Ängste." 

Er betont noch, dass das Gebiet als Wasserschutzzone 3 gilt, deshalb sei dort ein Gewerbegebiet möglich. 

Claus Schmid, Ortschaftsrat und selbst Grundstückseigentümer: "Uns ist sehr wohl wichtig, was kommt. Schreiner, Zerspaner oder andere, kleine produzierende Gewerbe brauchen keine Autobahn. Aber die Logistiker. Deshalb werde ich das Ding nicht verkaufen!"

Ein Bürger sagt, dass über das Zentrallager von Norma an dieser Stelle nicht öffentlich geredet worden sei. Ortschaftsrat Schmid: "Die Stadt besitzt einen großen Teil der benötigten Fläche. Wenn man da mit Gewerbe anfängt, ist es wie mit dem Müll: Wenn irgendwo nur ein Tütchen herumliegt, liegt da ganz schnell jede Menge mehr! Da draußen wird es genauso kommen. Wenn ein Großer kommt, zählen mögliche Beschränkungen nicht. Wenn die Pläne in zwei Jahren durch sein werden, dann sind die Grundstücke in fünf Minuten verkauft!"

Ein Bürger: "Ich hoffe, dass die Eigentümer der Grundstücke nicht in die Falle tappen." Ortschaftsrat Gunther Seifried, selbst Grundstücksbesitzer: "Ich habe meinen Zettel an die Stadt schon abgegeben. Dabei habe ich das Kreuz an der richtigen Stelle gemacht."

Schlusspunkt nach knapp einer Stunde heftiger Diskussion.