Der städtische Ruhewald ist ein Streitfaktor – im Rathaus zeigt man sich zunehmend ungehalten. Foto: Ganswind

Peter Rosenberger wird emotional, aber bietet Betroffenen dennoch an, ihn zu kontaktieren.

Horb - Die Debatte um den Ruhewald geht der Rathausspitze sichtlich auf die Nerven. In der Gemeinderatsitzung reagierten OB Peter Rosenberger (CDU) und Bürgermeister Ralph Zimmermann emotional. Dennoch bot der OB an, für Gespräche mit Angehörigen offen zu sein.

Der Ruhewald. Seit Jahren gibt es Streit über die Frage: "Was ist an Grabschmuck erlaubt und was nicht?" Nachdem die Stadtverwaltung zunächst in einer Broschüre sogar Deko-Vorschläge machte, die dann an mancher Stelle für die Stadt "ausuferten", beruft sich die Verwaltung mittlerweile ausschließlich auf die Friedhofssatzung, die Grabschmuck komplett ausschließt. Pünktlich zur Gemeinderatsitzung am Dienstag hatte der Schwarzwälder Bote über den aktuellen Stand berichtet. Denn BiM-Stadträtin Christina Nuss hatte angekündigt, das Thema anzusprechen, nachdem sie mit den Betroffenen Dagmar Dürr und Sven von Hacht ins Gespräch gekommen war.

Nuss fragte in der Gemeinderatsitzung, warum man nicht mit allen Beteiligten und dem Gremium einen gemeinsamen Vor-Ort-Termin macht, um mit Betroffenen zu einer friedlichen Lösungen zu kommen. Denn ihr sei berichtet worden, dass doch einige Angehörige unglücklich mit der Vorgehensweise der Stadt seien, die in "Abräumaktionen" Dekorationen entfernt. Auch sprach Nuss an, dass manche Spaziergänger durch den Wald spazieren würden und dabei Trampelfade über Gräber hinweg entstehen. Weiteres Ärgernis: die Anordnung von Gräbern nebeneinander mit angeblich zu geringem Abstand.

Rosenberger reagierte: "Ich finde es bemerkenswert, dass eine Gemeinderätin zu so etwas eingeladen wird. Die Leute beschweren sich nicht bei uns. Wir haben ja damals, als es komplizierter wurde, alle angeschrieben und allen noch einmal die Satzung – also die Spielregeln, die der Gemeinderat beschlossen hat – gegeben und erläutert. Dazu haben wir jeden Monat eine öffentliche Begehung mit der Produktverantwortlichen Anja Schneider angeboten, um ehrlich zu informieren."

Fraktionschefin Nuss hakte nach: "Es hieß auch, dass ein gemeinsam schon anberaumter Termin mit der Stadt und 17 Teilnehmern vom Rathaus abgesagt wurde."

Bürgermeister Zimmermann antwortete : "Das ist so nicht richtig. Es ging um solch eine ganz normale Informationsführung mit 17 Personen. Wir hatten vorab die Informationen, dass eine Person bei dieser Veranstaltung die Presse mitbringen wollte und diverse Aktionen geplant hatte. Deshalb wurde diese Führung abgesagt." Tatsächlich hatte nach Informationen unserer Zeitung Sven Markus von Hacht damals andere Betroffene aufgerufen, zu diesem Termin zu kommen. Das taten tatsächlich auch einige, die unserer Zeitung schließlich ihr Leid klagten.

OB Rosenberger räumt mit einer – aus seiner Sicht weiteren Legende – auf: "Es wird behauptet, wir hätten einer Familie 5000 Euro Bußgeld angedroht, weil sie einen Grabschmuck nicht abgeräumt haben. Nein. Es ging um eine Bußgeldandrohung mit dem Höchstbetrag von bis zu 5000 Euro. Es ging auch nicht um den Grabschmuck, sondern um Materialien, die geeignet sind, Wildschweine anzulocken. Deshalb sind wir eingeschritten!"

Bürgermeister Ralph Zimmermann berichtete: "Ich habe weinende Menschen in meinem Büro gehabt. Sie sind völlig verzweifelt, wie sie im Ruhewald von einer einzelnen Person gestört werden. Das ist eine Riesen-Sauerei, was da läuft."

