Mission Radarfalle: Keine Abzocke, findet die Stadt. Foto: Hopp

Auf ein Viertelstündchen: Verkehrskontrolle in Dettensee. Von roten Blitzen und zuckenden Füßen.

Horb - Es ist 10.12 Uhr. Der Termin ist um 10.30 Uhr. Auf der Fahrt von Stuttgart nach Dettensee musste ich durch die Baustelle hinter Böblingen. Tempo 60? Muss das sein? Das nervt mich aber ganz schön. Mein Fuß will aufs Gaspedal. Doch ich reiß mich zusammen.

Eine halbe Stunde später. Ortsausgang Dettensee. Auf der Straße sind zwei Hütchen, links ein silber-metallic farbener Klein-Bus. Sofort geht mein Fuß auf die Bremse – Radarfalle! Kein roter Blitz. Noch mal Glück gehabt.

Ich sehe Hans Peter Merkel vom Ordnungsamt der Stadt. Steige ein in den Bus. Sage: "Na, auf Abzocke?" Er sagt: "Ich verstecke mich nicht. Wir machen Geschwindigkeitskontrollen. Wenn ich mich hinter dem Bushäuschen da hinten stellen würde, dann wäre es Abzocke."

Morgens um 7 Uhr hatte er schon die zwei Kameras, die beiden Sensoren und die 50 Zentimeter breite Lichtschranke aufgebaut. Den optimalen Fotopunkt drei Meter vor und hinter dem Sensor mit Hütchen markiert. Damit auch ein Raser-Lkw mit Fahrer und Nummernschild auf dem Beweisfoto ist.

Den Sensor noch mit der kalibrierbaren Wasserwaage genau auf die Straßenneigung eingestellt, und um 7.45 Uhr konnte Merkel das Messprotokoll unterschreiben.

Fernbedienung mit vier Knöpfen

Seitdem sitzt er schon im Bus. Jetzt zeigt er mir die "Fernbedienung". Ungefähr 5 mal 7 Zentimeter groß. Mit vier grünen Knöpfen. Rechts oben ist die "Kollegen-Taste", links unten die Motorrad-Taste. Dann werden beide Kameras ausgelöst. Das Nummernschild von hinten, das Gesicht von vorne. Und was ist das für eine grüne Taste? Das ist die "Ereignis"-Taste. Falls einer am Steuer telefoniert. Flash – und schon gibt's von vorne und von hinten den fotografischen Beweis.

Die "Kollegen-Taste" wird von Merkel gedrückt, wenn sich Feuerwehr oder Polizei mit Blaulicht nähert. Merkel: "Dann wird der Vorgang annulliert." Praktisch, denke ich. Wenn OB Rosenberger oder Merkels Chef Wolfgang Kronenbitter reinrauscht, wird alles gelöscht. Will ich auch.

Kronenbitter, der inzwischen auch vorbeigekommen ist, lächelt: "Das nützt gar nichts. Die Annullierung heißt nur, dass das Ordnungswidrigkeitsverfahren nicht automatisch ausgelöst wird. Alle Bilder von Rasern bleiben auf dem PC und müssen als Beweismittel vor Gericht gesichert werden. Da kann man keins löschen."

Doch was macht die Radarfalle für einen Sinn, wenn man sie gleich sieht? Kronenbitter: "Hier in Dettensee sind gleich zwei Bushaltestellen, wo Kinder aussteigen. Je öfter wir hier stehen, desto langsamer wird gefahren." Merkel: "Stimmt. Als ich hier zum ersten Mal gemessen haben, sind mir 40 Autos reingerauscht."

Es ist 10.50 Uhr. Auf dem Monitor der "Radarfalle" werden 287 durchgefahrene Fahrzeuge angezeigt. Nur vier waren zu schnell." Der Ordnungsbeamte: "Na, dann bau ich gleich ab." Kriegt man nicht irgendwann das Jagdfieber auf die Raser, Herr Merkel? Er sagt: "Je mehr Raser erwischt werden, desto mehr Fotos muss ich auswerten. Ich bin da ganz entspannt."

Na gut, denke ich mir. Dann kann ich bei den normalen Geschwindigkeitstafeln ungestraft ausprobieren, ob ich in der Tempo 50-Zone auch auf 70 komme. Vorsicht, sagt Kronenbitter: "Damit locken sie aber die Geschwindigkeitskontrollen an. Die Tafeln zeichnen auch die Geschwindigkeit auf, machen aber keine Beweisfotos. Wenn dort zu schnell gefahren wird, dann kommt da aber der mobile Blitzer hin. Bitte fahren Sie vernünftig, Herr Lück." Ich dachte, beim Autofahren kommt es vor allem darauf an, fix ans Ziel zu kommen. Und keine Punkte in Flensburg zu kriegen.

Kronenbitter rechnet vor: Bei Tempo 50 kommt ein Auto nach 26 Metern bei der Vollbremsung zum Stillstand. Bei Tempo 60 würde mein Wagen ein Kind dort mit 43 km/h erwischen. Will ich mir lieber nicht vorstellen...

Wie schnell kriege ich als Bürger den Blitzer, wenn in meiner Straße zu sehr gerast wird?

Kronenbitter: "Herr Merkel macht jede Woche seinen Messplan. Ein Anruf, dann prüfen wir, ob wir vor Ort tätig werden können. In der Altheimer Straße beispielsweise geht das nur an den Stellen, wo links und rechts genug Platz für den Bus und die verschiedenen Kameras und Sensoren ist."

Denn bevor Merkel losblitzen kann, muss alles stimmen. Sonst werden die Beweisfotos vor Gericht vom Gutachter des Verteidigers buchstäblich in der Luft zerrissen.

PS: Meinen nächsten Termin habe ich um eine Stunde verschoben. Damit ich nicht wieder unter Zeitdruck komme und mein Gasfuß zuckt.

Auf ein Viertelstündchen: Wir verbringen eine Viertelstunde an einem bestimmten Ort. Schauen, beobachten, kommen ins Gespräch, werfen einen Blick hinter die Kulissen. Nehmen Alltägliches oder auch besondere Anlässe unter die Lupe. Frei nach dem Motto: Mal sehen, was passiert.