Um die Faszination der mittelalterlichen Kleidung ging es beim "Mittelalterforum der Gewandeten" im Haus von Michael Widmann in Horb. Foto: Morlok Foto: Schwarzwälder-Bote

"Mittelalterforum der Gewandeten" trifft sich bei Michael Widmann / Fachsimpeln über Stoffe, Nähte und Schnitte

Von Peter Morlok

Horb. Michael Widmann, Chef der Horber Tuchweberey, ist nicht nur in seinem Hauptberuf aktiv-kreativ, sondern ebenso bei seiner Leidenschaft, dem mittelalterlichen Leben. Das zeigte sich beim "Mittelalterforum der Gewandeten".

Als "Ritter Zoppo, der Beflügelte" sammelt Widmann die Mitglieder des Schlaraffia-Clubs der näheren Umgebung um sich, und er lässt auch jeden Uhu (Schlaraffia-Symboltier) in seine Wohnung. Etliche Exemplare empfangen den Gast bereits am Treppenaufgang, und in der Wohnung selbst ist der schlaue Vogel allgegenwärtig. "Wo ist bitte der Zucker?", fragt am Sonntagvormittag beim "Mittelalterforum der Gewandeten" ein Gast. "Einfach den Uhu-Deckel anheben", so die naheliegende Antwort. Michael Widmann und Partnerin Sylvia Lippmann, die beide ein Faible für das Mittelalter haben und auch auf Mittelalter-Märkten im Süden von Baden-Württemberg die Produkte der Tuchweberey feilbieten, haben zu einem Erfahrungsaustausch Gleichgesinnter in ihre "Burg" in der Horber Schillerstraße eingeladen.

Von überall her, nur nicht aus der Ritterspiel- und Tuchmacherstadt Horb, kamen Gewandete, die sich in der Aufmachungen der unterschiedlichsten mittelalterlichen Stilepochen präsentierten. Da war die spätmittelalterlich gekleidete Marktfrau aus Göppingen, das Handwerkerehepaar aus Villingen-Schwenningen, zwei Knaben aus Waldachtal oder die Herrschaften aus Mannheim.

Bei den Ritterspielen haben sie noch über das Lagerleben gestaunt

Selbst aus der Schweiz kamen die Freunde und Kunden der Horber Tuchweberey angereist, um sich im lockeren Gespräch über überlieferte Strick- und Wickeltechniken auszutauschen. Man diskutierte, wie viel Authentizität, sprich reine Handarbeit, im Gewand sein muss, oder was man auch mal mit der "schnellen Magd", der Nähmaschine, erledigen kann. Einig war man sich, dass grundsätzlich alle sichtbaren Nähte von Hand gemacht werden und kein Stoff vom Polyester-Schaf stammt. Für ihre Kleider nehmen die Freunde des Mittelalters Naturstoffe, Baumwolle, Wolle, Leinen und vieles mehr.

Man legt auch Wert darauf, die alten Regeln beim Anziehen zu beachten. So ging im Mittelalter keine Frau ohne Kopfbedeckung aus dem Haus, und unter jedes Kleid gehört immer ein Unterkleid. Für die beiden 15-jährigen Tumlinger Buben Maximilian Lämmle und Peter Strauß ist es ebenfalls eine spannende Sache, in das mittelalterliche Leben einzutauchen. Bei den Ritterspielen haben sie noch über das Lagerleben gestaunt, bei einem Mittelaltermarkt vor zwei Jahren hat’s zumindest bei Maximilian "klick" gemacht. In seinem Kumpel Peter schlummert der Mittelalter-Virus schon länger, und zusammen wagten sie sich an das Abenteuer, in ihrer Freizeit einen Zeitsprung von rund 500 Jahre zurück zu machen. Maxi hatte sich selbst eine "Cotte", ein Übergewand geschneidert, und dazu trug er eine "Bruche", die er als eine Art übergroße Boxer-Short beschrieb, die noch mit zwei separaten Beinlingen vervollständigt wurde. Peter hatte sich einen "Gugel" – eine Art Wetterschutz – übergeworfen. Mittelaltermode, die ihren Ursprung in den Klöstern fand und beim "Mittelalterforum der Gewandeten" in der Widmannschen Burg in lebhaften Gesprächen ins Hier und Heute transportiert wurde, um von vielen Freunden dieser Zeit so exakt wie möglich rekonstruiert und getragen zu werden.