Der promovierte Konstanzer Kultur-Wissenschaftler Albert Kümmel-Schnur führte im Kloster in die Ausstellung von Heike Endemann ein. Foto: Morlok Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: Vernissage mit der Bildhauerin Heike Endemann stellt 68 Werke vor, darunter auch Drucke und Prägungen

Horb. Der Horber Kunstverein Oberer Neckar eröffnete mit der Ausstellung "Aus einem Stamm" das neue Jahr in seiner Galerie im Horber Kloster. Die Bildhauerin Heike Endemann, die in Radolfzell lebt und arbeitet, fertigt ihre Skulpturen, Prägungen und Druck immer aus einem Stamm, daher der Name dieser Ausstellung. Die Holzbildhauerin ist eigentlich keine Unbekannte in Horb, denn die Stadt besitzt seit acht Jahren ihre Arbeit "Wasser fällt", die im Rahmen des Bildhauersymposiums während der kleinen Gartenschau entstanden ist. Nicht weit vom damaligen Freiluft-Atelier entfernt hängt die blau lackierte Skulptur, die an einen still stehenden Wasserfall erinnert, an der Stützmauer über der Hornaustraße. Und doch war diese Vernissage so etwas wie ein neues Kennenlernen, wie eine erste Begegnung mit der Künstlerin, denn das damalige Symposium wurde mehrheitlich eher von Insidern als von der großen Masse wahrgenommen.

Seit Sonntag stellt sich die Holzbildhauerin mit 68 Werken, die alle ihre sehr klare Handschrift tragen, in Horb vor. Es sind Arbeiten, die begeistern können. Sonja Braun, Mitglied im Kunstverein und selbst Bildhauerin – ihre Skulptur "verstrickt" steht vor dem Parkhaus in der Neckarstraße – stellte gleich nach dem ersten Rundgang durch die Ausstellung fest, dass hier eine echte Könnerin am Werk war. "Welch’ tolle Ausstellung" so ihr Eindruck.

Benno Müller, der Vorsitzende des Vereins, freute sich über die vielen Farben mit denen "die kleine zierliche Person, die gegen die Widrigkeiten des Holzes kämpft" ihre Werke bemalt hat, ohne dem Werkstoff seine Natürlichkeit zu nehmen. Für ihn sind die Farben die Vorboten des Frühlings, der sich auch schon mit freundlichem Wetter ankündigt. Der Vorsitzende erklärte zudem, dass Endemann vom Kunstbeirat des Vereins für diese Eröffnungsausstellung vorgeschlagen wurde und das Barbara Jäger und ihr Ehemann OMI Riesterer, beides Mitglieder im Kunstbeirat, beim Aufbau geholfen haben.

Bürgermeister Ralph Zimmermann, der Wochenenddienst hatte und deshalb das Grußwort der Stadt überbrachte, machte mit der Einleitung "Wir alle sind hierhergekommen, um Kunst zu genießen anstatt dröge Worte eines Stadtverantwortlichen zu hören" Hoffnung auf ein kurzes Grußwort. Doch die Hoffnung starb sofort. Zimmermann nahm seine Zuhörer mit auf einen ausführlich geschilderten Waldspaziergang mit Hund und verlief sich relativ schnell im Dickicht seiner philosophischen Betrachtungen.

Eine wichtige Erkenntnis aus seinem Vortrag war jedoch, dass man niemandem, der im Wald mit dem Hund spazieren geht, die Hand schütteln sollte. "Sie ist zur einen Hälfte voll mit Sabber und zur andern mit Hundekuchen." Er gelangte aber auch in der Ruhe der Natur zu der Einsicht, dass Künstler und ihre Kunst Impulse setzen und Inspiration geben können, um das Alltägliche aus anderer Warte zu sehen. In diesem konkreten Fall Wald im Kontext zu den Skulpturen, die den Blick für die Schönheit öffnen und die Details erlebbar machen.

Über den Baum, den Kommunikationspartner von Heike Endemann, referierte abschließend der Konstanzer Kulturwissenschaftler Albert Kümmel-Schnur. Er hob in seinem sehr detaillierten Vortrag hervor, dass die Objekte Endemanns "sich in einer Spannung zwischen klaren ruhigen Formen und dynamischeren, unruhigen Oberflächen bewegen". "Endemanns Arbeiten geben dem Holz Raum", stellte er fest, und die Künstlerin "verwendet ausschließlich Holz, das nicht zum Zweck der Bildhauerei gefällt wurde". Auch die Drucke und Prägungen, die an einigen der Wände zu sehen sind, stellen eine Verbeugung der Bildhauerin vor ihren Kommunikationspartnern, den Bäumen, dar, und bei den hauchdünnen, löchrigen Baumschnitten erscheinen die Jahresringe wie die kreisförmigen Wellen, die entstehen, wenn jemand einen Stein ins stille Wasser wirft. Es gibt also bis zum 17. März noch viel zu entdecken in den Galerieräumen des Kunstvereins Oberer Neckar.

Eines gab es aber bei dieser Vernissage zum allerletzten Mal. Die leckeren Mini-Selen und die Flachswickel von Konditormeister Helmut Kipp. "Er hat inzwischen auch sein Haus, in dem die Backstube untergebracht ist, verkauft und hat heute das letzte Mal für uns dort gebacken", gab Benno Müller mit großem Bedauern bekannt. Die Künstlerin selbst hörte sich die lobenden Worte lässig an den Türrahmen zum großen Saal gelehnt an. Unbeteiligt, doch voller Erwartung. Ganz ähnlich wie ihre Objekte.