"Unwissenheit schützt nicht vor Strafe"
Kristina Kirchner von Kristina’s kleine Tanzschule in Ergenzingen ist derselben Meinung: "Unwissenheit schützt nun mal nicht vor Strafe. Ohne konkrete Vorgaben des Landes oder der Stadt, werde ich nicht öffnen. Eine hohe Strafe würde mir vollends das Genick brechen. Das riskiere ich nicht."
"Die Regierung lässt uns hängen", meint Jasmin Gayer. "Wir haben keinerlei Informationen, kein Konzept, kein Startdatum. Wie sollen wir da unsere Kunden informieren, die sich immer wieder melden?" Zudem müssen sie auch mit Kündigungen kämpfen.
Durch die Unsicherheit, wie lange die Corona-Krise noch anhalten wird, überlegen sich auch so manche Stammkunden zu kündigen. "Wir bekommen teils Nachrichten von Kunden: ›Wir würden gerne dieses Jahr keine Beiträge mehr zahlen und werden 2021, wenn es einen Impfstoff gibt, wieder kommen. Uns ist das Risiko einer Infektion zu groß.‹", erklärt Dreßler. "Das ist ein weiteres Problem an Informationsmangel: Es wird nicht richtig kommuniziert, wie hoch das Risiko einer Infektion ist. Es ist ja nicht so, dass wenn man dieselbe Türklinke anfasst, man direkt mit dem Virus infiziert ist. Da muss eindeutig mehr Aufklärung her – um auch den Menschen die Angst zu nehmen."
Es besteht trotz der möglichen Öffnung ab Pfingsten die Unsicherheit, ob die Kunden sich wieder in die Tanzschule trauen. Oder eher zu Hause bleiben – aus Angst. Aber Peter Gayer ist sich des Überlebens der Tanzschule sicher: "Wir sind seit 48 im Geschäft und wir werden das schaffen!"
Durch die Corona-bedingte Schließung hat sich einiges geändert. Die Tanzschule Gayer pocht auf ein überbrückendes Online-Angebot. "Wir machen seit Montag auch Livestreams, in denen wir den Unterricht so real wie möglich halten – es fühlt sich schon fast echt an", erläutert Jasmin Gayer. Über ein eigenes Verwaltungssystem und die Kundenkarten, kann sich der Tanzschüler einloggen und den Livestream verfolgen. Zudem werden online auch Videos zur Verfügung gestellt, in denen einzelne Schritte oder Figuren erklärt werden. So erhält jeder Kunde, das, was er bereits gelernt hat und kann zu Hause üben.
"Wir brauchen endlich genaue Richtlinien"
Jasmin Gayer ist jedoch besorgt. Sie können über das Online-Angebot zwar die Schritte erklären. Doch heutzutage ist das nicht die einzige Aufgabe eines Tanzlehrers. Auch die individuelle Körperanalyse und Gesundheitsarbeit gehören dazu.
Die Tanzschule Gayer hat auch einen Bildungsauftrag. Sie schildert: "Wir sind vom Regierungspräsidium in Freiburg als Bildungsbetrieb anerkannt und eng mit den Schulen im Umkreis verbunden. Jugend- und Sozialarbeit kommt somit auch dazu. außerdem gehören wir auch zum Immateriellen Kulturerbe der UNESCO."
Was die Tanzschulen zu dem "Startdatum Pfingsten" sagt? "Lieber hätte die Regierung sagen sollen: ›Wir arbeiten noch an einem Konzept und sagen dann das Startdatum.‹ Das hätte uns mehr weitergeholfen. Außerdem brauchen wir endlich genaue Richtlinien. Wir müssen ja auch alles noch für die Öffnung vorbereiten", meint Dreßler.
Auch Kristina Kirchner stimmt zu: "Wir befinden uns in einer Hängepartie! Wir sind in den Startlöchern, aber wissen nicht wie und wann. Seit die Aussage mit Pfingsten kam, steht mein Telefon nicht mehr still. Alle wollen wissen, wann es losgeht. Und ich selbst habe keine Informationen. Wie soll ich da meine Kunden informieren?"
Auch sie bietet online Videos für ihre Kunden an. So bleibt Kirchner mit ihnen in Kontakt. "Ich muss aber wirklich sagen: Ich bin meinen Kunden – gerade den Stammkunden – unglaublich dankbar. Bisher hat noch niemand gekündigt und sie haben so viel Verständnis." Trotz bestehender Kundenverhältnisse ist sich Kirchner der Existenz ihrer Tanzschule nicht gewiss: "Erst Ende des Jahres wird klar, ob wir es schaffen oder nicht."
"Ich finde es unmöglich, wie wenig Informationen von der Regierung kommen. Alles nur ›Wischi-Waschi‹ und keine konkreten Angaben. Wenn wir nicht genau wissen wie, wird es auch nicht funktionieren", meint Kirchner. "Das ist wie bei jedem Rezept: Ohne klare Angaben und Anleitungen, wird das Ergebnis nichts."
Was auf jeden Fall mit der Öffnung der Tanzschulen passieren wird: "Die Flexibilität wird verloren gehen." Das Angebot zwischen Kursen zu wechseln oder auch eine Stufe in mehreren Kursen zu besuchen, wird so nicht mehr möglich sein. "Wir werden striktere Anmeldungen fordern müssen, auch um die möglichen Infektionsketten nachvollziehen zu können. Das wird eine Umstellung werden.
Zudem besitzen beide Tanzschulen auch eine Gaststättenkonzession – somit beinhalten die Tanzschulen auch einen Gastronomiebereich. Normalerweise gibt es auch Speisen und Getränke. Auch darüber muss informiert werden. Kirchner hat erst in den letzten Tagen eine Information der Stadt Rottenburg erhalten. Nun heißt es dranbleiben und eine Lösung zu finden. "Ich kann ja nicht als Tanzlehrerin unterrichten, dann schnell hinter die Theke und dann zurück auf die Tanzfläche."
Was sich Kirchner jedoch in ihrem Umkreis gewünscht hätte: "Wir als Tanzschulen hätten uns zusammentun können. Wir hätten Gesicht zeigen können, dass wir auch jemand sind! Das ist leider nicht passiert, sondern jeder ist vor seiner eigenen Türe verblieben."
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