Götz Peter Foto: Archiv Foto: Schwarzwälder Bote

Bildung: Schulleiter Götz Peter: Lehrerversorgung an Grundschulen "nicht optimal" / Freiwillige Angebote wurden reduziert

Horb. Das war das große Thema beim liberalen "Bildungsgipfel" im Projektraum 42 mit NRW-Bildungsministerin Yvonne Gebauer und Timm Kern (beide FDP) am letzten Samstag: Personalknappheit an den Schulen, überlastete Lehrer, falsche Prognosen, fehlende Daten. Wir befragen dazu Götz Peter, geschäftsführender Schulleiter von Horb.

Wie ist die Lage in Horb?

Bei den weiterführenden Schulen sind wir im Moment zumindest insoweit mit Lehrkräften versorgt, dass der Pflichtbereich abgedeckt werden kann. Im Grundschulbereich ist die Lehrerversorgung im Moment nicht optimal. Aufs nächste Schuljahr hin werden 1600 Stellen frei. 1100 können besetzt werden. Das heißt: Es gibt eine Lücke von ungefähr 500 Lehrkräften.

Steuert das Kulturministerium gegen?

Ja. Kultusministerin Susanne Eisenmann hat die Idee geboren, Gymnasialkräfte, die im Moment kein Einstellungsangebot erhalten, an die Grundschulen zu locken. Das sind vor allem Lehrkräfte mit den Fächern Deutsch, Geschichte oder Fremdsprachen. Aber auch nur die. Bei den naturwissenschaftlichen Fächern gibt es schon jetzt Engpässe. Das merken wir auch. Wir bekommen kaum Lehrkräfte im Bereich Physik, Chemie.

Liegt das am ländlichen Raum?

Die jungen Lehrkräfte streben eher in die Städte. Ich hatte vor zwei Jahren mal eine Referendarin an der Schule, die hätte absolut Chancen gehabt, übernommen zu werden. Wir hätten sie sehr gerne behalten, sie hat aber von Anfang an gesagt: Ich möchte in eine Großstadt. Mindestens Karlsruhe, Stuttgart oder Mannheim war der Wunsch. Vor 25 Jahren, als ich angefangen habe auf Lehramt zu studieren, war es umgekehrt. Da wollte keiner nach Stuttgart – in die Brennpunktregion. 

Wie ist die Personalversorgung im Moment an den Horber Schulen?

Es darf im Moment niemand mehr krank werden, der längerfristig vertreten werden müsste. Da haben wir keine Reserven mehr. Wenn alle gesund bleiben, sind wir im Direktbereich versorgt. Aber alles, was freiwillig ist, wie AGs oder Musik und Theater, das ist an vielen Schulen dramatisch reduziert worden.

Beim liberalen Bildungsgipfel wurden die fehlenden Echtzeitdaten über Lehreranwesenheit in den Schulen kritisiert. Wie läuft es in Ihrem Schulverwaltungsamt?

Jede Schulleitung ist verpflichtet, längere Fehlzeiten zu melden. Alles, was bis zu drei Wochen bewegt, das müssen wir selbst stemmen.

Wie machen Sie das?

Das ist schwierig. Da muss man teilweise Klassen zusammenlegen oder im äußersten Notfall Unterricht ausfallen lassen. Wir haben grundsätzlich einen Vertretungspool. Wir bekommen vom Schulamt gesagt, an welcher Schule noch Stunden übrig sind. Nur sind diese Lehrkräfte in der Regel dann doch gebunden aufgrund von Ausfällen an den dortigen Schulen. Es ist schwierig. Deswegen sage ich, längerfristig darf keiner krank werden.

Würden Echtzeitdaten da helfen?

Die Schulaufsicht weiß in der Regel schon, welche Lehrkräfte im Dienst sind und wer längerfristig ausfällt. Die kurzfristigen Ausfälle kennt das Schulamt in Echtzeit nicht. Das Schulamt gibt sich große Mühe, uns da zu unterstützen. Die Lehrkräfte herzaubern können die aber auch nicht.

Was ist bei längerer Krankheit?

Dann kann ich einen Krankheitsstellvertreter beim Schulamt anfordern. Es kann sein, dass die Stelle auch über das Regierungspräsidium ausgeschrieben wird. Doch die Frage ist: Wer kommt so kurzfristig? Da kann man Glück haben. In der Regel hat man eher Pech. Weil sich niemand meldet. Oder weil niemand die letzten vier Monate des Schuljahrs in den ländlichen Raum möchte.

Beim liberalen Bildungsgipfel fand die Forderung nach mehr Unterstützung für Lehrer großen Anklang. Was denken Sie?

Da ging es vor allem um die Schulleitungen kleinerer Schulen, die ziemlich belastet sind. Weil sie nicht nur Schulleiter sind, sondern gleichzeitig noch Lehrkraft mit einer Unterrichtsverpflichtung von rund 20 Wochenstunden. In der Regel sind sie Klassenlehrer. Eine Sekretärin oder ein Hausmeister sind nicht täglich an der Schule. In Schulen unter 180 Schülern gibt es keinen Stellvertreter. Es sind nicht besonders viel bürokratische Aufgaben, die die Lehrkräfte selbst zu bewältigen haben. Sondern die Schulleitungen. Und das für eine relativ geringe Bezahlung. Das Mehr beträgt 190 Euro vor Steuern, die eine Leitungsperson an Grundschulen mehr verdient als eine Lehrerin oder ein Lehrer. Da muss dringend nachgesteuert werden. Ich bin gespannt auf das Konzept, was Kultusministerin Eisenmann vorlegen will. Für mich ist klar: Die Schulleitungen brauchen mehr Leitungszeit – ganz eindeutig. Vor allem die Schulleitungen kleinerer Schulen.

Mehr Assistenz für die Pädagogen, mehr Schulsozialarbeit. Wie ist es in Horb?

Ich möchte fast sagen, da war Horb Vorreiter. Was die Schulsozialarbeit angelangt, sind wir hervorragend aufgestellt.  Die Fragen stellte Jürgen Lück.