An manchen Tagen ein schwieriges Gebiet für Parkplatz-Suchende: die obere Kernstadt. Foto: Hopp

Nach Firmung in Stiftskirche folgt für Angehörige und Freunde von Firmlingen ein Frusterlebnis.

Horb - "Horb, die Stadt der Strafzettel..." So beginnt der Brief, den eine Familienmutter aus einem Horber Ortsteil am Montag an die Stadtverwaltung geschickt hat.

Linda R. (Name geändert) ist verärgert über einen Verwarnungszettel der Stadt vom Samstag, 14. Juli: "Parken im verkehrsberuhigten Bereich außerhalb von gekennzeichneten Flächen."

Die Zettel, die selbst keine Verwarnung sind, sondern diese in den nächsten Tagen ankündigen, klemmten am besagten Samstag hinter einigen Scheibenwischern.

Denn in der Stiftskirche fand der Firmgottesdienst statt, und mangels Stellplätzen gab es für viele der Gottesdienstbesucher keine Parkmöglichkeit mehr in der Nähe der Kirche. 65 Firmlinge mit Familien, überwiegend aus den Ortsteilen, waren am Samstag nach Horb gefahren. "Gezwungenermaßen mit dem Auto", so Linda R., "begleitet von Freunden und Verwandten, um diesen Tag einen besonderen Tag werden zu lassen."

Das wurde er dann auch, aber auf zwiespältige Art. Denn während den jungen Leuten in der Kirche das Sakrament gespendet wurde, machte sich draußen eine Stadtbedienstete an ihre Arbeit – und verteilte die Verwarnungszettel.

Im Normalfall nichts Anrüchiges – doch am Samstag gab es besondere Umstände. Die vier oberen Stockwerke des Parkhauses Innenstadt waren gesperrt. "Und da der Andrang auf das neue Parkdeck (Wintergasse, Anm. d. Red.) viel zu groß war, mussten einige Besucher in der Not ihre Fahrzeuge auf dem Marktplatz beziehungsweise an der Gutermannstraße abstellen." Die ersten Knöllchen-Opfer hatten gleich am Sonntag in Leserbriefen ihren Herzen Luft gemacht.

Am Montag gab es eine weitere Reaktion. Der als sachkundiger Bürger im Gemeinderat tätige Thomas Bauer, als kritischer Begleiter der Verwaltung längst stadtbekannt, schreibt in einem offenen Brief: "Wie kann die Verwaltung an einem solchen Tag so eine Aktion durchführen? Anstatt die Ordnungshüterin dafür einzusetzen, das zu erwartende Verkehrschaos zu regeln, wird abgewartet, bis die Besucher in der Kirche sind, um ihnen dann im wahrsten Sinne des Wortes ›seelenruhig‹ ein Knöllchen ans Auto zu hängen. Wenn sich die Verwaltung gegenüber allen Gästen so feinfühlig verhält, braucht sie sich um Zuzug von Familien und Zuwachsraten im Fremdenverkehr bald keine Sorgen mehr machen."

Bauers Vorschlag: "Allen Besuchern der Firmung wird umgehend die Strafe erlassen. Die Person, die diesen Verwaltungsakt beauftrag hat, wird bei der nächsten Veranstaltung zur Verkehrsregelung eingesetzt."

Aber wie kam es zu der umstrittenen städtischen Knöllchen-Tour am Samstag? Auf Anfrage unserer Zeitung veweist die Stadt auf die üblichen Kontrollen, auch am Wochenende. "Auch in den zurückliegenden Monaten war dies immer wieder der Fall, und zwar völlig unabhängig von irgendwelchen Veranstaltungen. Bei den Kontrollen in der gesamten Kernstadt wurden im Bereich des Marktplatzes am Samstag lediglich 13 Parkverstöße festgestellt. Es hat daher den Anschein, dass sich der überwiegende Teil an die bestehenden Parkregelungen gehalten hat."

Bereits 2014, so heißt es im Schreiben der Stadtverwaltung weiter, wurde zusammen mit Anwohnern und Geschäften auf dem Marktplatz die Gesamtkonzeption eines autofreien Marktplatzes beschlossen. Zusammen mit dem Parkhaus Marktplatz ergeben sich seither netto mehr Stellplätze als früher. "Selbstverständlich erhöht sich bei Veranstaltungen der Parkdruck um den Veranstaltungsort entsprechend. Allerdings müssen dabei trotzdem die bestehenden Regelungen berücksichtigt werden."

Die Stadtverwaltung räumt ein, dass es vor allem für ältere Menschen aufgrund der Topografie von Horb nicht immer einfach haben. "Allerdings ist es selbstverständlich möglich, bei Bedarf bis vor den Veranstaltungsort vorzufahren, die Personen aussteigen zu lassen und sich dann einen entsprechenden Parkplatz zu suchen. Im Übrigen sind trotz der begonnenen Sanierungsarbeiten im Parkhaus Innenstadt weiterhin öffentliche Parkplätze auf den unteren Ebenen zugänglich. Zudem stehen samstags ab 12 Uhr die Parkplätze auf dem oberen Parkdeck im Parkhaus Marktplatz und auch die Parkplätze auf dem Flößerwasen sogar kostenfrei zur Verfügung. Was selbstverständlich eine kurze Wegstrecke notwendig macht, die zurückgelegt werden muss."

Ohne Kontrollen, so teilt die Stadt weiter mit, würde sehr schnell der Vorwurf aufkommen, die Verwaltung toleriere das Falschparken. Daher halte sich die Stadtverwaltung an die bestehenden Parkregelungen und führe sowohl unter der Woche als auch am Wochenende regelmäßig Kontrollen durch. "Eine Rücknahme der ausgesprochenen Verwarnungen für das Falschparken ist daher auch nicht möglich."

Trotzdem gibt es zu dem Fall noch weitere Informationen. Aus gut unterrichteten Kreisen war zu erfahren, dass dieser Einsatz so nie geplant war, sondern einfach nur dumm gelaufen ist. Es steckte keine böse Absicht oder gar das Schielen nach Einnahmen dahinter, sondern eine simple Terminverschiebungs-Panne. Denn ursprünglich hätte der Rundgang in der oberen Kernstadt am Freitagnachmittag stattfinden sollen. Aus Termingründen wurde er dann auf den Samstag verlegt. Von der Samstags-Firmung wusste keiner etwas, und die Angestellte hat sich vielleicht über die vielen Autos gewundert, aber ansonsten pflichtbewusst ihren Job gemacht.

Routinekontrolle oder peinliches Missgeschick? Die Verwaltung versichert: Es war Routine. Ein Nachgeschmack wird für die Verwarnten wohl bleiben – denn wäre die angebliche Knöllchenaktion wirklich ein peinliches Versehen der Stadtverwaltung gewesen, dann ginge es auf Kosten von Bürgerinnen und Bürgern, die jetzt zahlen müssen, damit das Prinzip gewahrt bleibt.