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Reptil "macht einen vitalen Eindruck". Halter kann nicht festgestellt werden.

Horb - Ungewöhnlicher Einsatz für die Horber Polizei: Am vergangenen Donnerstag fischten die Beamten eine Schildkröte aus dem Mühlkanal.

Gleich mehrere Horber hatten das Tier gesichtet und den Polizeiposten informiert. Die Beamten wurden aktiv, fischten die Schildkröte aus dem Wasser und versuchten, den Besitzer ausfindig zu machen.

Allerdings ohne Erfolg, wie ein Sprecher des Polizeipräsidiums Tuttlingen bestätigt. "Den örtlichen Tierschutzvereinen und Tierheimen lag keine Meldung über eine vermisste Schildkröte vor."

Die Beamten schalteten daraufhin das Landratsamt ein, das die Schildkröte schließlich im Kleintierzentrum von Jürgen Seybold in Baiersbronn-Mitteltal unterbrachte. Der Veterinär ist auf Reptilien, Amphibien und Exoten spezialisiert und weiß mittlerweile auch, was sich da genau im Wasser des Mühlkanals tummelte: eine Gelbwangenschmuckschildkröte.

Eine der häufigsten Arten in deutschen Wohnzimmern und Gärten, erklärt der Tierarzt. Bei dem Horber Exemplar handele es sich um ein etwa zehn bis 15 Jahre altes Männchen, so Seybold. Mit einem Gewicht von rund 400 Gramm sei das Tier bereits so gut wie ausgewachsen. "Die Schildkröte macht einen vitalen Eindruck", sagt Seybold, der auch schon ein neues Zuhause für das Tier im Auge hat. Geht alles glatt, zieht der exotische Ex-Bewohner des Mühlkanals bald in einen gepflegten Gartenteich um. Der gehört Kunden von Seybold, erfahrene Schildkrötenhalter, die der Praxis häufig Fundtiere abnehmen.

Was auch nötig ist, denn seit die Haltung von Reptilien, Amphibien und anderen Exoten in Mode gekommen ist, sei auch die "Rücklaufquote" entsprechend hoch. Allein in der Praxis von Jürgen Seybold werden jährlich etwa 15 bis 20 Schildkröten abgegeben. "Würden wir zu allen ›Ja‹ sagen, könnten wir auch 100 aufnehmen", meint der Tierarzt.

Die Gründe seien vielfältig. "Die Tiere werden zu groß oder sie sind den Leuten zu bissig." Bissig? "Ja", sagt Seybold, "so eine Schildkröte kann ordentlich zuschnappen – wenn sie nur sauer genug ist." Da fehle dann gerne mal ein Stück Haut an der Fingerkuppe, schmunzelt der Tierarzt. "Das passiert mir auch regelmäßig."

Kein Grund, ein Tier gleich abzugeben oder gar auszusetzen, findet Seybold. "Aber es ist ja mittlerweile gang und gäbe, die Katze beim Umzug vor die Tür zu setzen oder den Hund vor dem Sommerurlaub auszusetzen. Nur bei Exoten fällt das den Leuten noch auf."

Ob die Schildkröte aus dem Mühlkanal ausgesetzt wurde oder aus einem Garten entlaufen ist, wird sich wohl nie klären lassen. Auch nicht, wie lange sie im Kanal gelebt hat. Denn Schildkröten sind in deutschen Flüssen längst keine Seltenheit mehr. Vor allem im Rhein gebe es viele, erzählt Seybold. "Die Tiere können dort jahrelang überleben." Fortpflanzen können sie sich allerdings noch nicht. Dafür ist die Wassertemperatur zu niedrig.