Rosenberger: "Man versucht uns, mit krimineller Energie im Ruhewald zu diskreditieren. Zum Schluss hatten wir die Situation, dass es wohl ein paar Unzufriedene gab. Das ging soweit, dass sogar ein gefakter E-Mail Account eingerichtet wurde, um mit anderen zu kommunizieren und Leserbriefe zu schreiben. Wir haben das nachvollzogen: Der Name im Mail-Account passt nicht zum Ruhewald! Wir haben auch denen angeboten, die mit den Regeln dort nicht einverstanden sind, eine andere Bestattungsform zu wählen!"

Rosenberger bot schließlich doch noch allen Menschen, die mit der Situation vor Ort nicht einverstanden sind, ein Gespräch an. "Wer ein Problem vor Ort hat, soll mir das bitte persönlich sagen."

Stadträtin Nuss erklärte einen Tag nach der Sitzung im Gespräch mit unserer Zeitung: "Ich wünsche mir, dass sich die Menschen tatsächlich melden, die mit der Situation im Ruhewald nicht einverstanden sind und die sich belastet fühlen. Wenn es tatsächlich mehr Menschen als die bisher schon bekannten gibt, dann haben sie jetzt noch einmal die Chance, sich an die Stadtspitze zu wenden. Ich bin mir sicher, dass Herr Rosenberger ein offenes Ohr hat. Und dann hoffe ich, dass man sich gemeinsam im Ruhewald treffen und eine friedliche Lösung finden kann." Und noch ein Anliegen hat die Stadträtin: "Die Menschen sollen bitte mit ihrem Namen für die Sache stehen. Ich erlebe so oft, dass mir Menschen ihre Anliegen mitteilen und nach einer halben Stunde heißt es dann: ›Aber bitte nur anonym‹."

Unterdessen meldeten sich Betroffene zumindest auf Facebook zu Wort, die zumindest zum Teil die Frustration über das Verhalten der Stadtverwaltung äußern.

So schreibt Facebook-Nutzerin K. auf der privaten Betreiber-Seite "Horb live", die unsere Berichterstattung vom Dienstag teilte: "Es wurde anfangs gesagt, Dinge aus dem Wald, Schneckenhäuser. Zapfen oder Steine, seien gestattet. Seit dieser Debatte: Nicht mal mehr das! Die Angehörigen der Verstorbenen bekommen nun öfters einmal Briefe von der Verwaltung, die wie ich finde etwas daneben sind! So hatte man sich die letzte Ruhestätte nicht vorgestellt! Die Idee war gut, das Konzept, Umsetzung mangelhaft! Hätte man einen Friedwald statt Ruhewald – mit einem Revierförster, der auch die Beisetzung, Loch ausgraben, Pflege usw. macht – gemacht, wäre es um ein Vielfaches ruhiger und angenehmer (man braucht dort auch keinen Bestatter)! Im Friedwald gab es von Anfang an klare Regeln!, man darf nicht mal einen Stein ablegen... hätte man eben im Ruhewald genau so machen müssen!"

Im Dialog mit Sven Markus von Hacht, der als Kommentar um Unterstützung bittet, äußert K. dann weiter: "Was soll man dort seine ganze Energie vergeuden, es gibt Wichtigeres. Der Wald sieht wie ein trostloser Acker aus. Hinten im Wald wächst Immergrün, wieso darf nicht jeder so eines pflanzen, dann wird der Acker schön grün und im Frühling blüht es wunderbar!"

Helga S. schreibt ebenfalls auf dieser Seite: "Bei dem Gespräch mit dem Bestattungsunternehmen wurde uns gesagt, dass Tannenzapfen, Moos, einfach Naturdinge aus dem Wald verwendet werden dürfen. Was jetzt nicht den Tatsachen entspricht. Wir hatten erst vor, auf der Wiese die Bestattung vorzunehmen, da aber der Beisetzungsplatz nicht der gleiche wie das Namensschild ist, haben wir uns für den Wald entschieden. Wir sind enttäuscht über die Art und Weise, wie hier alles gehandhabt wird."