Ein Fahrrad in der Farbe Grün – so könnte ein Symbolbild der Horber Kommunalwahl des Jahres 2014 aussehen. Die Fahrrad-Aktion der OGL hat Aufsehen erregt. Foto: Hopp

Selbst bei der FD/FW brachte der Gefühls-Faktor mehr Stimmen. Außergewöhnliche Ideen werden belohnt.

Horb - Ziehen Inhalte beim Wähler mehr als Gefühle? Die Gemeinderatswahl lässt eigentlich nur einen Schluss zu. u CDU: Promis, Infos, Aktionen, Volksnähe Bei der CDU hatte Stadtverbands-Vorsitzender Thomas Kreidler auf einen Mix zwischen Gefühl, Promis und Aktionen gesetzt. Offen gab er zu, sich auch am Stil des letzten Bundestagswahlkampf von Angela Merkel orientiert zu haben. Frühstück, Wandern mit OB Peter Rosenberger, Joggen mit Landeschef Thomas Strobl. Und Themen-Ausflüge wie die Energie-Tour. Bus- und Auto-Touren. Frei nach dem Motto: Small Talk erlaubt, Wohlfühlen auch – und wer bei den wenigen politischen Reden nicht zuhörte, war auch nicht so schlimm. Hauptsache: Der Wähler merkt, wie sympathisch die Kandidaten sind. Das Ergebnis: Die CDU legte noch einmal um 2,2 Prozentpunkte zu und holte mit 39,1 Prozent ein bärenstarkes Ergebnis. Thomas Kreidler sagt dazu: "Wir sind der eindeutige Wahlsieger. Vor der Wahl haben wir Themen überregional gesetzt. Bei uns stand das Kandidatenteam im Vordergrund. Und Volksnähe gehört zu einer Volkspartei dazu."

Was ihn stolz macht: "Unsere letzten zehn Kandidaten haben zusammen 15000 Stimmen. Da ist keiner mit unter 1000 Stimmen weggekommen." Und auch bei den scheinbaren "Verlierern" der CDU sei die Stimmung durch den Teamgeist gut. Kreidler: "Wir hatten viel Spaß. Da ist etwas entstanden, was auch nach der Wahl Bestand hat."

Fazit: Der Wohlfühl-, Sympathie- und Gefühlsfaktor hat wohl wesentlich zum Zuwachs beigetragen. u Jung, frisch, Programm Die SPD. Ortsvereinsvorsitzende Viviana Weschenmoser sagt: "Wir wollten durch unser Programm und die Qualitäten überzeugen. Wir haben uns bewusst auch um Jungwähler bemüht. Waren als einzige bei Erstwähler-Veranstaltungen da, und ich denke, wir haben Frische im Wahlkampf programmiert."

Mit der Konzentration auf die Inhalte kam die SPD offenbar nicht so an wie erwartet. Mit einem Verlust von fünf Prozent und zwei Sitzen im Gemeinderat sind die Sozialdemokraten die großen Verlierer der Gemeinderatswahl. Weschenmoser: "Es ist bedauerlich, dass im Wahlkampf so wenig über Inhalte gesprochen wurde."

Trotzdem hat die Verjüngungs-Strategie der SPD bei den Wählern mehr Anklang gefunden, als die reinen Prozente sagen: Viviana Weschenmoser (26) holte 3280 Stimmen und zieht in den Gemeinderat ein. Und Mini-Rock-Pressesprecher Benjamin Breitmaier (28) konnte mit 2260 Stimmen sogar SPD-Urgestein Volkhard Bähr überholen (2004 Stimmen).

Weschenmoser will jetzt gemeinsam mit dem Vorstand die Wahl analysieren. Sie sagt: "Vielleicht kann es nicht schaden, ein paar Bürgerfrühstücke einzuführen. Da müssen aber auch Inhalte her. Es kann nicht sein, dass Leute Kandidaten wählen, nur weil sie zum Frühstück eingeladen werden."

Fazit: Die Verjüngungsstrategie der SPD hat teilweise funktioniert. Hier könnte möglicherweise die geringe Wahlbeteiligung der Jungwähler der Partei einen Strich durch die Rechnung gemacht haben. Melanie Nagel (mit 4063 Stimmen SPD-Siegerin) sagt: "Uns fehlt die Persönlichkeit von Axel Lipp." Der potenzielle SPD-Wähler scheint neben Jugendlichkeit, Frische und Inhalten offenbar doch auch das gute Nachbarschafts-Gefühl zu goutieren. u Pfiffig, Herz und Genuss Die Offene Grüne Liste ist mit einem Plus von einem Prozent auf 9,2 Prozent und einem dritten Sitz im Gemeinderat eine Gewinnerin der Gemeinderatswahl.

Die Kandidaten haben offenbar den Spagat zwischen Inhalten und Aktion gefunden. Markus Pagel, mit 3184 Kreuzchen der Stimmenkönig der Offenen Grünen Liste: "Wir haben nicht so einen normalen Wahlkampf gemacht. Kein Stand oder Kulis hinterherschmeißen. Sondern auf Aktionen gesetzt, die etwas Sinnvolles enthalten."

Beim Regionalen Frühstück konnten Horber landwirtschaftliche Produkte aus Horb vespern. Pagel: "Dabei haben wir ganz bewusst nicht nur auf Bio-Produkte gesetzt, die uns in die Öko-Ecke gesteckt hätten. Sondern auf Slow-Food – also konventionelle Produkte aus Horb. Der Käse aus Betra ist nicht Bio, aber super." Und während zum Joggen mit CDU-Landesschef laut Pagel nur zwei Besucher kamen, konnten die Grünen am Sonntagvormittag "150 bis 200 Besucher locken", so Pagel: "Das hat keine andere Partei geschafft." Auch die Sammelaktion der Fahrräder für Afrika hat offenbar genau den Nerv der potenziellen Grün-Wähler getroffen. Pagel: "Es war toll, dass uns die Menschen teilweise Geschichten erzählt haben, was sie mit dem gespendeten Fahrrad alles erlebt haben."

Fazit: Aktionen mit Grips, Inhalt, Nachhaltigkeit und Genuss. Und dabei konnten die Horber noch etwas Gutes tun. Pagel als Nabu-Vorsitzender und Elisabeth Schneiderhan als bekannte Kämpferin für Verkehrsberuhigung in der Innenstadt und Mitarbeiterin in der Stadt-Apotheke – das offenbar hat genau die grüne Wählerklientel erreicht. u Streit und Nostalgie Die FD/FW ist mit 29,3 Prozent die zweitstärkste Kraft in Horb geblieben. Dabei setzten zwei Protagonisten – Daniel Wochner und Alfred Seifriz – kurz vor der Wahl auf einen heftigen öffentlichkeitswirksamen Streit mit der Stadtspitze.

Sie warfen Oberbürgermeister Peter Rosenberger vor, Verfahrensfehler beim Einkaufszentrum gemacht zu haben. Beim Wähler zog das nicht: Wochner und Seifriz verloren viele Wählerstimmen.

Margarethe Rebholz, die in der FD/FW für einen sachlichen Stil steht, konnte ihr Stimmergebnis sogar verbessern.

Dafür zog die Nostalgie-Karte, die die FD/FW gezogen hatte: Sie setzten kurzerhand den sehr beliebten Ex-OB Michael Theurer mit auf die Gemeinderatsliste. Und dieser Trumpf stach: Mit 9943 Stimmen wurde Theurer der Stimmkönig von Horb. Und das, obwohl den Wählern eigentlich klar sein muss, dass Theurer aufgrund seiner vielen Verpflichtungen wohl nur selten an einer Sitzung im Feuerwehrhaus teilnehmen werden dürfte.

Fazit: Die FD/FW setzte im Wahlkampf auf harte Angriffe gegen die anderen. Die Protagonisten dieser Attacken wurden vom Wähler nicht belohnt. Dafür zog der Trumpf "Wie schön war es in Horb damals unter Michael Theurer". Gefühl scheint bei der Wählerklientel auch hier stärker als Inhalte oder Konfrontation zu wirken.